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Belgien stellt Illumination von Straßen auf den Prüfstand


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Belgien stellt Illumination von Straßen auf den Prüfstand

afp, Von Phillipp Saure, AFP

Aktualisiert am 16.06.2011Lesedauer: 3 Min.
Nachts ist Belgien durch seine hell erleuchteten Straßen aus dem All gut zu erkennenVergrößern des BildesNachts ist Belgien durch seine hell erleuchteten Straßen aus dem All gut zu erkennen (Quelle: NASA)
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Wenn der belgische Astronaut Frank De Winne bei einem Weltraumaufenthalt einen Blick auf die Heimat werfen will, könnte er sich einfach an den Autobahnen orientieren - vorausgesetzt dort unten herrscht Nacht. Denn die fast lückenlose Beleuchtung hunderter Straßenkilometer in Belgien ist mit einem Teleobjektiv auch vom All aus zu sehen, bestätigt Jules Grandsire, Sprecher der Europäischen Weltraumagentur ESA. Am Boden wird derweil über ein Abschalten nachgedacht. Denn den Luxus der Illumination leistet sich außer Belgien kaum ein Land der Welt - erst recht nicht in Zeiten neuer Energiesparregeln und knapper Kassen.

Mindestens 335.000 Lampen auf 150.000 Masten sind es, die die Autobahnen und andere Schnellstraßen des Königreiches erhellen. In der Wallonie stehen von 860 Autobahn-Kilometern 750 unter Strom, in Flandern ist das Netz laut Verkehrsministerium gar zu 100 Prozent erleuchtet. Das kostet. So musste allein die finanziell besonders klamme Wallonie vergangenes Jahr 9,5 Millionen Euro für 105 Gigawatt-Stunden Strom für Straßenlicht ausgeben - für diese Menge müsste ein durchschnittlicher Atomreaktor etwa vier Tage laufen.

Begonnen hatte alles vor rund 60 Jahren. Die Belgier waren aufgeschreckt durch die vielen Verkehrstoten in der Nacht, rekapituliert das wallonische Verkehrsministerium heute. Während 1950 nur ein Viertel des Verkehrs auf die dunklen Stunden entfiel, war dieses Viertel für mehr als die Hälfte der Verkehrstoten verantwortlich. Die Lampen wurden also "vor allem aus Sicherheitsgründen eingeführt, umso leichter, als damals die Energiekosten vernünftig erschienen", heißt es in einem Positionspapier des Ministeriums.

20 Jahre später waren alle Auf- und Ausfahrten beleuchtet. Den dauernden Wechsel von Licht und Dunkelheit wollten die Planer den Fahrern aber nicht zumuten, sodass das Netz im Anschluss fast lückenlos ausgeleuchtet wurde.

Beleuchtung sorgt wiederum für Unfälle

Dabei ist der Nutzen umstritten. Das Belgische Institut für Straßen-Sicherheit (IBSR) kommt in einer aktuellen Analyse zu einem gemischten Ergebnis. Obwohl die Lampen "mit den besten Vorsätzen" aufgestellt worden seien, wiesen sie eine "gewisse Anzahl von mehr oder weniger wichtigen Unannehmlichkeiten" auf, heißt es. Zwar erhöhe das Licht zweifellos die Sicht - doch führt gerade das bei manchen Fahrern "zu einem (falschen) Gefühl von Sicherheit", urteilen die Experten. Und die Lampenpfosten stellten "extrem gefährliche Hindernisse" dar, an denen nicht wenige Unfallopfer sterben.

"Ich schätze den Sicherheitsgewinn nicht so hoch ein, dass er sich rechtfertigen lässt", sagt ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Berlitz. Mit dem Geld sollten besser andere Risiko-Faktoren ausgeschlossen werden.

Birnen werden nach und nach ersetzt

Gleichsam von Amts wegen ist der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese skeptisch, der in Brüssel an der Umsetzung der EU-Energiesparziele arbeitet. "Mir erschließt sich der Sinn nicht", sagt Liese über die Beleuchtung. Dass die Belgier abschalten müssen, kann und will die EU zwar nicht vorschreiben. Die Energiesparregeln, die schon das Aus der herkömmlichen Haushalts-Glühbirnen besiegelt haben, gelten aber auch für Straßenleuchten.

Belgiens Autobahnen strahlen ohnehin schon nicht mehr so ausdauernd wie noch vor wenigen Jahren. So fuhr etwa die Wallonie die Brenndauer der Leuchten auf dem Mittelstreifen 2008 auf gut 2350 Stunden herunter; zuvor waren es jährlich etwa 4050 Stunden gewesen. Und die alten Birnen machen den Angaben zufolge nach und nach energiesparsameren Typen Platz. In Flandern soll in Kürze gar ein Bericht fertig werden, der das ganze Modell auf den Prüfstand stellt. Dann könnte ein wichtiger Orientierungspunkt für die belgischen Astronauten im All wegfallen.

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