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Christian Heidel: "Leipzig-Modell ist in Mainz nicht möglich"


Christian Heidel im Interview
"Ein Modell wie in Leipzig ist in Mainz nicht möglich"

Von t-online
Aktualisiert am 12.07.2015Lesedauer: 5 Min.
Christian Heidel rechnet zukünftig mit einem noch größeren Konkurrenzkampf in der Bundesliga.Vergrößern des BildesChristian Heidel rechnet zukünftig mit einem noch größeren Konkurrenzkampf in der Bundesliga. (Quelle: MIS/imago-images-bilder)
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Seit 1992 gehört Christian Heidel dem Vorstand des FSV Mainz 05 an. Damit ist er der dienstälteste Manager der Bundesliga. Im Interview mit t-online.de spricht der 52-Jährige über die Strategie seines Klubs und die Schwierigkeit konkurrenzfähig zu bleiben.

t-online.de: Herr Heidel, die neue Saison steht vor der Tür. Wie lautet die Zielsetzung?

Christian Heidel: Die Zielsetzung ist auch im zehnten Bundesligajahr unverändert: Wir wollen auch in der Saison 2016/2017 Bundesliga spielen. Innerhalb einer Saison können sich dann Ziele verändern.

Immer mehr finanzstarke Klubs drängen in die Bundesliga. RB Leipzig wird schon bald im Oberhaus erwartet. Fürchten Sie, dass es für Mainz immer schwerer wird, die Klasse zu halten.

Natürlich fürchte ich das.

Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Es wird immer schwieriger für uns, in der Bundesliga mitzuhalten. Wir dürfen uns noch weniger Fehler erlauben als bisher. Vor allem bei der Zusammensetzung der Mannschaft brauchen wir ein gutes Händchen. Geld schießt keine Tore, es erhöht aber die Möglichkeit auf Erfolg dramatisch.

Wie wollen Sie langfristig konkurrenzfähig bleiben?

Wir haben bei Spielertransfers schon immer die Politik, günstig einzukaufen und teuer zu verkaufen. Wir haben die Einnahmen aber nie komplett in die Mannschaft investiert, sondern auch in die Infrastruktur. Das Stadion hat 54 Millionen Euro gekostet und ist bis auf 23 Millionen Euro bezahlt. Ist es komplett abbezahlt, haben wir größeren finanziellen Spielraum für Personal. Unser Ziel bleibt es, geschickt einzukaufen um gut verkaufen zu können und den Verein Schritt für Schritt weiterentwickeln.

In der Etatrangliste werden Sie vermutlich nie oben reinschnuppern.

Wenn die Top-Vereine mit einem Gehaltsetat von um die 100 Millionen Euro planen, haben wir mit unseren 25 Millionen viel Luft nach oben.

Und sind trotzdem in Schlagdistanz…

Sportlich ja, wirtschaftlich nein. Wir müssen uns da aber immer weiter durchschlängeln. So wie Augsburg beispielsweise auch.

Der FC Augsburg hatte diese Saison eine ähnliche Rolle wie Mainz 05 vor zwei Jahren.

Sie machen das brillant. Vor der Leistung ziehe ich den Hut und ich freue mich wirklich, dass sie es als kleiner Klub in die Europa League geschafft haben.

Kommen jetzt schwere Zeiten auf den FCA zu?

Davon können Sie ausgehen. Sie stehen ja da oben, weil sie irgendetwas richtig gut machen. Manager, Trainer und Spieler sind jetzt umgarnt. Auch für die Augsburger wird es immer schwerer, die Leistungsträger zu halten. Wenn die finanzstarken Klubs anfragen, folgen die Spieler meistens dem Geld. Das ist nachvollziehbar. Auch für den FCA wird es sehr schwer werden, Leistungsträger zu halten.

Kann die Europa-League-Teilnahme für Augsburg denn auch hilfreich sein?

Da fragen sie den Richtigen (lacht). Wir waren dreimal dabei in neun Bundesligajahren, aber immer überschaubar kurz. Es ist die Auszeichnung für eine tolle Saison des FC Augsburg. Das große Geld kann man da allerdings nicht verdienen und der Aufwand ist für einen kleinen Klub ungeübter Wahnsinn. Nur wer in der Königsklasse spielt, kann wirklich viel Geld verdienen. Da muss sich die UEFA Kritik gefallen lassen. In meinen Augen gehört die Europa League aufgewertet. Nur wenn sie näher an die Champions League ranrückt, wird sie auch attraktiver. Wer in den Top-Ligen Platz drei oder vier belegt, sollte in der Europa League spielen. Was meinen Sie, was in Augsburg los wäre, wenn da Manchester United aufliefe? Solche Gegner locken Zuschauer und Sponsoren an. Das würde den Wettbewerb richtig aufwerten

Jetzt greifen viele Top-Vereine auch schon im Nachwuchsbereich mit großen Summen an. Sogar Bayern München lockt junge Talente wie Sinan Kurt und Joshua Kimmich.

Das ist völlig legitim. Die Bayern versuchen jetzt früh, die jungen deutschen Talente an den Klub zu binden. Das liegt sicherlich auch daran, dass aus dem Nachwuchs zuletzt nicht so viel kam. Ob ein Wechsel zum FC Bayern in jungen Jahren gut ist für einen Spieler, ist ein anderes Thema. Trotzdem verstehe ich jeden Spieler, der einem Angebot der Bayern folgt.

Bleibt Mainz als Ausbildungsverein für Spieler interessant?

Inzwischen ist es eher Weiterbildung. Das wird immer so sein. Unsere Rolle können wir an Hand von vielen Beispielen gut aufzeigen. Wenn ich von André Schürrle, Lewis Holtby, Eric-Maxim Choupo-Moting oder aktuell Johannes Geis erzähle, wissen die Spieler sofort Bescheid, was sie bei uns für Chancen bekommen.

Konkret gesprochen?

Wir sind nicht die größte Fußball-Bühne, wir helfen Spielern aber auf dem Weg dahin. Wir entwickeln sie weiter.

Welche Rolle spielt in dem Zusammenhang der Trainer?

Eine ganz entscheidende. Wir achten in Mainz immer darauf, dass wir Trainer haben, die einen Draht zu unseren Talenten haben und Spieler weiterentwickeln können. Dafür standen Jürgen Klopp und Thomas Tuchel. Und dafür steht heute auch Martin Schmidt. Wir nehmen den Begriff Fußballlehrer wörtlich.

Wird die Nachwuchsarbeit mit Blick auf die generelle Konkurrenzfähigkeit für Mainz 05 in Zukunft noch wichtiger?

Auf jeden Fall. Im Jugendbereich sind wir sehr gut aufgestellt, unser Nachwuchsleistungszentrum wird seit Jahren als ‚exzellent‘ bewertet. Langfristig ist es unser Ziel, dass 30 bis 40 Prozent unserer Profi-Mannschaft im eigenen Verein ausgebildet wurden. Leider gibt es auch im Junioren-Bereich schon viele Transfers. Auch das ist die Entwicklung des Fußballs, die wir nicht aufhalten können.

Was würde für Mainz ein Abstieg bedeuten?

Das wäre schon ein erheblicher Einschnitt. Wir könnten das stemmen, aber nur, weil alle Spieler Verträge für die 2. Liga zu extrem reduzierten Bezügen haben. Wir müssten das so schnell wie möglich korrigieren, da unser gesamter Klub-Apparat inzwischen auf Bundesliganiveau ist. Wenn man aber schaut, was für wirtschaftstarke Vereine in der 2. Liga spielen, wäre der Wiederaufstieg keine Selbstverständlichkeit.

Würden Sie sich für den Erfolg denn für Investoren Marke Red Bull öffnen?

Ein Konstrukt wie das von Red Bull in Leipzig ist bei uns gar nicht möglich. Wir sind ein eingetragener Verein, wir müssen unsere Mitglieder befragen und vieles mehr. Aber das ist gar nicht entscheidend: Wenn zu uns einer kommt, der zB. sagt, „ich übernehme 49 Prozent, habe jetzt das Sagen und ändere die Vereinsfarben von rot-weiß in schwarz-grün“, dann hätte der keine Chance. Rasenball Leipzig gab es zuvor nicht, somit war das eine ganz andere Ausgangssituation.

Und wenn ein regionales Unternehmen groß einsteigen will?

Was heißt einsteigen? Unterstützung oder Übernahme? Natürlich freuen wir uns über Sponsoren und Partner und am liebsten mit regionaler Verbundenheit. Mainz 05 gehört seinen Mitgliedern, die den Weg vorgeben. Das kann durchaus auch in Richtung Ausgliederung der Profiabteilung gehen. Aber nur, wenn wir Vorteile für Mainz 05 sehen würden und die Mitglieder diesen Weg mitgehen möchten.

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Ein Modell wie bei Hertha BSC, wo ein Finanzinvestor eingestiegen ist, wäre also auch nicht vorstellbar?

Da bin ich mal gespannt, wie das das ausgeht. Anleger vertrauen Fonds Geld an um Rendite zu machen. Ob das Geld da im Fußball richtig platziert ist?

Das Interview führte Jörg Runde

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