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Stefan Kuntz im Interview: EM-Qualifikation der U21 "kein Selbstläufer"


U21-Trainer im Interview
Kuntz: "Gehaltsgrenze für Talente schwer umsetzbar"

Luis Reiß, t-online.de

Aktualisiert am 13.11.2017Lesedauer: 4 Min.
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Stefan Kuntz gewann mit der U21 im vergangenen Sommer den EM-Titel.Vergrößern des Bildes
Stefan Kuntz gewann mit der U21 im vergangenen Sommer den EM-Titel. (Quelle: Steffen Beyer/imago-images-bilder)

Der U21-Nationaltrainer prognostiziert im Interview mit t-online.de eine schwächere Phase im deutschen Nachwuchs – und erklärt, was er von einer Gehaltsgrenze für junge Spieler hält.

Vor dem Spiel in Israel (Dienstag, 18.30 Uhr) steht Stefan Kuntz mit seinem Team in der EM-Qualifikation schon unter Druck. Aktuell ist die DFB-Elf nur Zweiter in ihrer Gruppe, einen Punkt hinter Irland. Trotzdem wirkt Kuntz entspannt und fühlt sich "zur richtigen Zeit im richtigen Job."

Ein Interview von Luis Reiß.

t-online.de: Herr Kuntz, Ilkay Gündogan hat im Interview mit dem "Sportbuzzer" eine Gehaltsobergrenze für Spieler bis zum 20. Lebensjahr angeregt. Wie denken Sie als U21-Nationaltrainer über den Vorschlag?

Stefan Kuntz (55): Ich kann den Vorschlag verstehen. Natürlich ist die Gefahr groß, dass so junge Spieler bei zu hohen Gehältern Biss und Motivation verlieren. Das ist für die Leistung erstmal hinderlich. Aber: So eine Grenze ist schwer umsetzbar. Es gab schon so viele Diskussionen: Ab wann darf man Jugendspieler abwerben? Wie viel sollten Berater maximal verdienen? Die Realität hat gezeigt, dass die Regeln immer wieder umgangen werden.

Haben Sie selbst schon negative Beispiele von jungen Spielern erlebt, bei denen Sie ein Machtwort sprechen mussten?

Als Jugendtrainer gehört ein bisschen Erziehung immer dazu. Aber Probleme mit jungen Spielern, denen das Geld den Kopf verdreht hat, hatte ich bislang überhaupt noch nicht.

Zu Ihrer aktiven Zeit gab es diese Debatte noch nicht. Wie sehr stört Sie die Entwicklung?

Ich habe mit 4000 Mark angefangen, aber so ist es eben heute. Es ist wichtig, dass die Spieler in der Familie und im Beraterbereich eine seriöse Basis haben. Letztlich sind die Spieler aber auch selbst in der Pflicht. Das kann anstrengend sein. Aber wichtige Entscheidungen über meine Finanzen darf ich einfach nicht aus der Hand geben. Für mich galt immer die Regel: Was ich nicht komplett verstehe, unterschreibe ich auch nicht.

Mit der U21 spielen Sie am Dienstag gegen Israel. Wie motivieren Sie die Jungs dafür?

Absolute Profis zeichnet es aus, dass sie auch gegen unterlegene Gegner 100 Prozent abrufen. Genau darauf weisen wir immer wieder hin. Ich sage immer: Wir dürfen diesen Gegnern keine Tür aufmachen. Das ist nicht so einfach, wenn die Jungs teilweise schon gegen Klubs wie Real Madrid gespielt haben und es gewohnt sind, fast jede Woche in ausverkauften Arenen aufzulaufen.

Sollte die Quali nicht ohnehin nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Titelverteidigung sein?

Nein, denn wir spielen aktuell mit einer ganz anderen Mannschaft als die, die im Sommer den EM-Titel gewonnen hat. Dieser Jahrgang hatte eine extrem hohe Qualität, was sich auch daran gezeigt hat, dass allein sieben Spieler nicht mit uns bei der U21-EM in Polen waren, sondern in Russland beim Confed Cup. Wir können nicht davon ausgehen, dass wir solch eine hohe Qualität alle zwei Jahre in Deutschland rausbringen. Deshalb ist die Quali kein Selbstläufer. Neben den Ergebnissen geht es darum, schnell aus den Spielern eine Einheit zu formen.

Im Vergleich zu den vorherigen Jahrgängen hat Ihr Kader auffällig wenig Bundesliga-Erfahrung. Spüren Sie das in Ihrer Arbeit?

Der Vergleich mit der EM-Elf ist unfair. Wir stehen noch am Anfang der Qualifikation und sollten auch dieser Mannschaft zwei Jahre Zeit geben, um sich zu entwickeln. Dann wird 2019 abgerechnet.

Gibt es denn Spieler, die aus Ihrem Kader den Sprung in die Weltspitze schaffen können?

Ich will da keinen herausheben. Das kann für einen Spieler auch schnell eine große Bürde sein, wenn früh solche Erwartungen geschürt werden. Grundsätzlich sind im aktuellen Kader sicher die Spieler tonanagebend, die schon bei der EM im Kader waren und auch Bundesliga-Erfahrung haben (Kehrer, Amiri, Dahoud, Öztunali, Tah, Anton, Henrichs, d. Red.). Ich muss aber auch sagen, dass wir einige positive Überraschungen dabei haben, wie aktuell zum Beispiel Marcel Hartel von Union Berlin.

Er ist mit vier Toren und zwei Vorlagen in vier Quali-Spielen aktuell ihr Top-Scorer.

Ja, da haben sich garantiert einige gewundert, als wir ihn zum ersten Mal eingeladen haben. Aber er ist ein tolles Beispiel dafür, wie schnell sich Spieler bei einer guten Zusammenarbeit von Klub und Nationalelf entwickeln können. Deshalb nochmal mein Appell: Wir sollten diesen Spielern Zeit geben.

Würden Sie für eine bessere Entwicklung lieber häufiger mit der U21 gegen Top-Teams spielen – als in einer Quali-Gruppe mit Aserbaidschan, Kosovo, Israel, Norwegen und Irland?

Nein, es ist für junge Spieler aus kleineren Nationen wichtig, gegen Nachwuchsspieler aus Top-Ligen zu spielen. Und unsere Spieler lernen durch das Reisen neue Länder und Kulturen kennen. Ich spüre, wie meine Jungs hier staunend nach Aserbaidschan und Israel fahren, weil das für sie eine neue Erfahrung ist. Wir verbinden unsere Reisen auch immer mit Ausflügen, zum Beispiel in soziale Einrichtungen. Hier in Israel haben wir uns Jerusalem angeschaut. Das ist wichtig für die persönliche Entwicklung.

Sie scheinen in Ihrem Job aufzugehen, dabei waren Sie vor Ihrer Zeit als U21-Nationaltrainer lange Manager. Wo liegt Ihre Zukunft?

Aktuell bin ich in dem richtigen Job zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Wie groß war die Umstellung?

Riesig! Ich bin jetzt für weniger Menschen verantwortlich, als Manager waren es rund 100, hier ist es ein Kader und Stab von etwa 30 Menschen. Dafür bin ich viel stärker auf den Fußball fokussiert. Ich versuche, mein Wissen weiterzugeben und junge Spieler auf Ihre Karriere und das spätere Leben vorzubereiten. Dabei profitiere ich von meinen Führungserfahrungen als Manager. Aber der jetzige Job kommt meinen ureigenen Talenten wahrscheinlich mehr entgegen.

Würde Sie auch ein Job als Vereinstrainer noch einmal reizen?

Ich bin sehr vorsichtig mit Zukunftsprognosen geworden. Irgendwann habe ich mal gesagt: Nie mehr Trainer! Und jetzt ist dieser Job genau das Richtige für mich. (lacht) Deshalb lebe ich total in der Gegenwart und will nichts mehr ausschließen.

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