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Ramadan im hohen Norden: Wann essen, wenn die Sonne nie untergeht?


Ramadan im hohen Norden
Wann essen, wenn die Sonne nie untergeht?

dpa, Von Julia Wäschenbach

28.06.2014Lesedauer: 3 Min.
Moschee im schwedischen MalmöVergrößern des BildesMoschee im schwedischen Malmö: je weiter nördlich, desto kürzer werden die Nächte in Skandinavien. Natürlich auch für Muslime (Quelle: Reuters-bilder)
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Im Ramadan fasten Muslime, bis die Sonne untergeht. Aber was, wenn sie das nicht tut? Hoch oben im Norden Europas ist es im Sommer fast immer hell - mancherorts sogar immer. Und genau in diese Zeit fällt der Fastenmonat in diesem Jahr.

In Troms¢, ganz im Norden Norwegens, lässt sich das Tageslicht im Winter nur erahnen. Im Sommer dagegen wird es in der nördlichsten Großstadt Skandinaviens, 350 Kilometer Luftlinie vom Polarkreis entfernt, so gut wie nie dunkel. Während Urlauber von der Mitternachtssonne schwärmen und viele Norweger sich über mehr Zeit zum Angeln und Kajakfahren freuen, stellt es andere vor ein ziemlich großes Problem: die rund 1000 Muslime in der Umgebung. Während des Ramadan dürfen sie strenggenommen nur dann essen und trinken, wenn die Sonne nicht am Himmel steht.

"Ich habe noch nie von einem Muslim gehört, der versucht hat, 24 Stunden am Tag zu fasten", sagt der Religionsforscher Åke Sander von der schwedischen Uni in Götebörg. "Ohne Nahrung könnte man vielleicht so lange überleben. Ohne Wasser niemals." Um ihren Glauben praktizieren zu können, müssen sich Muslime im Norden Europas also anders behelfen. Aber wie?

Viele richten sich nach Mekka

Eine Regel dafür gibt es noch nicht. Weil sich der Ramadan jedes Jahr wegen des Mondkalenders um etwa elf Tage verschiebt, hatten die Muslime in Skandinavien dieses Problem auch schon lange nicht mehr in dieser Ausprägung. In diesem Jahr beginnt der Ramadan aber am 28. Juni - vier Tage nach dem skandinavischen Mittsommertag. Um eine Lösung für Norwegen zu finden, ist der Generalsekretär des Islamischen Rats, Mehtab Afsar, nach Troms¢ gereist.

"Die Muslime, die dort leben, haben sich darauf geeinigt, sich nach Mekka zu richten", sagt Afsar. Also nach der Zeit des Sonnenunter- und -aufgangs in der wichtigsten muslimischen Pilgerstadt.

Ramadan soll für die Gläubigen eine Herausforderung, aber natürlich keine Gefahr bedeuten, meint der norwegische Religionsgelehrte. Ganz junge Kinder, Schwangere und Kranke sind deshalb vom Ramadan ausgenommen. "Wenn der Arzt Menschen rät, nicht zu fasten, müssen sie das auch nicht."

Auch im Norden Finnlands finden viele Muslime ihren eigenen Weg, mit dem Fasten umzugehen, wenn die Sonne nicht untergeht. Ihnen einen Weg vorzuschreiben, würde nicht funktionieren, meint Religionsforscher Sander: "Die Muslime kommen dafür aus zu unterschiedlichen Ländern und haben zu unterschiedliche Traditionen."

Treffen zum gemeinsamen Fastenbrechen

Gläubige mit über 20 verschiedenen Nationalitäten zählt die Moschee im nordfinnischen Oulu. Hier gibt es aber tatsächlich einige Hartgesottene, die wirklich nur in den ein bis zwei Stunden das Fasten brechen, in denen sich ein etwas dunklerer Schleier über die Stadt legt, erzählt der Vorsitzende der Islamischen Gesellschaft Nordfinnlands, Abdul Mannan. "Die meisten anderen richten sich nach Mekka."

Am Wochenende treffen sich viele der etwa 1500 praktizierenden Muslime in Oulu zum gemeinsamen Fastenbrechen. Dann kommen Speisen aus Afrika, Amerika, Asien und Europa auf den Tisch. "Das ist wirklich sehr aufregend", findet Mannan, der vor vielen Jahren aus Bangladesch nach Finnland kam, um seinen Doktor in Geologie zu machen - und blieb. Heute lehrt der 58-Jährige neben seiner freiwilligen Arbeit für die Islamische Gesellschaft an der Universität. Seine Kinder sind mit dem Fasten im Norden aufgewachsen.

In der norwegischen Hauptstadt Oslo, wo Afsar wohnt, sind die Muslime im Vergleich zu denen in Oulu geradezu verwöhnt: Dort dürfen die Gläubigen immerhin zwischen 23 Uhr und 3 Uhr nachts essen und trinken. "Wir haben etwa vier Stunden Nacht, deshalb haben wir uns darauf geeinigt, uns an die norwegische Zeit zu halten", erklärt Afsar.

Wo es wirklich hart ist

Dass das Fasten im Norden wegen der langen Tage schwieriger ist als im Süden, findet er aber ohnehin nicht. "Hier in Skandinavien ist es im Sommer vielleicht 16 oder 17 Grad warm", sagt der Muslim. In anderen Ländern in der Nähe des Äquators müssten die Menschen bis zu 16 Stunden am Tag bei 35 bis 40 Grad fasten. "Man schwitzt viel und wird sehr durstig", sagt Afsar. "In diesen Ländern ist das hart!"

Und noch einen Vorteil hat es für Sander, dass der Ramadan in den skandinavischen Sommer fällt: Während der Ferien können die Fastenden leichter verreisen - zum Beispiel in muslimische Länder. "Es gibt einige, die das machen - es macht ja auch Spaß, diese Traditionen mit Freunden und Familie dort zu erleben."

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