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Barack Obama bei Jay Leno: NSA-Affäre wird zum Show-Programm


US-Präsident bei Jay Leno
Obama macht Späh-Affäre zum Show-Programm

spiegel-online, Von Sebastian Fischer, Washington

07.08.2013Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Barack Obama mit Talkmaster Jay LenoVergrößern des BildesUS-Präsident Barack Obama mit Talkmaster Jay Leno (Quelle: Reuters-bilder)
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Kritische Fragen unerwünscht: US-Präsident Obama hat sich bislang weder ausführlich zum Spähprogramm der NSA noch zu Whistleblower Snowden und dessen Asylgeber Russland geäußert. Jetzt gab er ausgerechnet in einer Unterhaltungshow Antworten - ein unangemessener Auftritt.

Barack Obama bekommt einen Empfang wie auf einer Wahlkampfveranstaltung. Die Band spielt die Präsidentenhymne "Hail to the Chief", die Leute johlen, winkend marschiert er ins Studio und ruft: "Toll, wieder hier zu sein." Breites Grinsen.

Obama mag Talkshows. Und besonders gern mag er die "Tonight Show" auf NBC mit dem 63-jährigen Jay Leno, der in wenigen Monaten - zwangsweise - seinen Abschied nehmen wird. Hier ist alles irgendwie heimelig. Obama ist das sechste Mal zu Gast, das vierte Mal bereits als US-Präsident. Er war überhaupt der erste Commander-in-Chief, der in eine Late-Night-Talkshow ging.

Beim 44. Präsidenten ist das ein mittlerweile altbekanntes Muster: Er zieht die seichten Unterhaltungsformate den großen journalistischen Interviews vor. Und so darf er bei Jay Leno gleich zu Beginn erzählen, wie das so war an seinem 52. Geburtstag am Wochenende, als er mit ein paar Buddys Golf und Basketball spielte.

Obama verteidigt NSA-Spähaktionen

Immerhin: Der alte Leno spricht die brenzligen Themen wenigstens an. Nun gut, er hakt sie eher ab, als dass er nachhakt. NSA, Edward Snowden und Russland, die aktuelle Terrorbedrohung. Immerhin fragt mal einer. Als jüngst die "New York Times" ein ausführliches Interview mit Obama hatte - das erste seit mehreren Jahren - da verlegten sich die Kollegen ausschließlich auf Fragen der Wirtschaftspolitik. Die NSA-Schnüffelaffäre? Kam mit keinem Wort vor.

Leno seinerseits versucht erst einen Witz - er könne jetzt mal persönlich mit Obama sprechen, sonst habe der ja nur Einblicke in Lenos E-Mails und Telefonate - dann geht's los. "Wir haben kein Spionage-Programm im Inland", versichert Obama. Man habe nur "einige Mechanismen", mit denen man Telefonnummern und E-Mail-Adressen folgen könne, die mit möglichen Terror-Attacken in Verbindung zu bringen seien. "Diese Information ist nützlich", sagt der Präsident. Punkt. Leno sagt: "Richtig". Wie so oft an diesem Abend. Und wie so oft während der anderen fünf Auftritte Obamas zuvor.

Weiter mit NSA-Informant Edward Snowden, über dessen Freundin Leno nebenbei noch zu bemerken weiß, dass sie eine "Stripperin" sei. Ob er, der Präsident, Snowden eigentlich als Whistleblower bezeichnen würde, fragt Leno schließlich Obama. "Wir wissen nicht genau, was er getan hat; außer dem, was er im Internet kundgetan hat - für mich ist es wichtig, hier keine Vorverurteilung abzugeben." Heißt: Obama setzt weiterhin darauf, dass die US-Justiz Snowdens noch habhaft wird. Aus Schaden wird man klug: Im Fall des WikiLeaks-Whistleblowers Bradley Manning hatte sich Obama nicht zurückgehalten, hatte schon frühzeitig festgestellt: "Er hat das Gesetz gebrochen." Kritiker halten ihm die Aussage seitdem vor; diesen Fehler will er diesmal wohl nicht wiederholen.

Obama: Russland fällt "ins Denken des Kalten Krieges zurück"

Nächster Punkt auf Lenos Liste: Russland, das Snowden temporäres Asyl gegeben und ihn nicht an die USA ausgeliefert hat. "Ich bin enttäuscht", sagt Obama. Es gebe immer wieder Zeiten, in denen Russland in "das Denken des Kalten Kriegs" zurückfalle. Er jedenfalls sage dem russischen Präsident Wladimir Putin stets, dass es nicht um die Vergangenheit gehe, sondern dass man sich um die Zukunft kümmern müsse. Obama versichert zwar, dass er im September zum G-20-Gipfel nach St. Petersburg reisen werde, aber über das ursprünglich zugleich in Moskau geplante Treffen mit Putin sagt er nichts.

Das Weiße Haus hatte zuvor angekündigt, man werde den "Nutzen" eines solchen Treffens nach dem Fall Snowden prüfen müssen.

Die gegenwärtig von der Regierung ausgerufene Terrorbedrohung fragt Jay Leno so ab: "Hey, ich muss danach fragen - wie ernst ist das denn mit den Botschaftsschließungen?" Tatsächlich machten die USA am Sonntag 22 diplomatische Einrichtungen in 17 Staaten von Mauretanien in Nordwestafrika bis Bangladesch in Südasien dicht. US-Nachrichtendienste sollen Kommunikationen zwischen führenden al-Qaida-Mitgliedern abgefangen haben, die von Terroranschlägen handelten.

Obama sagt nun in der "Tonight Show" - es ist seine erste öffentliche Äußerung in dieser Sache -, dass diese aktuelle Gefahr trotz alle der Fortschritte, die man bereits gemacht habe, an den "radikalen, gewaltbereiten Extremismus" erinnere, den es "da draußen" eben weiterhin gebe.

Leno versucht sich in Verbraucherjournalismus: Ob das bedeute, die Amerikaner sollten dieses Jahr lieber keine Ferien - er sagt das jetzt tatsächlich - in Europa machen? Nein, entwarnt Obama, man solle bitteschön nur Vorsicht und gesunden Menschenverstand walten lassen, regelmäßig die Internetseiten des Außenministeriums checken und so weiter. Und: Die Wahrscheinlichkeit, durch eine Terror-Attacke zu sterben, sei deutlich geringer als durch einen Auto-Unfall zu Tode zu kommen.

Ein Spielzeugauto für den Moderator

Am Ende geht es noch um John McCain, Obamas einstigen Rivalen im Präsidentschaftswahlkampf 2008 und die plötzliche "Bromance", also intensive Männerfreundschaft, zwischen den beiden Politikern. "So läuft es doch in einer klassischen Romantik-Komödie", witzelt Obama: "Erst kommt man nicht miteinander klar und dann sieht man sich ständig." McCain war am Dienstag im Auftrag Obamas in Kairo, um mäßigend auf Ägyptens Übergangsregierung einzuwirken. Dabei sorgte er für erhebliches Aufsehen, als er den Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi als Putsch bezeichnete. Diese Wortwahl vermeidet Obama bisher aus gutem Grunde, müsste er doch sonst Ägyptens Militär die jährliche 1,3-Milliarden-Dollar-Finanzspritze streichen.

Aber das sind natürlich Petitessen, die bei Jay Leno keine Rolle spielen.

Am Ende bekommt der NBC-Talker und Autonarr Leno ein Spielzeugmodell der Präsidentenlimousine, des "Beast", überreicht. "Oh, cool!", macht Jay Leno verbale Kratzfüße und lässt sich ein Autogramm aufs Dach des Miniaturmobils geben. Obama, logo, macht und grinst. Das Fremdschämpotential hat sich da längst im roten Bereich eingependelt.

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