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SPD wählt Andrea Nahles mit nur 66 Prozent zur Parteichefin


Parteitag in Wiesbaden
Andrea Nahles ist neue SPD-Chefin

Von dpa, reuters, js, dru

Aktualisiert am 22.04.2018Lesedauer: 4 Min.
Geschafft: Andrea Nahles ist neue Vorsitzende der SPD.Vergrößern des BildesGeschafft: Andrea Nahles ist neue Vorsitzende der SPD. (Quelle: Ralph Orlowski/reuters)
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Historischer Moment in der Geschichte der SPD: Die Partei hat mit Andrea Nahles erstmals eine Frau an ihre Spitze gewählt. Ihre Gegenkandidatin Simone Lange bewarb sich vergeblich als "Alternative".

Die SPD hat erstmals in ihrer 155-jährigen Parteigeschichte eine Frau zur Vorsitzenden gewählt. Die Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles (47) setzte sich bei einem Sonderparteitag in Wiesbaden klar gegen die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (41) durch. t-online.de ist in Wiesbaden vor Ort.

Nahles erhielt rund zwei Drittel der Stimmen – etwas weniger als im Vorfeld erwartet. Auf die 47-Jährige entfielen 414 von 624 gültigen Stimmen. Das entspricht einem Anteil von 66,35 Prozent.

Nahles: SPD durchbricht ihre gläserne Decke

Der Parteitag begann am Vormittag kurz nach 11 Uhr. Gegen Mittag traten die Kandidatinnen vor die Delegierten. Nahles stellte sich mit sehr persönlichen Worten vor. "Vor 30 Jahren bin ich in die SPD eingetreten. Die erste in unserer Familie. Katholisch. Arbeiterkind. Mädchen. Land. Muss ich noch mehr sagen. (.) Meine Mutter ist heute hier. Hallo Mama. Auch Du hast damals sicher nicht gedacht, dass ich hier heute stehen würde. Dass ich das heute tun darf, verdanke ich meinen Eltern."

Die Fraktionsvorsitzende im Bundestag hob auf die historische Dimension des Parteitages ab. "Wir wählen zum ersten Mal in unserer Geschichte eine neue Vorsitzende." Nahles sprach von einer gläsernen Decke, an die viele Frauen immer wieder stößen. Diese gläserne Decke in der SPD werde nun durchbrochen.

Nahles zeigte sich überzeugt, dass die Erneuerung der Partei auch in der großen Koalition gelingen kann. "Den Beweis dafür will ich ab morgen antreten", sagte sie. Die SPD-Politikerin warnte zugleich davor, die Partei auseinanderzudividieren. "Wir sind nicht zwei Parteien." Die SPD müsse auch hinter ihren Ministern im Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stehen.

Mit Blick auf den Aufstieg des Rechtspopulismus in Europa sprach Nahles von einer Gefahr für die demokratische Grundordnung. "Es geht um nichts weniger als um den Erhalt unserer eigenen Demokratie", mahnte sie. Die Rechten suchten nicht die Auseinandersetzung mit den Starken. Sie kämpften gegen die Schwächsten. Es sei hochgefährlich, ihre Argumente nachzuplappern. "Diese Kräfte sind nicht das Volk, sie sind ein Angriff auf das Volk", so Nahles.

Lange entschuldigt sich für Hartz-Reformen

Die Flensburgerin Susanne Lange hatte ihrer Partei zuvor eine verfehlte Sozialpolitik attestiert und sich als echte "Alternative" beworben. Die SPD habe in Kauf genommen, dass heute Menschen arm seien, obwohl sie Arbeit hätten. "Und dafür möchte ich mich bei den Menschen, die es betrifft, entschuldigen", sagte Lange. Ihrer Partei fehle es an Teamspiel, Glaubwürdigkeit und echter Erneuerung. Die 41-Jährige bot sich den Delegierten als "Alternative für eine echte Erneuerung" an.

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"Wir müssen wieder die Herzen der Menschen erreichen", forderte die SPD-Politikerin. Die SPD müsse die Ideologie des Marktradikalismus durchbrechen. "Schluss mit Warteschlangen vor Sozialämtern. Schluss damit, dass wir unsere Schulen so aussehen lassen, wie sie aussehen, Schluss damit, dass wir den eigenen Staat schwächen", sagte Lange. Die schwarze Null dürfe niemals Kern sozialdemokratischer Politik sein.

Kandidatinnen machen sich gegenseitig Vorwürfe

Am Rande der Vorstellung von Nahles und Lange im Vorstand vor dem Sonderparteitag wurden von beiden Seiten Vorwürfe erhoben. Aus der SPD-Spitze hieß es, Lange habe wiederholt gelogen, etwa bei Vorwürfen, sie werde bewusst benachteiligt bei der Vorstellung ihrer Kandidatur.

Die Flensburgerin versuche einen Konflikt, "die da oben, wir da unten" zu inszenieren und neue Unruhe zu schaffen, hieß es aus Parteikreisen. Mit Spannung wurde das Wahlergebnis erwartet – Nahles ist bisher durch ihre mitunter polarisierende, den Konflikt nicht scheuende Art ohnehin kein Parteiliebling – auch bei den Bürgern. 2007 erzielte sie mit 74,8 Prozent bei der Wahl zur Vizevorsitzenden ihr bislang bestes Ergebnis.

Auch Ex-Parteichef Schulz spricht

Es ist in der Geschichte der Bundesrepublik erst die zweite Kampfkandidatur bei einem SPD-Bundesparteitag: Oskar Lafontaine hatte 1995 – unterstützt von der damaligen Jusos-Chefin Nahles – den Vorsitzenden Rudolf Scharping gestürzt.

An der Tagung in Wiesbaden nahmen auch die Ex-Parteichefs Martin Schulz und Sigmar Gabriel teil. Schulz hatte sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, seit er sowohl auf den SPD-Vorsitz als auch auf das angestrebte Amt des Außenministers hatte verzichten müssen. Gabriel hatte der SPD übelgenommen, dass er in der neuen großen Koalition keinen Ministerposten mehr hat, und das auch sehr deutlich gemacht.

Nahles verspricht Erneuerungsprozess

Bei der Bundestagswahl waren die Sozialdemokraten auf 20,5 Prozent abgestürzt, gerade in Ostdeutschland ist die einstige linke Volkspartei von der rechtspopulistischen AfD überrundet worden. Nahles hat einen umfassenden Erneuerungsprozess versprochen, parallel zur Regierungsarbeit in der großen Koalition. Die Parteispitze erhofft sich ein Aufbruchsignal. Von dem Delegiertentreffen müsse ein Startsignal ausgehen, "dass wir mit Volldampf in die Erneuerung gehen", hatte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Vize-Vorsitzende, Malu Dreyer, am Samstag gesagt. SPD-Vize Manuela Schwesig sagte: "Die SPD muss wieder stärker werden auf Bundesebene. Wir können uns mit den derzeitigen Umfragen nicht zufriedengeben."

Es ist nach einem turbulenten Jahr der fünfte SPD-Parteitag in 13 Monaten. Nach dem unter großen Bauchschmerzen erfolgten Eintritt in die große Koalition war der umstrittene Vorsitzende Schulz zurückgetreten, kommissarisch übernahm SPD-Vize Olaf Scholz das Amt.

Verwendete Quellen
  • dpa, Reuters
  • Eigene Recherchen
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