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FC Bayern Coach Guardiola nach Müller-Wohlfahrt-Rücktritt angezählt


Nach Arzt-Rücktritt: Guardiola ist angezählt

Von t-online
Aktualisiert am 18.04.2015Lesedauer: 4 Min.
Pep Guardiola steckt beim FC Bayern in einer schwierigen Phase.Vergrößern des BildesPep Guardiola steckt beim FC Bayern in einer schwierigen Phase. (Quelle: Avanti/imago-images-bilder)
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Von Thomas Tamberg

Zuweilen vergisst man ganz gerne, wie sensibel das Gebilde des FC Bayern doch ist. Während der Saison, wenn der Rekordmeister mangels gegnerischer Klasse von Sieg zu Sieg eilt, scheint nichts und niemand die heile Bayern-Welt trüben zu können. Doch wenn es in die entscheidende Saisonphase geht, wenn es "Tod oder Gladiolen" heißt, wie es Louis van Gaal einmal blumenreich beschrieben hat, dann ist das Eis dünn in München. Dann reichen eine Niederlage und ein Arzt-Rücktritt aus und an der Säbener Straße bricht große Unruhe aus.

Bis vor ein paar Tagen schwärmten nahezu alle von Pep Guardiola. Der Bayern-Trainer habe die Mannschaft auf ein neues, noch nie dagewesenes Level geführt, hieß es. Karl-Heinz Rummenigge, seit dem Haftantritt von Uli Hoeneß die zentrale Figur beim FC Bayern, betonte stets seine besondere Nähe zum Spanier. "Wir sind Brüder im Geiste."

Form des Rücktritts ist ein Eklat

Dieses mental so eng verwandte Duo hat das Flaggschiff des deutschen Fußballs jetzt in ziemlich unruhige See manövriert. Nach der 1:3-Niederlage beim FC Porto soll es nach Informationen des SID und der "Bild" in der Kabine zu Diskussionen zwischen Rummenigge und Vereinsarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt gekommen sein. Thema: Warum sind die ganzen verletzten Spieler nicht fit?

Die Folgen sind bekannt. Ein Tag später warf der Arzt die Brocken hin und stellte den Verein vor vollendete Tatsachen. Per Pressemitteilung, ohne den Klub vorher zu informieren, erklärte Müller-Wohlfahrt gemeinsam mit seinem Team den sofortigen Rücktritt. Begründung: Die medizinische Abteilung sei "aus ihnen unerklärlichen Gründen für die Niederlage hauptverantwortlich gemacht" worden.

Rücktritt schlägt hohe Wellen

Natürlich war das keine Kurzschlussreaktion, sondern der vorläufige Höhepunkt einer längeren Entwicklung. Guardiola war es schon seit Amtsantritt 2014 ein Dorn im Auge, dass der Vereinsarzt nicht ständig auf dem Trainingsgelände zugegen war, sondern in seiner Praxis in der Münchner Innenstadt praktizierte. Die hinlänglich bekannte Thiago-Affäre sorgte für zusätzlich Zündstoff. Guardiola schickte seinen Lieblingsspieler nach einem Innenbandriss zur Behandlung lieber nach Spanien, die Folge waren zwei weitere Innenbandrisse. Von Anfang an war das Verhältnis zwischen Guardiola und Müller-Wohlfahrt von Misstrauen geprägt.

Doch der Klub-Arzt ist eben nicht einfach nur ein austauschbarer Onkel Doktor, sondern arbeitete seit 1977 für den Verein. Er behandelte schon Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und natürlich auch Rummenigge als sie noch Spieler des FC Bayern waren, sowie jede Menge Weltstars aus Sport und Kultur. Stets loyal zum Verein erlangte "Mull", wie ihn die Spieler nennen, aufgrund seiner Behandlungserfolge über die Jahre Weltruhm. Für die Fans gehörte er zum Klub wie die Bayern-Raute im Vereinswappen. Sie kennen gar keinen anderen Bayern-Arzt als Müller-Wohlfahrt.

Daher schlägt dessen plötzlicher Rücktritt auch so hohe Wellen. Es scheint, als habe Guardiola mit seinem ständigen Misstrauen Müller-Wohlfahrt mürbe gemacht und Rummenigge in der Kabine des Estadio do Dragao in Porto dem Arzt den Rest gegeben. Gut möglich, dass alle aus Frustration über die Pleite und die personelle Gesamtsituation über das Ziel hinausgeschossen sind. Doch jetzt ist es zu spät.

Der Rückhalt bröckelt

So treibt die momentane Situation einen gewaltigen Keil in den gesamten Verein und dessen Umfeld. Die Fans sind geteilter Meinung, die Mitarbeiter und das kickende Personal hin- und hergerissen: Viel schlimmer kann es fast nicht mehr kommen.

In den sozialen Medien gehen die Bayern-Fans in der Beurteilung des Vorfalls verbal aufeinander los. Die FCB-nahe "tz" lässt in ihrer Online-Ausgabe darüber abstimmen, ob Guardiola überhaupt noch der richtige Trainer für Bayern sei. Gerade noch 50 Prozent antworteten mit "Ja", die andere Hälfte wünscht sich bereits einen anderen Coach (Stand 18. April). Werte, die vor kurzem noch undenkbar gewesen wären.

Außerdem hat Müller-Wohlfahrt in den vergangenen 37 Jahren seiner Tätigkeit viele Freunde im Verein gewonnen. All diese Klub-Angestellten leiden nun still mit ihm, öffentlich zeigen dürfen sie es natürlich nicht.

Müller-Wohlfahrt bleibt DFB-Arzt

Und dann ist da natürlich noch die Mannschaft. Sie hat vollstes Vertrauen zu Müller-Wohlfahrt. Das geht sogar so weit, dass Arjen Robben, damals seine Vertragsverlängerung in München ein Stück weit davon abhängig gemacht hat, ob der 72-Jährige ihn weiterhin betreut. Schließlich war es der Arzt, der Robben von einer extremen Verletzungsanfälligkeit und dem Image des "Glasknochens" befreite.

Da es in Deutschland freie Arztwahl gibt, werden sich Robben und Kollegen auch in Zukunft von Müller-Wohlfahrt behandeln lassen. Zumal er immer noch für die deutsche Nationalmannschaft tätig ist.

Für Boateng, Schweinsteiger und Co. steht also fest, dass sie von jenem Arzt untersucht werden, dem sie vertrauen, dem der Trainer aber nicht vertraut. Dabei ist wiederum ein Vertrauensverhältnis zwischen Spieler und Trainer eine wichtige Basis für gemeinsamen Erfolg. Schwer vorstellbar, dass so eine Konstellation auf Dauer gut gehen kann.

Unruhe zur Unzeit

Wie tief der Frust bei Müller-Wohlfahrt sitzen muss, zeigt vor allem der Zeitpunkt seines Rücktritts. Mitten in der heißen Phase sorgt er für diesen Eklat, wohlwissend dass er damit den Erfolg einer ganzen Saison gefährdet. Damit wird auch klar, wie wenig in letzter Zeit miteinander kommuniziert worden ist.

Kein gutes Zeugnis für alle Beteiligten in verantwortlicher Position, die immer wieder gebetsmühlenartig verkündet hatten, wie wunderbar doch alles bei diesem Klub sei. Wie aus dem Nichts steht der Verein ausgerechnet in den Endspiel-Wochen so gespalten wie schon lange nicht mehr da. Es ist zwar hypothetisch, aber mit Hoeneß am Ruder hätte es so eine Situation wohl kaum gegeben.

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