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Jose Maria del Nido tritt als Vereinspräsident des FC Sevilla zurück


Das Ende einer Ära
Sevilla hat auch einen Fall Hoeneß

Von t-online
11.12.2013Lesedauer: 4 Min.
Del Nido bei seinem tränenreichen Abschied.Vergrößern des BildesDel Nido bei seinem tränenreichen Abschied. (Quelle: Marca/imago-images-bilder)
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Eine Kolumne von Florian Haupt

Der Abschied geriet zur Hommage, es gab Tränen, man ließ gemeinsam den Verein hochleben und während seiner bewegenden Rede sagte der Mann, in dem einige den Helden sehen und andere den Delinquenten, ein Mann, der letztlich wohl beides ist: "Der Tag, den ich mir am wenigsten gewünscht habe, ist gekommen. Ich lege die Präsidentschaft ab. Ich habe mich geirrt, weil ich dem Verein geschadet habe."

Was sich wie das erfundene Szenario eines Abschieds von Uli Hoeneß lesen mag, hat sich am Montag in Sevilla genauso zugetragen. Beim Gegner des SC Freiburg trat nach 27 Jahren im Klub und elfeinhalb Jahren an dessen Spitze der 56-jährige José María del Nido zurück. Er hat den Verein zu seinen größten Erfolgen geführt, aber außerhalb des Vereins hat er sich strafbar gemacht. Wegen Bereicherung und Veruntreuung öffentlicher Gelder wurde er zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Der Oberste Gerichtshof Spaniens bestätigte vorige Woche in weiten Teilen ein ähnliches Urteil eines Gerichts in Málaga vom Dezember 2011. Del Nido sagte am Montag, hätte er geahnt, dass er nicht freigesprochen würde, er wäre natürlich früher zurückgetreten. Bis zuletzt glaubte er offenbar, dass ihn seine prominente Rolle im Fußball schützen würde. Nun sagte er, was er, lebenslanger Anhänger seines Vereins, nie sagen wollte: "Ich werde aus dem Leben des Sevilla Fútbol Club verschwinden."

Unter del Nido wird Sevilla zum Spitzenteam

Der Kalender will es, dass Sevillas erstes Spiel ohne del Nido in Deutschland stattfindet. Denn an einen Donnerstag in Deutschland erinnerte der scheidende Präsident auch, als er gefragt wurde, mit welchem positiven Moment aus seiner Amtszeit er verbleiben möchte: "Das Halbfinale bei Schalke (0:0 im Uefa-Cup 2006, Sevilla gewann das Rückspiel 1:0), das die kommenden Erfolge erstmals erahnen ließ."

Aus einem Mittelklasseklub, meist näher am Abstieg als an Titeln, wurde in del Nidos Amtszeit ein Spitzenteam, das 2006 und 2007 den Uefa-Cup gewann und das die Statistiker in jenen Jahren sogar als bestes der Welt listeten. In seiner Vereinsführung lässt sich dem Anwalt wahrlich nichts vorwerfen. Als er übernahm, konnte Sevilla kaum die Stromrechnung bezahlen, nun übergibt er einen der wenigen gesunden Klubs der Primera División. Er stabilisierte die Konten und professionalisierte alle Abteilungen. Auch als die Erfolge nachließen und die vielen teuer verkauften Stars nicht mehr gleichwertig ersetzt werden konnten, machte er keine verrückten Sachen.

Als Berater kassierte er groß ab

Dumm nur, dass sich das von seinen anderweitigen Geschäften nicht sagen lässt. Del Nidos Veurteilung rührt aus einer Beratertätigkeit in Marbella, für die er zwischen 1999 und 2003 sagenhafte 6,7 Millionen Euro an Honoraren einstrich. Es war die Zeit, als der Clan um Jesus Gil y Gil das Urlaubsressort an der Costa del Sol zum Selbstbedienungsladen umfunktionierte. Das Gericht stellte fest, dass die von del Nido angeblich wahrgenommen Rechtsberatungen ganz überwiegend auch von jedem üblich qualifizierten Stadtbeamten ausgeführt hätten werden können.

Der mittlerweile verstorbene Gil war nicht nur Bürgermeister von Marbella und Vorsitzender der populistischen Gil-Partei, sondern auch Präsident bei Atlético Madrid. Und so spielt der Fußball auch in dieser Episode wieder seine in Spanien leider schon gewohnte Nebenrolle als Schmieröl im Getriebe der Korruption. Die mögliche Erklärung für seine Bereicherung, del Nido habe das Geld für Aktien seines Herzensklubs gebraucht, macht es ja nicht wirklich besser. Immerhin hielt er den Verein offenbar aus den Machenschaften heraus, anders als Gil oder Manuel Ruiz de Lopera, sein früherer Gegenspieler vom Lokalrivalen Betis, der momentan ebenfalls vor Gericht steht, unter anderem wegen der Veruntreuung von Vereinsgeldern.

Auch zu del Nidos letztem Heimspiel ging es vor gut zwei Wochen passenderweise gegen Betis. Es gab ein 4:0, der so furiose wie symbolische Schlussakkord einer Amtszeit, während der sich Sevilla über den traditionell immer gleich großen Lokalrivalen erhob; allein deshalb werden ihm die sevillistas für alle Zeiten dankbar sein. Sichtbar um Ernsthaftigkeit bemüht, präsentierte sich del Nido an jenem Abend letztmals als Majestät; er wusste wohl, dass es bald zu Ende gehen würde.

Während der Ex-Präsident jetzt "alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen" und notfalls bei der Regierung ein Gnadengesuch stellen will, um den Gang ins Gefängnis zu vermeiden, wird der Klub interimsweise vom vorherigen Vizepräsidenten José Castro geleitet. Er gehört zum Aktionärsbündnis del Nidos, das rund 35 Prozent der Anteile hält. Kommenden Dienstag muss die Jahreshauptversammlung die Nachfolge bestätigen; alles spricht dafür, dass die Macht in der erweiterten Familie bleibt.

Dass er aus dem Verborgenen, womöglich gar aus dem Knast, weiterhin die Klubgeschicke leiten könnte, wurde von del Nido verneint: "Ich werde an keiner Entscheidung mehr teilhaben, und sei es der über das Wechseln einer Rolle Klopapier." Dann rief er "Viva el Sevilla", die versammelte Audienz aus Mitarbeitern, Spielern und Legenden erwiderte "Viva el Sevilla", und eine Ära war beendet.

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