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12. September 1990: Letztes Spiel der DDR-Auswahl wird zur Farce


Heute vor 25 Jahren
Letztes Spiel der DDR-Auswahl gerät zur Farce

Von dpa
Aktualisiert am 12.09.2015Lesedauer: 3 Min.
Matthias Sammer war mit Abstand der prominenteste Spieler, der für die DDR im letzten Länderspiel vor 25 Jahren auflief.Vergrößern des BildesMatthias Sammer war mit Abstand der prominenteste Spieler, der für die DDR im letzten Länderspiel vor 25 Jahren auflief. (Quelle: Reporters/imago-images-bilder)
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Unter kuriosen Umständen absolvierte die Nationalmannschaft der DDR auf den Tag vor 25 Jahren ihr letztes Länderspiel in Belgien. Die Elf vom damaligen Auswahltrainer Eduard Geyer siegte mit 2:0 - doch eigentlich war der Fußball nur Nebensache. Die Stars hatten an der Partie kaum Interesse.

Geyer erhielt eine fadenscheinige Absage nach der anderen, insgesamt 22 der von ihm angesprochenen Spieler verzichteten auf das 293. Länderspiel der DDR. Der Auftritt im Constant-Vanden-Stock-Stadion von Brüssel war gleichzeitig der letzte Auftritt einer DDR-Auswahl, drei Wochen vor dem Beitritt des Landes zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990.

"Wie ein Blöder herumtelefoniert"

Geyer macht aus seiner Enttäuschung über die Absagenflut auch heute keinen Hehl. "Ich habe wie ein Blöder rumtelefoniert, dass wir überhaupt 16 Spieler zusammenbekommen. Doch einer nach dem anderen gab mir einen Korb. Jeder hatte irgendwelche Ausreden oder Ausflüchte", erinnert sich Geyer. Festgehalten sind seine Erinnerungen im Buch "Einwürfe", das am 16. September erscheint.

"Die Spieler waren jung und unbedarft. Den Vorwurf mache ich daher nicht ihnen, sondern den Funktionären, die ihnen die Chance auf den historischen Länderspiel-Einsatz unmöglich gemacht haben", so Geyer. "Ich bin heute noch traurig, dass man damals so reagiert hat", sagt der Sachse nun und bezeichnet seine Rumpfmannschaft von damals - mit nur 14 Spielern - als "Himmelfahrtskommando".

"Einen schöneren Abschied hätte es nicht geben können"

Umso mehr empfindet er Genugtuung, die starken Belgier besiegt zu haben: "Einen schöneren Abschied hätte es nicht geben können. Die Jungs machten sich selber ein großes Geschenk, gingen in die DDR-Fußballhistorie ein."

Da Stars wie Andreas Thom, Thomas Doll, Ulf Kirsten oder Rainer Ernst absagten, waren außer Matthias Sammer durchweg Spieler der damaligen zweiten Reihe aufgeboten, um das Kapitel der DDR-Länderspiele zu schließen. Darunter Dariusz Wosz, Heiko Bonan und Uwe Rösler.

Auch die seinerzeit noch weitgehend unbekannten Akteure wurden vor und nach dem Match im Brüsseler Stadtteil Anderlecht von Spielerberatern umlagert. "Ich weiß noch genau, wie nach dem Spiel diverse Spielerberater um uns herumturnten. Es war beschämend, wie sich einige von denen aufführten", sagt Geyer.

"Viele Spitzbuben"

"Rücksichtslos sind sie an die Spieler rangegangen. Ich dachte, ich wäre auf dem Sklavenmarkt. Ich fand es erschreckend, wie da gefeilscht und gehandelt wurde. Das war völlig neu für uns", findet Geyer drastische Worte für die damalige Situation. "Unter den Spielerberatern waren viele Spitzbuben, die den Spielern auch schon vor dem Spiel den Kopf verdrehten." Die Erinnerungen an der 12. September 1990 sind bei ihm noch hellwach: "So was vergisst man nie, das ist wie auf einer Festplatte gespeichert."

Ursprünglich sollte es bei dem Spiel der Gruppe 5 um die Europameisterschafts-Qualifikation gehen, die erstmals seit der WM 1974 die Bundesrepublik und die DDR zu direkten Duellen zusammenführte. Doch da sich die deutsche Wiedervereinigung schneller als erwartet vollzog, meldete der Fußballverband der DDR (DFV) sein Team aus der EM-Quali ab, so dass die Partie in Brüssel lediglich Freundschafts-Charakter trug.

"Wir wollten uns nicht blamieren", erinnerte sich der heutige Sportvorstand des FC Bayern, Matthias Sammer, später an die Partie, die er mit seinen Toren in der 74. und 89. Minute fast im Alleingang entschied. Es waren die Treffer 500 und 501 der DDR-Auswahlgeschichte. Nach der Partie wechselte Sammer in die Bundesliga zum VfB Stuttgart. Im Dezember 1990 wurde er als erster DDR-Auswahlspieler gegen die Schweiz im Team des Deutschen Fußball-Bundes eingesetzt. Ihm folgte Andreas Thom (Bayer Leverkusen), der für Sammer eingewechselt wurde.

Tränen flossen aber nach dem "historischen Sieg" in der Brüsseler Kabine nicht. "Ich hätte heulen können, als wir die WM nicht geschafft haben, aber nicht nach dem Belgien-Spiel. Ich hatte mich mit der Realität abgefunden", so Geyer.

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