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SPD-Parteitag: Wo, bitte, geht's zur Groko?


SPD-Parteitag
Wo, bitte, geht's zur Groko?

Von Jonas Schaible, Bonn

Aktualisiert am 21.01.2018Lesedauer: 4 Min.
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Demonstrant vor dem Parteitag: Einige sind verkleidet, viele tragen Zwergenmützen.Vergrößern des Bildes
Demonstrant vor dem Parteitag: Einige sind verkleidet, viele tragen Zwergenmützen. (Quelle: Oliver Berg/dpa)

Auf dem SPD-Parteitag geht es um sehr viel. Unter anderem für Martin Schulz. Er erhält gleich zweimal das Wort.

Der Widerstand hat gute Laune. Und er trägt rotze Mützen. Zwergenaufstand, selbst erklärt. Vor dem Messegelände in Bonn, wo die SPD heute zum Sonderparteitag zusammenkommt, ist die Stimmung erstaunlich ausgelassen. Klimaschützer und Drohnenschlaggegner und Atomwaffengegner und Jusos trillern und rufen und lachen. So war es schon in den vergangenen Tagen: Die Groko-Gegner scheinen überzeugter. Aber reicht das für ein Nein?

„Wo bitte geht's zur Grooooooko??“ steht auf dem Schild eines Mannes mit Clownsnase und Alphorn, der lachend durch die Reihen hüpft. Die eigentliche Frage lautet freilich: Geht es überhaupt zur Groko?

Wenn es nach der Mehrheit der Demonstranten vor der Halle geht: nein.

Wenn es nach der Mehrheit der Delegierten geht: unklar. Immer noch unklar.

Für sehr viele geht es heute um sehr viel. Martin Schulz wird sich nur als Parteichef halten können, wenn die Delegierten ihre Zustimmung für Koalitionsverhandlungen geben. Auch praktisch die gesamte andere Führungsriege hat sich für Verhandlungen ausgesprochen und damit angreifbar gemacht, falls sich die mehr als 600 Delegierten anders entscheiden. Und wenn nicht zumindest ein relevanter Teil gegen Verhandlungen stimmen sollte, wären auch die Koalitionsgegner um Kevin Kühnert etwas ausgebremst.

Aufstand Ost

Auch unter den Genossen will sich kaum jemand auf eine Aussage festlegen, wie es wohl ausgehen wird, oder wenn doch, dann mit der Überzeugung des Wunsches, nicht der Analyse.

Die Gegner einer rot-schwarzen Koalition werden von den Jusos um Kühnert angeführt – auffällig war aber in den vergangenen Tagen, dass es zu einem Aufstand Ost kam: Brandenburg stimmte zwar für die große Koalition, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin dagegen. Und aus Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern kamen ebenfalls Misstöne.

Andererseits: diese Landesverbände sind allesamt klein, im Osten hat die SPD nie Fuß gefasst. Weil aus dem Westen keine Nein-Voten kamen, sieht es so aus, als werde der Parteitag wohl der Empfehlung des Vorstands folgen, und für Koalitionsverhandlungen stimmen. Die wichtigen, mitgliederstarken Landeserverbände Niedersachsen, Bayern und Hessen wollen dem Vorstand folgen.

Nichts ist sicher

Aber: Sicher ist das nicht. Beruhigend für den Vorstand auch nicht. Der größte Verband, Nordrhein-Westfalen, hat sich nicht festgelegt, so wie einige andere Verbände. NRW und Hessen haben der Parteispitze warnend auf den Weg gegeben, das Sondierungspapier reiche als Kern einer neuen Koalition nicht aus. Die Delegierten sind ohnehin frei in ihrer Entscheidung. Und vor der Abstimmung, die aktuell gegen 16.30 erwartet wird, werden noch viele Reden gehalten.

Zeit genug, um die Stimmung zu drehen, um alles zu drehen, um die Partei auf den Kopf zu stellen. Gut möglich auch, dass das alles länger dauert.

Schulz bekommt zweimal das Wort

Das Eröffnungswort darf Malu Dreyer sprechen. Sie, die auf dem Parteitag im Dezember das beste Ergebnis aller stellvertretenden Vorsitzenden bekam, die als Skeptikerin galt und sich doch klar für Verhandlungen ausgesprochen hat, sie, die als mögliche Nachfolgerin gilt, sollte Schulz bald gehen müssen, sie soll den Weg bereiten, dass es dazu gar nicht erst kommt.

Im Mittelpunkt steht aber Martin Schulz. Er bekommt mindestens zweimal das Wort. Vor der Aussprache und nach der Abstimmung. Auf dem vergangenen Parteitag schaffte er es nicht, die Delegierten zu fesseln, zu begeistern, mitzureißen. Obwohl er viele Inhalte ansprach, die ihnen wichtig sind.

Diesmal wird er mutiger sein müssen, leidenschaftlicher, ehrlicher.

Erst danach öffnet sich das Plenum zur großen Aussprache. Kevin Kühnert wird auf jeden Fall die Gelegenheit nutzen, um zum Widerstand gegen die Groko aufzurufen. Wer sonst noch für eine der beiden Seiten auftritt, wird aufschlussreich.

Offene Abstimmung

Wichtig für diejenigen, die eine Koalition anstreben: Matthias Miersch, der Sprecher der Parteilinken im Bundestag, wirbt für Verhandlungen, um danach die Mitglieder über einen Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen. Wie aus der Partei zu hören ist, hat er damit viele Parteilinke hinter sich. So dürften diejenigen, die inhaltlich den Jusos am nächsten stehen, in großer Zahl für Verhandlungen stimmen.

Die Abstimmung selbst wird, so ist es geplant, durch das Heben von Karten entschieden. Nur wenn es knapp würde, könnte ausgezählt oder schriftlich abgestimmt werden – oder, wenn noch jemand eine Verfahrensänderung beantragt und durchbekommt. Die GroKo-Gegner könnten daran ein Interesse haben – eine anonyme Abstimmung könnte einige dazu bringen, gegen die Empfehlung ihres Verbands oder der Parteispitze zu votieren.

Bei "Nein" Abschied?

Sollte es dann zu einem „Ja“ kommen, ist der weitere Verlauf klar. Bald würden Koalitionsverhandlungen beginnen. Danach wird wohl ein Mitgliederentscheid abgehalten.

Sollte heute Abend aber ein „Nein“ stehen, bricht eine neue Zeit an. Für die SPD – und für das Land. Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte wäre dann eine Regierungsbildung gescheitert.

Schulz wird in jedem Fall das Schlusswort haben. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse. Sollte es ein „Nein“ geben, darf man eine Abschiedsrede erwarten.

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