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Champions League: So macht sie 2016 keinen Sinn mehr


So ergibt das keinen Sinn mehr
Deshalb muss die Champions League reformiert werden

Von t-online
Aktualisiert am 06.12.2016Lesedauer: 4 Min.
Sergio Aguero von Manchester City (li.) im Duell mit Neymar vom FC Barcelona.Vergrößern des BildesSergio Aguero von Manchester City (li.) im Duell mit Neymar vom FC Barcelona. (Quelle: AFLOSPORT/imago-images-bilder)
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Ein Kommentar von Florian Haupt

Was für eine Woche hätte das werden können. Die laut Ranking zweitbeste Liga, Deutschland, fordert die beste, Spanien, in drei direkten Champions League-Duellen heraus.

Bayern München gegen Atletico Madrid, Barcelona gegen Mönchengladbach, Real Madrid gegen Dortmund – letzte Runde des Jahres, Runde der Entscheidung. Die besten Fußballer der Welt unter dem gleißenden Flutlicht großer Europacup-Abende.

Real lieber Zweiter als Erster?

In Wirklichkeit wird man wohl heute in Barcelona weder Lionel Messi und Neymar sehen noch in München Antoine Griezmann oder Robert Lewandowski – denn in beiden Spielen geht es sportlich um nichts. Nada, nullkommanull. Mit ein bisschen Glück wird es dann am Mittwoch immerhin für Cristiano Ronaldo und Pierre-Emerick Aubameyang reichen – wenn die Trainer Zinédine Zidane und Thomas Tuchel der Meinung sind, dass es sich lohnt, um den ersten Gruppenplatz zu kämpfen. Die Setzregeln für die nächste Runde könnten insbesondere Real auch nahelegen, dass es diesmal besser wäre, als Gruppenzweiter weiterzukommen.

Spannung? Fehlanzeige!

Der letzte Europacup-Spieltag vor Weihnachten, jahrelang eine Höhepunkt des Fußball-Kalenders, wird zum Anti-Klimax – stellvertretend für einen Wettbewerb, der darauf angelegt ist, Spannung zu verhindern. Wie Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern und als Vorsitzender der europäischen Klubvereinigung mächtigster Vereinsfunktionär des europäischen Fußballs, angesichts seines Plädoyers für noch spezifischere Setzlisten in der K.-o.-Runde voriges Frühjahr so schön darlegte: "Ich muss offen und ehrlich sagen: Irgendwann reicht es mir mit dem Schicksal."

Was die Vorrunde – also die komplette erste Saisonhälfte – angeht, ist das Ziel ja längst erreicht: Das Schicksal steht, wollte es wirklich eingreifen, vor einer unüberwindlichen Mauer aus Startplatzregeln, Setzsystem und Geldverteilung. Die laufende Saison der Bayern illustriert die Lage ganz gut. Sie haben eine eher schwache Gruppenphase abgeliefert – und sind trotzdem längst für das Achtelfinale qualifiziert.

Zu viel für das Schicksal

Die Münchner haben bei Atlético Madrid verloren (0:1) und in Russland bei FK Rostow (2:3). In Russland zu verlieren, bei einem Vertreter der laut UEFA-Rangliste sechstbesten Liga des Kontinents – wäre früher mal im Rahmen des Erwartbaren gewesen; doch die Niederlage der Bayern war angesichts von 23:7 Torschüssen nicht nur ungewöhnlich, sie galt geradezu als blamabel. Was sich wiederum dadurch erklärt, dass die Münchner einen Kader von 582,25 Millionen Euro Marktwert unterhalten, Rostow aber nur einen von 43,90 Mio. (Zahlen: transfermarkt.de). Um freilich ernsthaft in die Nähe eines Ausscheidens zu kommen, hätten die Bayern auch noch gegen die PSV Eindhoven (112,55 Mio.) verlieren müssen – zu viel für das Schicksal.

In der Champions League ist es wie in vielen nationalen Ligen: Es spielt zusammen, was nicht mehr zusammen gehört. Wie soll ein Verein mit einem zehnfach geringeren Umsatz ernsthaft auf Augenhöhe antreten? Wo ist da der sportliche Wettkampf? Die Vorrunde und selbst noch etliche Achtelfinal-Partien gleichen einem 100-Meter-Sprint, bei dem manche von Meter 20 starten und andere von Meter 80.

Die üblichen Verdächtigen

Also stehen vor dem letzten Spieltag bereits zwölf von 16 Achtelfinalisten fest. Neben den Münchnern sind auch die anderen üblichen Verdächtigen darunter: Real, Atlético und Barca, Dortmund, Juventus, PSG, Arsenal, Manchester City. Der FC Bayern hat zuletzt 2009 bis zur letzten Partie um die K.-o.-Runde bangen müssen. In der Vorrunde ausgeschieden ist er zuletzt 2003. Bei Barcelona war es 2000, bei Arsenal 1999 und Real Madrid scheiterte im aktuellen Modus noch nie in der Gruppenphase.

Dieser überschaubare Spannungsfaktor wird sich künftig wohl noch weiter reduzieren. Ab der Saison 2018/19 sollen die vier stärksten Ligen – Spanien, Deutschland, England, Italien – nicht nur von je vier festen Startplätzen profitieren (sie können damit theoretisch alle 16 Achtelfinalisten stellen), sondern auch von einer noch einseitigeren Verteilung der Einnahmen. Schon jetzt sorgt ein sogenannter "Market Pool" für eine gehörige Privilegierung der Vereine aus den Ländern mit großen TV-Märkten. So erhielt vorige Saison etwa das im Achtelfinale ausgeschiedene Juventus rund 40 Millionen Euro mehr als das erst im Viertelfinale gescheiterte Benfica Lissabon.

Europaliga wäre nur logisch

Bei diesem Status Quo – wäre da eine echte Europaliga wirklich das Schreckgespenst, als das sie oft dargestellt wird? Der Fußball sollte sich dieser Debatte ehrlich stellen, denn alles, was die Gegner eines kontinentalen Super-Championats reflexartig beklagen – Ultra-Kommerzialisierung, Verlust von Tradition, Entwertung nationaler Ligen, "Diktatur" der Megaklubs –, ist zu großen Teilen ja sowieso schon eingetreten. Mit einer Europaliga gäbe es vielleicht wenigstens einen Wettbewerb, der den realen Verhältnissen auf dem Kontinent – gemeinsamer Markt – auch in der bedeutendsten Sportindustrie Rechnung trägt: durch einen gemeinsamen Fußball-Markt.

Auf so einem könnte es möglich sein, durch intelligente Umverteilung auch Klubs aus kleineren Ländern wieder echte Möglichkeiten zu bieten anstatt bloß eine institutionalisierte Opferrolle wie bei Amateurvereinen im DFB-Pokal. Das 0:7 von Celtic Glasgow bei Barcelona am ersten Spieltag etwa musste jeder geschichtsbewusste Fußball-Fan als Entwürdigung empfinden. Den einstigen Europapokal der Landesmeister hatte Celtic mal gewonnen. Doch mittlerweile entscheidet allein das Geburtsrecht über die Titelchancen in der Champions League. Nur wer aus einem Land mit großem TV-Markt kommt, darf von dem Ziel träumen, das im Sport eigentlich jedem Starter zustehen sollte – den Wettbewerb, in dem er antritt, auch zu gewinnen.

Das Problem einer Europaliga wäre nicht, dass alle Traditionen des Fußballs wegfallen müssten: Ein Auf- und Abstiegssystem wäre ja machbar. Ebenso könnten die Teilnehmer weiter im nationalen Pokal starten oder sich in einem Kurz-Turnier mit den besten Klubs der heimischen Ligen messen. Wirklich auf dem Spiel stünde etwas anderes: die aktuelle Dominanz einiger weniger Klubs. Doch da selbst deren Fans sich bei der ewigen Aneinanderreihung von einfachen Siegen allmählich langweiligen, wäre es wohl an der Zeit für echte Reformen.

Der Europacup von früher oder ein Europacup der Zukunft: Das sind die Alternativen. Der von jetzt verkauft den Fußball zu deutlich unter Wert.

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