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Zugunglück Bad Aibling: "Menschliches Versagen" offenbar Ursache


Zehn Tote
Zugunglück bei Bad Aibling angeblich durch menschliches Versagen verursacht

Von afp, dpa, reuters, t-online
Aktualisiert am 10.02.2016Lesedauer: 3 Min.
Rettungskräfte vor den von Flutlicht beleuchteten Wrackteilen der beiden verunglückten Züge bei Bad Aibling.Vergrößern des BildesRettungskräfte vor den von Flutlicht beleuchteten Wrackteilen der beiden verunglückten Züge bei Bad Aibling. (Quelle: dpa-bilder)
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War die Ursache des Zugunglücks bei Bad Aibling menschliches Versagen? Die Nachrichtenagentur dpa will dies aus zuverlässiger Quelle erfahren haben. Wer genau verantwortlich sei, sei aber nicht bekannt.

Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet, ein Fahrdienstleiter habe das automatische Signalsystem ausnahmsweise außer Kraft gesetzt, um einen verspäteten Triebwagen "quasi von Hand durchzuwinken".

Dagegen meldete die Wochenzeitung "Die Zeit" am Abend, die Polizei habe genau dies ihr gegenüber als Spekulation bezeichnet.

Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd sagte, die Ermittlungen würden noch viel Zeit in Anspruch nehmen, die Spezialisten hätten mit ihrer Ermittlungsarbeit "gerade erst begonnen". Am Mittwoch sollten die Ermittlungen "sehr aufwändig fortgesetzt" werden. Dabei würden auch "verschiedene Gutachter" und "Spezialisten von der Kriminalpolizei" zum Einsatz kommen.

Zehnter Toter entdeckt

Die Zahl der Toten war zuvor auf zehn gestiegen. Unter den Toten sind auch die beiden Lokführer. Außerdem wurden 63 Menschen leicht und 18 schwerer verletzt. Eine Person wird noch vermisst. Die Polizei geht davon aus, dass sie "nicht mehr am Leben" ist.

Am Mittwoch sollen die Zugwracks mit schwerem Gerät geborgen und abtransportiert werden. Dann rechnet die Polizei auch damit, die noch vermisste Person zu finden.

Dobrindt: Hohe Geschwindigkeit im Spiel

"Die Züge müssen mit sehr hoher Geschwindigkeit aufeinandergeprallt sein", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt am frühen Nachmittag auf einer Pressekonferenz in Bad Aibling. Vor Ort habe sich ein erschreckendes Bild geboten. Ein Zug habe sich in den anderen hineingebohrt und ihn auseinandergerissen, sagte der Minister. Die Höchstgeschwindigkeit der Strecke liege bei 100 Kilometern in der Stunde. Zwei von insgesamt drei Fahrtenschreibern seien gefunden.

Zugunglück vom 8. Juni 1975: Auf der Strecke München - Lenggries bei Warngau stießen zwei Eilzüge zusammen - 41 Menschen starben, 122 wurden verletzt. Zwischen den Fahrdienstleitern hatte es ein Missverständnis gegeben.

Die Meridian-Züge werden von dem Privatunternehmen Bayerische Oberlandbahn betrieben, das zum französischen Transportriesen Transdev gehört.

Dobrindt: Blackboxen könnten Aufschluss liefern

Laut Dobrindt ist die Strecke mit dem automatischen Zugsicherungssystem PZB 90 ausgestattet, das einen Zusammenstoß von Zügen durch Zwangsbremsung verhindern soll. Warum das System nicht funktionierte, sei bislang unklar.

Die beiden Züge verfügen laut Dobrindt über insgesamt drei Blackboxen, von denen zwei bereits gesichert seien. Die Auswertung der Blackboxen könne näheren Aufschluss über die Unfallursache liefern.

Dem Politiker zufolge seien die Züge mit hoher Geschwindigkeit aufeinander geprallt. Da die Unfallstelle an einer Kurve liegt, hätten die Zugführer keinen Blickkontakt miteinander gehabt.

Keine Schüler unter den Fahrgästen

In den Zügen sitzen um diese Uhrzeit üblicherweise zahlreiche Pendler, von denen viele nach München fahren. Zum Glück seien am Unglückstag keine Schüler in den Zügen gewesen, sagte ein Polizeisprecher. In Bayern sind derzeit Faschingsferien.

Ein Großaufgebot an Rettungskräften mit zahlreichen Hubschraubern und Krankenwagen kümmerte sich um die Verletzten. Hubschrauber brachten die Schwerverletzten in Krankenhäuser, während die zahlreichen Leichtverletzten zunächst in einer Sammelstelle versorgt wurden. Dabei half auch die Wasserwacht, die die Verletzten von der direkt an dem Flüsschen Mangfall gelegenen Unfallstelle an das gegenüberliegende Ufer brachte.

Zum Teil wurden die Opfer auch in Bergungssäcken von den Hubschraubern hochgezogen und an das andere Ufer geflogen. Die Unfallstelle ist sehr schwer zugänglich und liegt an einer Hangkante, die zur Mangfall abfällt.

Auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) hat alle verfügbaren haupt- und ehrenamtlichen Kräfte in der Region zusammengezogen. "Alles, was Räder hat, ist vor Ort", sagte der Geschäftsführer des BRK-Kreisverbandes Rosenheim.

Bahn-Chef Grube: "Wir sind tief bestürzt"

"Der Unfall ist ein Riesenschock für uns", sagte der Geschäftsführer der Bayerischen Oberlandbahn (BOB), Bernd Rosenbusch. "Wir tun alles, um den Reisenden, Angehörigen und Mitarbeitern zu helfen." Die BOB betreibt die Züge auf der Unfallstrecke.

Bahn-Chef Rüdiger Grube sprach den Verletzten und Angehörigen der Opfer sein tiefes Mitgefühl aus: "Wir sind tief bestürzt über den Unfall", sagte er. "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Toten und bei den Verletzten."

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: "Wir wissen nicht, ob nicht noch mehr Tote in den verkeilten Zügen gefunden werden. Das ist wirklich schrecklich. Das ist schon eines der großen Eisenbahnunglücke in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland und speziell bei uns in Bayern."

Ersatzverkehr, Blutspenden und Krisen-Hotline

Der Bahnbetreiber richtete mindestens für den kompletten Dienstag einen Ersatzverkehr mit Bussen ein.

Auf seiner Internetseite ruft der Blutspendedienst München zum Blutspenden auf: "Aufgrund des tragischen Zugunglücks besteht akut ein deutlich erhöhter Bedarf an lebensrettenden Blutkonserven." Spender sollten mobile Spendentermine wahrnehmen oder in die Blutspendezentrale kommen.

Für Angehörige wurde eine Krisen-Hotline eingerichtet. Die Telefonnummer lautet 0395 / 430 843 90. Zusätzlich wurde ein polizeiliches Hinweistelefon für Bürger freigeschaltet: 08031 / 200 318 0.

Bei der Freiwilligen Feuerwehr Kolbermoor wurde eine Verletztensammel-, Auskunfts- und Vermisstenstelle eingerichtet.




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