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Kanzlerin Merkel zu Aleppo: "zum schämen, was das Herz bricht"


Schwere Vorwürfe gegen Russland und Iran
Merkel zu Aleppo: "zum schämen, was das Herz bricht"

dpa, dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Aktualisiert am 16.12.2016Lesedauer: 3 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Gipfel zu Aleppo.Vergrößern des BildesBundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Gipfel zu Aleppo. (Quelle: Reuters-bilder)
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Zur humanitären Katastrophe von Aleppo und zum Versagen der internationalen Gemeinschaft hat Angela Merkel auf dem EU-Gipfel in Brüssel immerhin deutliche Worte gefunden. Das war wohl auch dem Besuch des Bürgermeisters von Ost-Aleppo zu verdanken.

Als die Bundeskanzlerin am Donnerstag in Brüssel eintraf, war ihr wohl noch nicht ganz klar, was auf sie zukommen würde. Die Tragödie von Aleppo erwähnte sie da noch mit keinem Wort, als sie die wichtigen Themen des Gipfels aufsagte: Migration, Verteidigung, Brexit.

Doch dann kam - unerwartet - der Bürgermeister von Ost-Aleppo. Am Ende des Tages, knappe zwölf Stunden später, sagt Merkel zur Lage in Syrien: "Dieser Teil der Diskussion ... war sehr deprimierend, weil wir alle etwas sehen im 21. Jahrhundert, was zum Schämen ist, was das Herz bricht, was zeigt, dass wir politisch nicht so handeln konnten wie wir gerne handeln würden."

"Kurz davor, massakriert zu werden"

Brita Hagi Hasan, so heißt der Mann aus dem zerstörten Osten der Stadt, hatte die 28 Staats- und Regierungschefs mit seinem Bericht erschüttert. Viele tausend Zivilisten seien "kurz davor, massakriert zu werden", mahnte der Bürgermeister und flehte um Hilfe und die Einrichtung von Versorgungskorridoren. Als Antwort bekam er aber nur zugegebene Hilflosigkeit.

Bürgermeister Hasan ist es zu verdanken, dass Aleppo doch zum großen Thema des Gipfels wurde und nicht nur Merkel deutliche Worte fand. Sie warf Russland und dem Iran vor, für Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung in der syrischen Stadt Aleppo verantwortlich zu sein. Diese Verbrechen müssten geahndet werden.

"Es mangelt nicht am Willen und nicht am Geld", sagte Merkel zu den Bemühungen, die Zivilbevölkerung in Syrien zu schützen. "Wir haben es mit einem Versagen des UN-Sicherheitsrats zu tun", betonte sie. Die Vereinten Nationen müssten wieder handlungsfähig werden. Ausdrücklich dankte Merkel aber dem UN-Vermittler Staffan de Mistura.

"Wozu sollte Europa noch gut sein?"

Auch die anderen Staats- und Regierungschefs mussten ihre Handlungsunfähigkeit einräumen: "Angesichts der Brutalität des syrischen Regimes und dessen Unterstützern, vor allem Russland und dem Iran, sind wir nicht so effektiv wie wir das gerne wären", erklärte Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstagabend zum Abschluss des Brüsseler EU-Gipfels vor Reportern. "Leider weiß ich, wer effektiv genug ist, nicht bei humanitärer Hilfe, sondern beim Bomben."

Frankreichs Präsident Francois Hollande formulierte das politische Drama so: "Wenn sich die 28 noch nicht einmal auf etwas so Grundlegendes einigen könnten, nämlich die Zivilbevölkerung zu retten, (...) wozu sollte dann ein Europa der 28 noch gut sein?" Auch eine Antwort auf diese Frage gab es nicht.

Lang erwarteter Abzug

Aus Aleppo, dem aktuellen Brennpunkt im Syrien-Konflikt, rollten am Donnerstag erste Konvois mit Zivilisten und Rebellenkämpfern. Damit hat der lang erwartete Abzug aus der letzten Rebellengegend in der umkämpften Stadt begonnen.

Das Staatsfernsehen zeigte einen langen Konvoi von Rettungswagen und grünen Bussen, der aus dem Ostteil herausfuhr und sich in Richtung eines ländlichen und von Rebellen gehaltenen Gebiets der Provinz Aleppo bewegte. Das russische Verteidigungsministerium meldete später einen zweiten Konvoi.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz rechnet mit langwierigen Evakuierungen. Sie dürften mehrere Tage dauern, sagte Sprecherin Ingy Sedky. Am Abend hätten 13 Rettungswagen mit verletzten Personen die winzige Rebellengegend in Aleppo verlassen. Ein früherer Konvoi aus Bussen und Rettungswagen hatte rund 1000 Menschen transportiert, darunter 300 Kinder und 28 verletzte Menschen.

Zehntausende vertrieben

Die Evakuierungen sind Teil eines Waffenruheabkommens, das nach russischen Angaben Sicherheitsgarantien für alle abreisewilligen Aufständischen vorsieht. Zuvor hatte eine massive Regierungsoffensive die Oppositionskämpfer aus fast dem gesamten Ostteil Aleppos vertrieben, den sie seit 2012 kontrolliert hatten. Hunderte Zivilisten sind bei der Regierungskampagne zur Rückeroberung der Stadt getötet und Zehntausende vertrieben worden.

Russland ist ein wichtiger Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und unterstützt dessen Truppen seit über einem Jahr mit Luftangriffen.

Vier syrische Hilfsorganisationen machten Moskau erneut für Kriegsverbrechen in Aleppo verantwortlich. In einem Brief an eine UN-Ermittlungskommission listeten die Gruppen allein 304 Attacken in Aleppo auf, bei denen Russland "mit hoher Wahrscheinlichkeit" gegen internationales humanitäres Recht verstoßen habe. Die Angriffe hätten 1207 Zivilisten das Leben gekostet, darunter 380 Kindern.

Assad: "Geschichte geschrieben"

Die Übergabe der letzten von der Opposition regierten Viertel Aleppos an die Regierung wäre ein Wendepunkt im Syrischen Bürgerkrieg. Präsident Baschar al-Assad hätte damit die Kontrolle über die meisten der städtischen Zentren des Landes. Assad sagte, mit dem Sieg über die Aufständischen in Aleppo werde "Geschichte geschrieben". Was geschehe, sei "größer als Beglückwünschungen", erklärte Assad am Donnerstag in einer Videobotschaft auf dem Kanal der syrischen Präsidentschaft.

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