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SV Darmstadt 98: Bundesliga, freu dich aufs Böllenfalltor


Hommage an eine Stadionperle
Bundesliga, freu dich aufs Böllenfalltor

t-online, Sebastian Schlichting

Aktualisiert am 28.05.2015Lesedauer: 3 Min.
Ein Fußball-Tempel aus einer längst vergangenen Zeit: das Merck-Stadion am Böllenfalltor in Darmstadt.Vergrößern des BildesEin Fußball-Tempel aus einer längst vergangenen Zeit: das Merck-Stadion am Böllenfalltor in Darmstadt. (Quelle: Jan Huebner/imago-images-bilder)
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Von Sebastian Schlichting

Mein erster Besuch am Böllenfalltor war eine enge Angelegenheit. Ich war für eine Berliner Zeitung vor Ort, Hertha BSC spielte im September 2006 vor prächtiger Kulisse im DFB-Pokal beim damaligen Drittligisten SV Darmstadt 98. Auf das Mini-Pult am Mini-Presseplatz passte entweder ein Laptop oder ein Notizblock. Die Sache mit dem Laptop hatte sich schnell erledigt, da es keinen Stromanschluss gab. Meine Texte schrieb ich später hinter den Trainerbänken auf einem Stuhl im Innenraum, nur dort kam eine halbwegs stabile Internetverbindung zustande. Es dämmerte schon. Ich blickte auf die unüberdachte Stehplatz-Gegengerade und wusste endgültig: DAS ist ein Fußballstadion. Ein Fußballstadion, wie es sein sollte.

Anderthalb Jahre später, ein frostiger Februar-Dienstag. Das Flutlicht leuchtete weithin sichtbar. Die Lilien, inzwischen Viertligist, steckten in riesigen finanziellen Schwierigkeiten, 50 Leute waren zum Testspiel gegen den KSV Klein-Karben gekommen. Die menschenleere Gegengerade versprühte immer noch die Schönheit des Vergangenen – was sie bis heute tut. Wie das gesamte "Bölle". Das macht dieses Stadion so besonders. Egal ob ausverkauft oder mit 50 Zuschauern.

Ab Sommer wird hier nach 33 Jahren wieder Bundesliga gespielt, die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat bereits Zustimmung signalisiert. Ein Traum für jeden, der Fußball auch ohne Logen, verschließbare Dächer und Plastik-Bezahlkarten schätzt. In der abgelaufenen Zweitliga-Saison schwärmten Gäste-Fans stets von ihren Besuchen in Darmstadt. Von diesem Stadion ohne jeglichen Komfort, aber mit ganz viel Charme. Ähnlich wie einst der Bieberer Berg in Offenbach oder das Georg-Melches-Stadion in Essen. Beide gibt es im Ur-Zustand nicht mehr. Andere Stadionperlen wie der Alsenweg in Mannheim oder das Südweststadion in Ludwigshafen führen ein Schattendasein. Das Böllenfalltor lebt. Mehr denn je.

Steinstufen, DIXI-Klos und staubige Wege

Ein Tempel mit 16.500 Plätzen, sagen Fußball-Romantiker, die allein beim Namen - einer Kombination aus den dort stehenden Pappeln (genannt Böllen) und einem früher existierenden Stadttor - jubilieren: Ordner, die am Eingang mit einer Metallzange die Karte abknipsen statt Drehkreuze. Stehplätze mit Steinstufen in den Kurven statt Schalensitze. DIXI-Klos, staubige Wege, ein Kabinentrakt, den die "Frankfurter Rundschau" jüngst mit einem Luftschutzbunker verglich, nur 4000 überdachte Plätze - die Liste ließe sich fortsetzen.

Es fehlt an so ziemlich allem, was Freunde der modernen Errungenschaften in den neugebauten Arenen schätzen. Aber das Wesentliche ist auch, oder erst recht, in diesem Stück Fußball-Zeitgeschichte aus dem Jahr 1921 möglich: Spiel anschauen, Bratwurst essen und ein Bier trinken.

Jeder, der ein Foto sieht, sagt sofort: Böllenfalltor

Für den Verein ist das Stadion ein "enormer Wettbewerbsnachteil", wie Vizepräsident Markus Pfitzner kürzlich im Interview mit www.t-online.de sagte. Ein Neubau ist geplant. 2014 bekam es bereits einen Firmennamen als Zusatz. Auch Darmstadt 98 muss zumindest ein wenig mit der Zeit gehen. Aber der alte Name ist trotzdem erhalten geblieben. Nicht selbstverständlich, wenn schon Fünftligisten inzwischen zum Teil in "Sponsorennamen-Arenen" auflaufen.

Lassen wir mal - auch wenn es im Fußball heute schwer ist - das Finanzielle für einen Moment außen vor. Dann steht das Stadion (im Moment noch) für all jene Dinge, die Fans inzwischen oft vermissen: Tradition, Ursprünglichkeit, Fußball ohne Firlefanz. Jeder, der ein Foto sieht, sagt sofort: Böllenfalltor. Unverwechselbar! Das trifft nicht mehr auf viele Stadien im deutschen Profi-Fußball zu.

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