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Kalifornien: Die Horror-Eltern von Perris kannte niemand wirklich


"Das ist sehr verstörend"
Die Horror-Eltern von Perris kannte niemand wirklich

ap, Amy Taxin, Amanda Lee Myers

Aktualisiert am 19.01.2018Lesedauer: 4 Min.
In diesem Haus im kalifornischen Perris mussten 13 Kinder unter unwürdigen Bedingungen leben.Vergrößern des BildesIn diesem Haus im kalifornischen Perris mussten 13 Kinder unter unwürdigen Bedingungen leben. (Quelle: Andrew Foulk/ZUMA Wire/dpa-bilder)
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Der Fall einer verwahrlosten Familie aus Kalifornien erschüttert ganz Amerika. Vater und Mutter hielten ihre 13 Kinder unter unmenschlichen Bedingungen gefangen. Nach ihrer Befreiung beginnt der schwere Weg in eine bessere Zukunft.

Für arglose Betrachter war das Haus im kalifornischen Perris völlig unauffällig: braune Fensterläden, beige Wände, vier Autos in der Einfahrt. Viele Häuser in dem Wohnviertel 113 Kilometer südöstlich von Los Angeles sehen so aus. Die Bewohner, ein Ehepaar mit 13 Kindern, hätten nie Ärger gemacht, berichten Nachbarn, die nur ein paar Schritte entfernt wohnen. Sie hätten sehr zurückgezogen gelebt und meist nur einen kurzen Gruß herübergewinkt.

Hinter den Mauern herrschte dagegen ein grausames Chaos. Die Kinder im Alter von zwei bis 29 Jahren hätten in stinkenden Zimmer gehaust und seien so stark unterernährt, dass selbst die älteren noch wie Kinder aussähen, berichtete die Polizei, nachdem eines der Kinder entwischt war und Alarm schlug. Einige seien an die Möbel gekettet worden. Durch das Haus wabere fauliger Gestank. Doch Probleme mit Polizei und Jugendamt gab es bis zum Wochenende nie.

"Ich würde das Folter nennen"

Da fasste sich die 17-Jährige Tochter ein Herz, kletterte aus dem Fenster und alarmierte die Polizei. Die Beamten, die sie ansprach, glaubten zunächst, einer Zehnjährigen gegenüber zu stehen, so klein und schmal war sie. Auch die anderen Kinder hielten sie für minderjährig, dabei waren sieben von ihnen schon im Erwachsenenalter.

Sie hätten in entsetzlichen Verhältnissen dahin vegetiert, sagte der Sheriff des Bezirks Riverside. "Können Sie sich vorstellen, 17 Jahre alt zu sein, aber wie zehn auszusehen, an ein Bett gekettet und unterernährt zu sein, mit entsprechenden Verletzungen?", fragte Sheriff Greg Fellows. "Ich würde das Folter nennen."

"Sie jetzt zu betrachten, ist irgendwie gespenstisch"

Doch selbst die wenigen Leute, die näher mit der Familie zu tun hatten, ahnten nichts. Kent Ripley arbeitet als Elvis-Imitator in Las Vegas, wo Paare ganz im Elvis-Presley-Stil heiraten können. Ripley ist mindestens dreimal bei einem Eheerneuerungsversprechen der Eltern aufgetreten, zuletzt im Oktober 2015.

"Ich hatte das Gefühl, ich kenne sie", sagt Ripley. Jetzt sei er ziemlich durcheinander. Nachdem die Nachrichten gekommen seien, habe er sich die Videos der Feiern wieder angesehen, auf denen die Kinder tanzten und lächelten - alle mit gleichen Frisuren und Kleidern. "Das ist sehr verstörend", sagt Ripley. "Sie jetzt zu betrachten, ist irgendwie gespenstisch."

Die Kinder hätten zwar schon damals jung und schmal ausgesehen, aber er habe geglaubt, das habe mit ihren Lebensgewohnheiten zu tun, ihrer Religion oder ihren sonstigen Aktivitäten. Er sei dem nicht auf den Grund gegangen. "Aber ich wusste, es war eine unterhaltsame Familie", sagt Ripley.

Eine gut situierte Familie

Das Paar ist seit 32 Jahren verheiratet. 2011 zog die Familie aus der Gegend von Dallas nach Südkalifornien. Drei Jahre später kauften sie das Haus in Perris. Ihr 13. Kind wurde dort geboren. Der Vater arbeitete als Ingenieur beim Raumfahrtunternehmen Northrop Grumman und brachte ein Jahreseinkommen von 140.000 Dollar (rund 114.000 Euro) nach Hause. Die Mutter war Hausfrau.

Manchmal zogen sie allen Kinder pinke Sachen an oder T-Shirts mit Zeichnungen des Kinderbuchautors Dr. Seuss. Die Jungen trugen alle die gleiche Prinz-Eisenherz-Frisur wie ihr grau gewordener Vater, die Mädchen fast alle schulterlanges Haar und Mittelscheitel. Unterrichtet wurden sie offenbar von den Eltern selbst. Die trugen ihre Haus als Privatschule ein und gaben den Vater als Direktor an. Die sechs einzigen Schüler waren die jüngeren Kinder der Familie. Überprüft wurden sie nie.

Unklar ist, warum keines der Kinder früher ausbüxte, obwohl es offenbar Möglichkeiten gab. Die Eltern im Alter von 57 beziehungsweise 49 Jahren wurden festgenommen und könnten wegen Folter und Kindeswohlgefährdung angeklagt werden. Hinweise auf sexuellen Missbrauch gibt es laut Polizei nicht, doch das wird noch überprüft.

Schlechter körperlicher Zustand

Das Paar hat auf seiner Facebookseite diverse Familienfotos veröffentlicht, aus einem Vergnügungspark, aber auch von der Zeremonie in Las Vegas. Auch darauf sind die Kinder dünn, aber sie lächeln oft. Als die Behörden kamen, waren die Kinder sehr hilfsbereit und freundlich. "Ich glaube, sie hoffen, dass ihr Leben nach diesem Ereignis besser wird", sagt Krankenhauschef Mark Uffer aus Corona.

Doch das dürfte beschwerlich werden. Die Kinder hätten wahrscheinlich jahrelang zu wenig zu essen bekommen, sagt der Chef des Ernährungszentrums der Clevelandklinik in Ohio, Donald Kirby. Ihre bleiche Haut sei nicht nur ein Anzeichen dafür, dass sie kaum Sonnenschein abbekommen haben. Sie litten auch unter Eisen- und Vitaminmangel.

Wenn die nötigen Nährstoffe in der Wachstumsphase fehlten, stelle sich der Körper irgendwann darauf ein und könne dann nicht mehr weiterwachsen, erläutert Kirby und fügt hinzu: "Das ist nicht vergangene Woche passiert oder letzten Monat und auch nicht im vergangenen Jahr. Das ist wahrscheinlich über einen sehr langen Zeitraum geschehen." Bis sich Körper und Gemüt davon erholt hätten, werde wohl eine lange und harte Zeit vergehen.

Quelle:
- AP

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