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So will Zorniger den VfB Stuttgart umkrempeln


Revolution beim Traditionsklub
So will Zorniger den VfB Stuttgart umkrempeln

Von t-online
04.07.2015Lesedauer: 4 Min.
Alexander Zorniger gibt künftig beim VfB Stuttgart die Richtung vor.Vergrößern des BildesAlexander Zorniger gibt künftig beim VfB Stuttgart die Richtung vor. (Quelle: imago/Pressefoto Baumann)
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Von Johann Schicklinski

Mit dem Trainingsstart am 29. Juni begann beim VfB Stuttgart eine neue Zeitrechnung. Der schwäbische Traditionsklub hat nach zwei desaströsen Jahren mit mehr als nur einem blauen Auge für die kommende Saison nur ein Ziel: eine sorgenfreie Spielzeit erleben.

Großer Hoffnungsträger beim Deutschen Meister von 2007 ist dabei Alexander Zorniger. Vom neuen Trainer, der als Assistent von Markus Babbel schon einmal bei den Schwaben war, wird einiges verlangt. Nicht nur, den VfB in ruhiges Fahrwasser zu führen. Der 47-Jährige soll vielmehr den Stuttgarter Fußball revolutionieren – nicht nur bei den Profis, sondern im kompletten Klub. Bis hin zur D-Jugend. Er soll dem Verein ein neues, dauerhaftes Gesicht geben.

Breite Brust zum Amtsantritt

Eine Herkules-Aufgabe – die der neue Mann, der als Spieler nie Profi war, mit enormen Selbstvertrauen angeht. "Ich freue mich darauf, weil ich die Chance habe, hier den Fußball umzusetzen, den ich mir vorstelle", sagte der gebürtige Schwabe bei seiner Vorstellung in Stuttgart. "Das ist der nächste Step für mich, das ist der VfB Stuttgart."

Die breite Brust ist ein Markenzeichen von ihm. Als er 2012 beim ambitionierten "Brause-Klub" RB Leipzig, damals noch Viertligist, vorgestellt wurde, gab er zu Protokoll: "Wenn ich mir nicht zutrauen würde, Leipzig in die Bundesliga zu führen, wäre ich gar nicht hier."

Differenzen mit Rangnick

Der vorher als Trainer-Nobody geltende Zorniger hielt Wort und schaffte, woran namhaftere Coaches vorher gescheitert waren: Den Durchmarsch von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga. Dort war seine Mission am 20. Spieltag der letzten Saison beendet, Zorniger trat zurück.

Es gab Berichte über Differenzen zwischen Zorniger und RB-Sportdirektor Ralf Rangnick, die in zentralen Punkten hinsichtlich der Entwicklung bei RB weit auseinander gelegen haben sollen.

Zornigers wird neben seiner selbstbewussten Art auch eine gewisse Dickköpfigkeit und ein Hang, Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen, nachgesagt. Deshalb ist wahrscheinlich, dass das Alpha-Tier Rangnick dem Alpha-Tier Zorniger reinreden wollte – und dabei auf taube Ohren stieß. Dem Bruch folgte die Trennung, Zorniger war somit auf dem Markt, der VfB schnappte zu.

"Es wird wild sein"

Zorniger soll den siechenden Schwaben nun das Element vermitteln, für welches sein Name seit der Zeit in Leipzig steht: Hochgeschwindigkeitsfußball. Für das laufintensive System müssen alle Spieler topfit sein, schließlich soll der Gegner durch permanentes Pressing zu Fehlern gezwungen werden. Hat sein Team den Ball erobert, will Zorniger, dass es blitzschnell umschaltet und das Spiel in Richtung gegnerischen Strafraum treibt.

"Fehler sind ein subtiles Mittel, um den Gegner in Sicherheit zu wiegen", erklärte er bei seiner Vorstellung in Stuttgart. "Dann müssen wir unsere Jungs loslassen. Das bedeutet, dass wir eine Menge mit Geschwindigkeit arbeiten. Es wird wild sein, es wird da draußen auch zur Sache gehen."

"Geschwindigkeit geht über alles"

Dieses fußballerische Ideal hatte er bereits, als er 2012 die Prüfung zum Fußballlehrer als Jahrgangsbester abschloss. "Auf dem Lehrgang hieß das Motto: 'Sauberkeit vor Geschwindigkeit'", so Zorniger damals. "Bei uns ist es andersherum: Geschwindigkeit geht über alles. Das ist so klar wie eine frisch geputzte Fensterscheibe und alternativlos."

Die Komponente Geschwindigkeit ist beim VfB bereits vorhanden, findet Zorniger: "Wir sind eines des schnellsten Teams der Bundesliga." Als Spielsystem schweben dem 47-Jährigen - je nach Gegner und Ausrichtung - ein 4-3-1-2 sowie ein klassisches 4-4-2 vor.

"In der Offensive eine ganze Menge Qualität"

Im Endspurt der letzten Saison, als der VfB gerade noch einmal den Kopf aus der Schlinge zog, hat die Elf gezeigt, dass sie im Angriff große Qualitäten hat. Mit pfeilschnellen Spielern wie Ginczek, Harnik, Kostic oder Didavi trat das Team nicht wie ein Abstiegskandidat auf. Diese Basis will Zorniger nun nutzen und ausbauen. "Wir haben in der Offensive eine ganze Menge Qualität. Wir wollen mit klarer Zentrumsorientierung unsere Schnelligkeitsvorteile nutzen und mit viel Geschwindigkeit spielen."

Dass Stuttgart in den letzten Jahren so oft um den Klassenerhalt bangen musste, lag hauptsächlich an der instabilen Defensive, der keiner der vielen Trainer Halt verleihen konnte. Hier will Zorniger den Hebel ansetzen. Auch wenn noch nicht feststeht, welche Spieler ihm in der VfB-Abwehr letztlich zur Verfügung stehen werden, hat er an das vorhandene Personal bereits klare Vorgaben gerichtet: besseres Zweikampfverhalten, Vermeiden von Fehlern im Spielaufbau, klare Vorgaben im Positionsspiel, um die Zahl der Stellungsfehler zu minimieren.

Dutt: Spielkonzeption für den ganzen Klub

Zorniger soll sein System nicht nur seiner neuen Mannschaft vermitteln. Laut Sportdirektor Robin Dutt soll die vom Cheftrainer entwickelte Spielkonzeption identitätsstiftend für alle Mannschaften im Klub werden. Geplant ist, dass Zorniger den Jugendtrainern regelmäßige Fortbildungen erteilt und für diese Ansprechpartner ist. "Er steht für die Art von Fußball, für die künftig auch der VfB Stuttgart stehen soll", so Dutt, dem ein "neuer VfB" vorschwebt, der für "Mentalität, Emotionalität und Aktivität" steht. Zorniger, so der Sportdirektor, sehe das genauso.

Ebenso klare Regeln wie auf dem Platz gibt Zorniger auch außerhalb des Feldes vor. Händeschütteln zur Begrüßung, kein Musikhören über Kopfhörer auf dem Weg zu Spielen, gemeinsames Essen, Smartphone-Verbot bei Teammeetings und anderen Veranstaltungen, bei denen die Mannschaft geschlossen auftritt.

Die vielen Vorgaben – sowohl auf dem Fußballplatz als auch innerhalb der Kabine - bergen auch Gefahr für Zorniger. Er ist darauf angewiesen, dass seine Spieler ihm folgen und Anweisungen nicht hinterfragen. Der neue Coach hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er von seinen Vorstellungen so gut wie nie abrückt. Bei seiner ersten Trainingseinheit in Stuttgart prophezeite er seinen Profis, sie werden ihn "noch kennenlernen". Sollte er anecken oder aber Schlüsselspieler ziehen nicht mit, so ist das Projekt Zorniger beim schwäbischen Traditionsklub zum Scheitern verurteilt.

Das ist allerdings noch weit weg, aktuell herrscht in Bad Cannstatt Aufbruchstimmung. Die Vorschlusslorbeeren auf Zorniger sind groß. Trotz der schlechten letzten Jahre ist das Anspruchsdenken rund um den Klub immer noch hoch. Der neue Mann befeuert diese zarte Euphorie. Ziel sei es, so Zorniger, nach einem Konsolidierungsjahr oben anzugreifen: "Es ist immer das Wichtigste, sein Maximum zu erreichen. Daran orientiere ich mich." Und daran wird er gemessen werden.

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