Im Missbrauchs-Prozess gegen den Gründer eines alternativen Schulprojekts, bei dem Kinder und Jugendliche um die Welt segelten, hat ein Pariser Gericht den Angeklagten zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der heute 76-Jährige in den achtziger und neunziger Jahren fünf Kinder sexuell missbrauchte, sie vergewaltigte oder versuchte, sie zu vergewaltigen.
Ein Mitarbeiter wurde zu sechs Jahren Haft, ein weiterer zu fünf Jahren auf Bewährung verurteilt. Ein dritter, der zum fraglichen Zeitpunkt 17 Jahre alt war, wurde freigesprochen.
Schlagzeilen
Seit 1969 mit Schülern um die Welt gesegelt
Der Hauptangeklagte hatte das Projekt "l'ecole en bateau" (Schule auf dem Schiff) 1969 gegründet. Der einstige Kinder-Psychotherapeut wollte Kindern und Jugendlichen eine alternative Schulbildung auf den Weltmeeren anbieten, nutzte diese Situation der Isolation und Abhängigkeit aber offensichtlich für seine Verbrechen aus.
Bis 2002 nahmen mehr als 400 Schüler an den monate- oder sogar jahrelangen Reisen teil. Bereits 1994 wurden erste Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs erstattet.
Ein Pariser Gericht verurteilte den französischen Staat im Februar 2012 zur Zahlung von Entschädigungen an die mutmaßlichen Missbrauchsopfer, weil die Justiz zu langsam ermittelt hatte.
Dinge, die früher "als normal erachet" wurden
Zu Beginn des dreiwöchigen Verfahrens hatte der Projektgründer seine Einschätzung der Verhältnisse dargelegt: Dinge, die seinerzeit in der Erziehung "als normal erachtet" worden seien, würden heute mit "Argwohn" betrachtet.
Die Gesellschaft habe sich im Vergleich zu den damaligen libertären Zeiten nach 1968 "enorm gewandelt". Diejenigen, denen er "weh getan" hat, bat er um Verzeihung.
Verhandelt wurde über die Klagen von neun Teilnehmern der Segelboot-Exkursionen in der Zeit zwischen 1981 und 1994, die heute zwischen 33 und 46 Jahre alt sind.