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Breivik: "Viel von Al-Kaida gelernt"


Justiz
Breivik: "Viel von Al-Kaida gelernt"

Von dpa
Aktualisiert am 20.04.2012Lesedauer: 4 Min.
Anders Breivik vor Gericht - und während des Massakers auf UtoyaVergrößern des BildesAnders Breivik vor Gericht - und während des Massakers auf Utoya (Quelle: Reuters-bilder)
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Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik hat sich für seine grausamen Attentate nach eigenen Aussagen von der Terrororganisation Al-Kaida inspirieren lassen. "Ich habe viel von Al-Kaida gelernt", so Breivik. Die Organisation sei so erfolgreich, weil sie Selbstmordattentäter einsetze. Das Problem mit militanten Islamisten sei aber, dass sie zu sehr auf Sprengstoff und nicht auf Amokläufe mit Schusswaffen setzten.

Dennoch habe er die Organisation mehrere hundert Stunden lang im Internet und über Filme analysiert: "Ich habe jede ihrer Aktionen studiert, das, was sie falsch gemacht und was sie richtig gemacht haben", sagte der Attentäter. Vor allem habe er sich mit dem Bombenanschlag auf das Word Trade Center im Jahr 1993, aber auch mit dem Bombenattentat von Oklahoma City von 1995 befasst, das von regierungsfeindlichen US-Bürgern verübt wurde.

Märtyrertum als Stärke

Für sein Kompendium habe er auch andere Terrororganisationen verglichen. "Die Schwäche der (baskischen Untergrundorganisation) ETA ist, dass sie den Tod fürchten und nicht an das Leben nach dem Tod glauben. Das ist die Schwäche von Marxisten-Bewegungen. Der Vorteil von Al-Kaida ist, dass sie Märtyrertum glorifizieren", sagte der Massenmörder.

Al-Kaida sei "die erfolgreichste Revolutionsbewegung der Welt" und könne als Inspirationsquelle für rechtsextreme Militante dienen - auch wenn deren Ziele unterschiedlich seien. Er habe eine Art "Al-Kaida für Christen" schaffen wollen.

Breivik kapselte sich ab

Er habe sich emotional total abgekapselt, um seine Attentate durchzustehen. "Man muss gefühlsmäßig abgestumpft sein, das muss man trainieren", sagte Breivik. Bis 2006 sei er ein normaler Mensch gewesen. Danach habe er eine "Entemotionalisierung" begonnen, die mehrere Jahre gedauert habe.

In Vorbereitung auf die Anschläge habe er seit 2006 seine sozialen Kontakte abgebrochen und durch Meditation seine Emotionen zu kontrollieren geübt. Das Jugendlager der regierenden Arbeiterpartei auf Utoya bezeichnete der Attentäter als "Indoktrinierungslager". Er habe seine Opfer "entmenschlicht", um die Angriffe verüben zu können.

"Ein sympathischer Mensch"

Auch seine technische Sprache während der Verhöre sei ein Werkzeug. "Man kann niemanden töten, wenn man mental nicht vorbereitet ist", so der Mörder. Er sei aber kein Narziss, der vor allem sich selbst liebe. "Ich fühle eine große Liebe für dieses Land. Das ist nicht normal, aber so bin ich."

Zum Beginn des neuen Prozesstages wurde Breivik von seinen eigenen Anwälten zu den Motiven für seine Attentate befragt. Er verstehe sich nicht als Rassisten, sagte der Islamhasser, der im vergangenen Sommer 77 Menschen getötet hat. "Ich bin normalerweise ein sehr sympathischer Mensch", sagte Breivik am fünften Tag seines Prozesses.

"Bin voll zurechnungsfähig"

Unterdessen hält sich der Attentäter für voll schuldfähig. "Diese Sache ist einfach: Ich bin zurechnungsfähig", sagte Breivig. Er sei schockiert gewesen, als er das erste psychiatrische Gutachten gelesen habe, das ihm paranoide Schizophrenie bescheinigte. Es sei schwer zu begreifen, dass jemand so extrem und fundamentalistisch sein könne, gab er zu. "Es ist leicht zu denken, das ist Wahnsinn. Aber es gibt einen Unterschied zwischen politischer Gewalt und Wahnsinn im medizinischen Sinne."

Ein zweites Gutachten hatte Breivik kurz vor Prozessbeginn für schuldfähig erklärt. Die Frage der Zurechnungsfähigkeit entscheidet darüber, ob er für 21 Jahre ins Gefängnis oder in eine psychiatrische Anstalt kommt.

Breivik zeigt keine Reue

Breivik ist sich nach eigener Aussage voll bewusst, unfassbares Leid ausgelöst zu haben. Er habe das Leben der Angehörigen und Hinterbliebenen zerstört, sagte er ruhig und ohne Reue vor Gericht. "Ich kann nicht behaupten, dass ich ihr Leid verstehe", sagte Breivik. "Wenn ich das versuchen würde, könnte ich hier nicht sitzen. Dann könnte ich nicht weiterleben."

Auf die Frage eines Opferanwalts, warum er keinerlei Mitleid für seine Opfer zeige, erklärte Breivik: "Ich kann den mentalen Schutzschild ablegen, wenn ich will, aber ich mache es nicht, weil ich sonst nicht überleben würde."

Lange Schlangen vor Gericht

Es dürfte sich heute wohl um einen der emotionalsten Tage im Terrorprozess gegen den norwegischen Massenmörder. Zum ersten Mal seit Tagen bildeten sich wieder lange Schlangen vor dem Einlass zum Gericht. Richterin Wenche Elizabeth Arntzen wies darauf hin, dass Opfer und Angehörige den Gerichtssaal jederzeit verlassen dürften.

Breivik beschrieb mit ruhigen Worten, wie er auf die Jugendlichen schoss. "Jetzt oder nie", habe er sich gedacht, als er als Polizist verkleidet auf der Insel gestanden haben. Er habe die Pistole aus der Tasche geholt und als erstes die Betreuerin des Ferienlagers erschossen. Danach sei er in einen Schockzustand gefallen und erinnere sich an wenig. Dennoch berichtete Breivik detailliert von weiteren Morden. Er habe so viele Menschen hinrichten wollen, wie möglich.

Angst vor Gegenwehr

Der Attentäter hatte nach eigener Aussage bei dem Massaker Angst, dass sich die Jugendlichen wehren würden. "Wenn eine Gruppe Widerstand versucht hätte, hätten sie das einfach geschafft", sagte der 33-Jährige.Eigentlich habe er so wenig wie möglich schießen wollen, sondern die Jugendlichen ins Wasser scheuchen, wo sie ertrinken sollten.

Breivik atmete während seiner Ausführungen immer wieder heftig durch. Zu diesem Zeitpunkt hatte noch niemand der Angehörigen den Saal verlassen.

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