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Romney gegen Obama: Wahlkampf der Lügner


Politik
Wahlkampf der Lügner

spiegel-online, Von Gregor Peter Schmitz, Spiegel Online

Aktualisiert am 04.09.2012Lesedauer: 3 Min.
US-Wahlkampf: Sowohl Republikaner als auch Demokraten nehmen es mit der Wahrheit nicht so genauVergrößern des BildesUS-Wahlkampf: Sowohl Republikaner als auch Demokraten nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau (Quelle: Reuters-bilder)
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Fakten sind im US-Präsidentschaftswahlkampf Mangelware. Sowohl Demokraten als auch Republikaner lügen unverfrorener denn je. Konsequenzen müssen sie kaum fürchten - auch weil Amerikas Medien ihre Kontrollfunktion immer schlechter erfüllen können.

Paul Ryan, aktueller Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner, ist ein Fitnessfreak. Im Morgengrauen stemmt er gerne Gewichte in den Katakomben des US-Parlaments, so hat er seinen Körperfettanteil auf beeindruckende "sechs bis acht Prozent" gedrückt. Und Ryan kann auch richtig schnell laufen, behauptet er zumindest. Einen Marathon habe er "in zwei Stunden 50 oder so" absolviert, vertraute der Konservative vor kurzem einem Radiomoderator an.

42 Kilometer in unter drei Stunden? Mit dieser Zeit hätte Ryan beinahe eine Karriere als Läufer vor sich, falls es mit dem zweitmächtigsten Amt im Staat doch nicht klappen sollte. Rasch meldeten US-Fitnessmagazine Zweifel an, sie durchstöberten Marathon-Statistiken - und, siehe da, sie fanden nur einen Eintrag über einen Paul D. Ryan aus dem Jahr 1999. Dessen registrierte Marathon-Zeit las sich aber eher wie die eines Hobbytrabers als einer Rennmaschine: vier Stunden und eine Minute.

Er habe sich wohl falsch erinnert, musste Ryan einräumen. Große Sache? Natürlich nicht. Und doch eine bezeichnende Episode für diesen US-Wahlkampf. Wohl noch nie haben die Kandidaten beider Seiten so offen und so unverblümt gelogen - über eigene Meriten, aber auch über die Pläne ihrer Rivalen. "Fakten sind für Verlierer. Die Wahrheit ist tot", fürchtet die "New York Times".

Der große Unterschied bei der kleinen Marathon-Episode: Ryan musste immerhin öffentlich Abbitte leisten. Viel dreistere Manipulationen sind in diesem Wahlkampf bislang straffrei ausgegangen - weil die Strategen beider Seiten kühl kalkulieren, dass Lügen mittlerweile ohne Folgen bleiben.

Ryans Parteitagsrede in Tampa ist dafür ein gutes Beispiel: Unverfroren griff er Präsident Barack Obama an, die Empfehlungen einer überparteilichen Kommission zur Reduzierung des Haushaltsdefizits ignoriert zu haben. Was Ryan verschwieg: Er selbst gehörte dieser Kommission an und war maßgeblich daran beteiligt, dass es zu keiner Einigung kam.

Jede zehnte Aussage von Romney & Co ist falsch, jede 50. der Demokraten

Ein weiteres Beispiel: Ryan klagte Obama an, 760 Milliarden Dollar aus dem Topf für "Medicare" entnehmen zu wollen, der Gesundheitsversorgung für Senioren. Wie er selbst ähnlich hohe Kürzungen begründet, ließ Ryan elegant weg.

Dass er dem Präsidenten die Schließung einer General Motors-Niederlassung vorhielt, die schon zumachte, als Obama noch gar nicht Präsident war, fiel da kaum noch ins Gewicht. Ebenso wenig, dass entgegen seiner Beteuerungen Ryans eigener Haushaltsplan nach Ansicht von Experten keineswegs Amerikas Schulden reduzieren würde, weil dieser neben massiven Sozialkürzungen auch radikale Steuersenkungen vorsieht.

Das Lügen hat Methode, auf beiden Seiten. Obamas Berater haben etwa TV-Spots geschaltet, in denen sie seinem Rivalen Mitt Romney fälschlich vorhalten, Abtreibung sogar im Falle einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für die Mutter verbieten zu wollen. Auch ihre Attacken auf dessen Arbeit für die Investmentfirma Bain Capital balancieren haarscharf zwischen Dichtung und Wahrheit.

Doch die Republikaner wirken weit skrupelloser. Jede zehnte Aussage von Romney und Co. sei komplett falsch, hat das Onlineportal PolitiFacts vorgerechnet. Bei Obama lasse sich das nur über eine von 50 sagen.

"Wir lassen uns nicht von Fact-Checkern diktieren, wie wir Wahlkampf führen"

Dabei bleiben die Lügen keineswegs unentdeckt. Führende US-Medien haben längst "Fact-Checker" eingestellt, deren einzige Aufgabe ist, Politikeraussagen auf ihren Wahrheitsgehalt abzuklopfen. Sie verleihen dann Pinocchios - je gravierender die Lüge, desto mehr lange Nasen.

Doch auch die Glaubwürdigkeit der US-Medien hat massiv gelitten, weil sie zunehmend als parteiisch angesehen werden und in der Krise ihre Redaktionen massiv gekürzt haben. Außerdem müssen sie mittlerweile mit vielen anderen Info-Kanälen konkurrieren: Über soziale Netzwerke etwa verbreiten sich Gerüchte und falsche Informationen rasant schnell.

Die Kontrollfunktion der Medien wird auch dadurch erschwert, dass die Präsidentschaftskandidaten sie stärker ignorieren als in jedem Wahlkampf zuvor. Obama macht sich so rar vor dem White House Press Corps, dass dessen Mitglieder offizielle Protestschreiben verfassten. Er spricht lieber mit lokalen Radiosendern oder Hochglanz-Magazinen wie "People" - kritische Fragen zu falschen Aussagen sind dann nicht zu erwarten. Und auch Bewerber Romney lässt sich bei Wahlkampfreisen konsequent von Reportern abschirmen.

Eine Änderung dieser Praxis ist kaum zu erwarten, allen Debatten über Ryans jüngste Flunkereien zum Trotz. "Wir lassen uns nicht von Fact-Checkern diktieren, wie wir Wahlkampf führen", sagte ein Republikaner-Stratege US-Journalisten trotzig.

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