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Angeklagter gesteht Morde: Notfälle gaben ihm einen Kick


Angeklagter Krankenpfleger gesteht 30 Morde
Notfälle gaben ihm einen besonderen Kick

Irena Güttel, dpa

12.02.2015Lesedauer: 3 Min.
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Ein Gutachter bescheinigt dem angeklagten Krankenpfleger volle Schuldfähigkeit.Vergrößern des Bildes
Ein Gutachter bescheinigt dem angeklagten Krankenpfleger volle Schuldfähigkeit. (Quelle: Reuters-bilder)

Es ist einer der größten Mordprozesse der Nachkriegsgeschichte: In der Verhandlung gegen einen Krankenpfleger in Oldenburg hat der Angeklagte eingeräumt, bis zu 30 Patienten mit einer Überdosis eines Herzmittels getötet zu haben. Ein Gutachter bescheinigt dem Mann volle Schuldfähigkeit - das Spiel mit dem Leben der Patienten soll ihm einen "besonderen Kick" gegeben haben.

Der wegen Mordes angeklagte 38-Jährige sagte vor dem Landgericht Oldenburg, die Angaben des psychiatrischen Gutachters zu seinen Taten seien korrekt. Demnach spritzte der Mann etwa 90 Patienten im Klinikum Delmenhorst eine Überdosis eines Herzmedikaments - bis zu 30 Menschen starben daran.

Der Gutachter Konstantin Karyofilis gab einen detaillierten Einblick in die Gefühlslage des früheren Krankenpflegers. Der Angeklagte selbst wirkte dabei angespannt, er blickte auf seine Akten und blätterte im Gutachten. Aufmerksam lauschte er den Worten des Mannes, dem er sich seit Dezember mehrfach anvertraut hatte. Karyofilis hält den Ex-Pfleger für voll schuldfähig. Der Angeklagte soll sich kommende Woche näher vor Gericht äußern, ein Urteil könnte am 26. Februar fallen.

Zunächst schöpfte niemand Verdacht

Dem Gutachter zufolge gaben Notfälle, bei denen das Leben von Patienten auf dem Spiel stand, dem Pfleger einen besonderen Kick. Er konnte als zupackender Retter auftreten, bekam dafür Lob und Anerkennung. Das Gefühl etwas toll gemacht zu haben, habe über Tage angedauert, gab der Gutachter die Worte des Angeklagten wieder. Die Arbeit auf der Intensivstation habe ihn gleichzeitig sehr belastet. Er habe den Kontakt zu den Patienten verloren, diese nicht mehr als Menschen gesehen. Er habe unter Depressionen und Ängsten gelitten.

Am Tag der ersten Tat im Jahr 2003 habe der Pfleger eine Leere in sich gefühlt, erläuterte Karyofilis. "Als wenn man längere Zeit nichts gegessen hat." Der Pfleger habe eine Spritze mit dem Herzmedikament aufgezogen und mehrere Milliliter einer alten Frau injiziert. Kurz darauf kam es bei ihr zu Komplikationen, der Pfleger starte die Herzdruckmassage, bis eine Minute später ein Arzt da war. Niemand schöpfte Verdacht.

Mit der Zeit ging er immer dreister vor

Nebenklägerin Katrin Lohmann, deren Mutter die Patientin war, zeigte sich nach der Aussage des Gutachters fassungslos. "Es schockiert mich, wie er in der Lage war, so etwas zu planen." In den nächsten beiden Jahren provozierte der Pfleger immer wieder solche Notfälle. Anfangs ging er vorsichtig vor. Später fühlt er sich so sicher, dass er vor Kollegen Spritzen mit dem Herzmedikament befüllte. Nie habe ihn jemand gefragt, was er da mache, zitierte der Gutachter den Angeklagten. Schließlich ging er sogar soweit, Patienten das Mittel unauffällig zu spritzen, obwohl andere Pfleger oder Ärzte im Raum waren.

Erst im Sommer 2005 ertappte ihn eine Krankenschwester auf frischer Tat. Dafür verurteilte ihn das Landgericht Oldenburg im Dezember 2008 wegen Mordversuchs zu siebeneinhalb Jahren Haft. Im aktuellen Prozess ist der frühere Pfleger wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs an Patienten angeklagt. Doch das Ausmaß seiner Taten könnte noch deutlich größer sein, als von ihm eingestanden. Eine Sonderkommission der Polizei überprüft zurzeit den Tod von mehr als 200 Patienten am Klinikum Delmenhorst und anderen Arbeitsstätten des Mannes in Oldenburg, Wilhelmshaven und bei den Rettungssanitätern.

Langeweile soll kein Motiv gewesen sein

Der Angeklagte bestreitet allerdings, Patienten an anderen Orten als in Delmenhorst geschadet zu haben. Auch stimme es nicht, dass Langweile eines seiner Motive gewesen sein soll, wie die Staatsanwaltschaft meint.

Nach Ansicht des Psychiaters hat der 38-Jährige eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung. Dennoch sei er sich über die Konsequenzen seiner Taten bewusst gewesen und habe den Tod der Patienten in Kauf genommen. Eine Rückfallgefahr sieht der Gutachter bei dem Mann nicht. Diese Einschätzung ist wichtig für die Frage, ob die Richter eine Sicherungsverwahrung im Anschluss an die Haft anordnen.

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