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Pep Guardiola und FC Barcelona: Beziehung ist abgekühlt


"Zu viele Dinge geschehen"
Die Beziehung zwischen Pep und Barca ist abgekühlt

Von t-online
Aktualisiert am 04.05.2015Lesedauer: 5 Min.
Pep Guardiolas Abgang beim FC Barcelona war geprägt von Meinungsverschiedenheiten.Vergrößern des BildesPep Guardiolas Abgang beim FC Barcelona war geprägt von Meinungsverschiedenheiten. (Quelle: dpa-bilder)
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Aus Barcelona berichtet Florian Haupt

Eine Geschichte über Pep Guardiola mit José Mourinho zu beginnen, mag nicht nach dem idealen Einstieg klingen. Die beiden Trainerikonen verbindet schließlich eine archetypische Rivalität. Aber Mourinho hat vor vielen Jahren mal einen Satz gesagt, der auch die anstehende Champions-League-Partie zwischen dem FC Barcelona und Bayern München trefflich charakterisiert: "Das Spiel beginnt mit der Pressekonferenz davor."

Nie, nicht einmal bei den polemischen Besuchen Mourinhos, der ja nicht nur der Lieblingsfeind Guardiolas ist, sondern auch des ganzen FC Barcelona, wurde der Tag vor dem Spiel so sehr erwartet. Dann wird Guardiola wieder in dem holzvertafelten Pressesaal des Camp Nou Platz nehmen. So wie hunderte Male zuvor, damals, als er noch nicht die Bayern trainierte, sondern eben den FC Barcelona.

Mystische Verbindung

Er hat ihnen von diesem Podium den Fußball erklärt und manchmal auch die Welt. Und sie haben ihm zugehört, ihn bewundert, viele im Pressesaal und viele mehr an den Radios und Fernsehern. Guardiola und der FC Barcelona, das war eine einmalige Symbiose. Weil er alle Stufen im Verein durchlief, vom Balljungen über den Nachwuchsspieler zum Profi und Trainer. Weil er als Spieler das zweite Gehirn von Johan Cruyff war, dem anderen Klubheiligen, und weil er als Trainer dessen Werk vollendete. Und weil es da eine quasi mystische Verbindung gab zwischen ihm und Katalonien. Weil sie in ihm so etwas wie die Essenz der besten Eigenschaften dieser Nation sahen. Den Spiegel, in dem man sich selbst am liebsten betrachtete.

Jetzt muss man gegeneinander spielen, es hilft ja nichts. Die noch offene Frage ist, für wen das eigentlich schwieriger ist. Für ihn, der ihn seine Vergangenheit zurückkehrt und gezwungen ist, diese besiegen zu wollen. Oder für die vielen, denen es bis heute wehtut, dass er sie verlassen hat. Wäre Barcelona nicht gerade in einem euphorischen Moment, mit guten Aussichten auf den Gewinn des Triple, die Nostalgie würde so manchen womöglich verzehren. Doch so sind zumindest die sportlichen Fronten des Wiedersehens geklärt: Im vierten Jahr seit dem letzten Champions-League-Sieg, noch mit Guardiola auf der Bank, sehnt sich die Anhängerschaft vor allem nach dem Finale.

Debatten sind leiser geworden

Das weiß natürlich auch die lokale Presse, die das Lebensgefühl dieser Anhänger täglich zum Ausdruck zu bringen versucht. Und die gar nicht erst heuchelt, den Ausfall von Arjen Robben zu bedauern oder die gedrückte Stimmungslage in München wegen des Pokal-Aus' gegen Borussia Dortmund. "Pep wird nervös", titelte "Sport", nachdem der Trainer am Tag nach dem Elfmeter-Debakel ein geplantes Treffen mit spanischen Sportreportern absagte. "Pep bleibt nervös", ergänzte sie, nachdem er wegen dessen eher harmloser Stichelei gegen BVB-Kapitän Kehl nachtrat.

8:0 gewann Barcelona in Córdoba. Knapp drei Jahre nach Guardiolas Abgang – verkündet nach einem Champions-League-Aus im Halbfinale gegen Chelsea – schaut der Klub wieder nach vorn. Das ist keineswegs selbstverständlich. Unter Guardiolas direktem Nachfolger Tito Vilanova, seinem vorherigen Assistenten, dessen Nachfolger Tata Martino und selbst noch in dieser Hinserie unter Luis Enrique wurde jedes Spiel mit dem Skalpell seziert und daraufhin abgeklopft, ob es den von Pep gesetzten Maßstäben standhielt. Erst seit die Mannschaft dank einer Leistungsexplosion im neuen Jahr von Sieg zu Sieg eilt und dabei sogar etliche Bestmarken aus der Guardiola-Zeit überbietet, sind die Debatten leiser geworden. Der Schatten des Abtrünnigen scheint kleiner zu werden; erstmals etwas wirklich Neues herangewachsen zu sein auf dem Rasen des Camp Nou.

"Werden Pep mit allen Ehren empfangen"

Das beruhigt auch das Umfeld des Vereins mit seiner historischen Spaltung in zwei Lager, die auf die Trennung zwischen dem Trainer Johan Cruyff und dem damaligen Präsidenten Josep Lluís Núñez in den 1990er Jahren zurückgeht. Guardiola gehört – schon aufgrund seiner persönlichen Verbindung – zu den "Cruyffistas". Im Präsidium des Vereins regiert seit 2010 jedoch die andere Faktion. Hätte sie Guardiola besser behandelt, wäre der womöglich nie gegangen, so der unausgesprochene Vorwurf seiner Anhänger. Umgekehrt wird diesen, zumeist ähnlich verklausuliert, eine falsche Romantisierung der Pep-Jahre unterstellt; eine Überhöhung seiner Bedeutung für die erfolgreichste Epoche der Vereinsgeschichte.

"Wir werden Pep empfangen, wie er es verdient: mit allen Ehren", kündigte nun Klubchef Josep Maria Bartomeu an. Der Funktionär bemüht sich, auch wegen der im Sommer anstehenden Präsidentschaftswahlen, um eine Rolle als Friedensstifter und hat die Hand zu den Cruyffistas ausgetreckt. Zuletzt zierte sich Guardiola jedoch noch, sie anzunehmen. Als er vor zwei Monaten beim Champions-League-Spiel gegen Manchester City erstmals wieder im Camp Nou aufschlug, gab er dem Besuch rein privaten Charakter. Eine Einladung auf die Ehrentribüne lehnte er ab, vermied auch sonst jeden offiziellen Kontakt und verfolgte die Partie unter den normalen Fans.

Wollte Barca Guardiola schaden?

Guardiola ist ein stolzer Mann, der viel Wert auf Loyalität legt. Einer, der "nicht vergessen wird", wie er im Sommer 2013 selbst sagte, als er kurz nach Dienstantritt bei den Bayern zu einer Brandrede gegen den damaligen Präsidenten Sandro Rosell und dessen Riege – mit Bartomeu als Vize – anhob. Bei seinem Abschied habe er eine Linie markiert – "Ich gehe ohne Vorwürfe, aber lasst mich in Frieden" –, doch danach "sind zu viele Dinge geschehen, in denen sie die Linie überschritten haben."

Vor allem habe der Verein die Krebskrankheit seines Ex-Assistenten und Nachfolgers Tito Vilanova benutzt, um "mir zu schaden". Er bezog sich dabei auf Berichte, er habe seinen alten Freund nie besucht, als dieser zur Tumorbehandlung in New York weilte, während Guardiola dort sein Sabbatical verbrachte. Vilanova selbst bestätigte allerdings diese Berichte: "Er hielt es wohl für besser, wenn wir uns nicht sähen. Er war mein Freund, ich hätte ihn gebraucht." Guardiola hatte seinem ehemaligen Vize offenbar nicht verziehen, dass er die Zusammenarbeit mit ihm beendete, um das Angebot des Klubs anzunehmen, ihm nachzufolgen. Später kam es zu einer Aussprache, aber die Freundschaft wurde nie wieder belebt. Bei Vilanovas Beerdigung 2014 fehlte Guardiola. Angeblich soll ihn die Witwe darum gebeten haben, fernzubleiben.

Ein Vorbild für Luis Enrique

Es ist also nicht alles nur Romantik, zwischen Guardiola und dem FC Barcelona, und es ist niemand ein Heiliger, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Auch auf Basis dieser Einsicht scheinen Klub und Umfeld allmählich dazu bereit, Guardiola dort unterzubringen, wo er zumindest bis zu einer eventuellen Rückkehr nun mal hingehört: in die Vereinschronik, und da ganz weit oben. Die aktuellen Erfolge und der Umstand, dass Luis Enrique einerseits durchaus anderen Fußball spielen lässt als Guardiola, diesen andererseits aber als Freund und Vorbild bezeichnet, helfen dieser Aussöhnung. Alle finden sich irgendwie wieder: diejenigen, die eine enge Orientierung am Erbe Guardiolas verlangen, wie solche, die immer für eine Emanzipation plädierten.

Welche Botschaft wird er also senden, auf der Pressekonferenz am Dienstag? In seinen ehemaligen Klub hinein, aber auch für das Spiel? Mourinho bezog seine Bemerkung damals auf die Kunst der psychologischen Kriegsführung. Doch in Barcelona mögen sie sich nicht vorstellen, dass Guardiola gegen seinen Herzensverein zu solchen Mitteln greifen würde. Nicht bei allem, was man zusammen durchgemacht hat.

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