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Toni Kroos ist bei Real Madrid der Spielball der Systeme


Auf der Sechs oder der Acht?
Toni Kroos: Spielball der Systeme

Von t-online
Aktualisiert am 23.09.2014Lesedauer: 4 Min.
Toni Kroos beim Spiel gegen Reals Stadtrivalen Atletico Madrid.Vergrößern des BildesToni Kroos beim Spiel gegen Reals Stadtrivalen Atletico Madrid. (Quelle: Aflosport/imago-images-bilder)
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Aus Spanien berichtet Florian Haupt

Hymnen und Hysterie, Krisen und Schützenfeste: Toni Kroos hat in seinen gut zwei Monaten bei Real Madrid schon einen ganz guten Abriss vom Dasein eines königlichen Fußballstars bekommen. Auch deshalb handelt es sich ja um den größten Klub der Welt. Weil die Triumphe immer noch ein bisschen brillanter und die Niederlagen immer noch ein bisschen katastrophaler sind als sowieso schon im Fußball.

Derzeit scheint der Himmel über dem Santiago Bernabeu plötzlich wieder voll edelster Geigen zu hängen. 8:2 wurde Deportivo La Coruna auswärts abgefertigt, ein Ergebnis wie aus einer anderen Zeit. Wie aus gar keiner Zeit, streng genommen: Acht Tore hatte selbst Real Madrid auswärts noch nie geschossen. Zusammen mit dem 5:1 gegen Basel in der Champions League machte das 13 Treffer in vier Tagen, ein eindrucksvolles Statement gegen die Endzeitstimmung nach dem 1:2 im Derby gegen Atletico Madrid eine Woche zuvor.

Atletico ist Reals Schwachstelle

Wenn eben jenes Atletico nicht wäre, könnte man sogar fast von einem gelungenen Saisonstart sprechen, denn von drei Niederlagen in – wettbewerbsübergreifend – acht Spielen kamen zwei gegen den Nachbarn, der kurioserweise seinerseits in dieser Spielzeit schon öfter gegen Real gewann als gegen Rayo Vallecano, Eibar, Celta de Vigo und Olympiakos Piräus zusammen. Heißt: Atletico tut sich mit kleinen Gegnern bisher schwerer als mit großen, und heißt vor allem: Durch alle ernsthaften Tests ist Real seit dem europäischen Supercup gegen Sevilla (2:0) bislang durchgefallen.

Das war gleich das erste Spiel, auch von Kroos. Danach schüttete es Elogen über den Deutschen, der, womöglich noch auf der WM-Welle, sein neues Ensemble mit so einer atemberaubenden Selbstverständlichkeit dirigierte, dass einem glatt schwindlig werden konnte bei dem Gedanken, wie das erst aussehen würde, wenn er mal eingespielt wäre. "Der Deutsche ihres Vertrauens", nannte ihn "El Pais", so sehr suchten und fanden ihn die Teamkollegen. Es war darüber hinaus auch ein Spiel ohne Xabi Alonso und Angel Di María, deren bald folgenden Abgänge die euphorische Stimmungslage nebst der ganzen Atletico-Pleiten in ihr exaktes Gegenteil verkehren sollten.

"Ancelotti Solutions AG"

Dass nach dem Spiel in La Coruna nun erstmals nicht mehr über sie gesprochen wurde, darf als Zeichen der Normalisierung gedeutet werden. Er werde "auch dieses Jahr wieder die richtige Lösung finden", hatte Ancelotti während des Transfermarkt-Katers gesagt. "Ancelotti Solutions AG" titelt nun "Marca". Weil er beim Stand von 3:1 einer zwischenzeitlich drohenden Aufholjagd Deportivos mit der Auswechslung von Mittelstürmer Benzema gegen den defensiven Mittelfeldmann Illarramendi begegnete, steht der Italiener plötzlich wieder als Magier da – nachdem eine ähnliche Aufholjagd von Real Sociedad beim letzten Auswärtsspiel für Real noch im Desaster geendet war.

Rutscht Kroos auf die gewohnte Position?

Sollte Ancelotti diese Umstellung von 4-3-3 auf 4-4-2 allerdings öfter und womöglich teilweise gar in der Startaufstellung praktizieren, ergäben sich interessante Konsequenzen. Nicht nur weil er mit Benzema einen – mindestens – Semi-Galaktischen opfern würde (die anderen Stürmer Ronaldo und Bale sind noch unantastbarer), auch weil Illaramendi der Spielertyp im Kader mit der größten natürlichen Neigung für die Planstelle direkt vor der Abwehr ist. Was wiederum für Toni Kroos bedeuten würde: Er könnte auf seine gewohnte Achter-Position vorrücken.

Eine Befreiung, womöglich. Nach dem Feiertag gegen Sevilla hatte Kroos nämlich zunehmend so seine Probleme mit dem Alltag eines Sechsers, den er in Abwesenheit von Xabi Alonso geben musste. Dass er meist zu weit hinten agierte, um seine exzellenten Schüsse aus mittlerer Distanz oder seine klugen Vorstöße in den Strafraum zur Aufführung bringen zu können, wird zwar durch die strategisch ideale Position zum Spielaufbau noch aufgewogen. Der defensivste Mittelfeldspieler in einer Mannschaft voller bedingt abwehrbereiter Sturmdiven hat aber auch noch mehr als anderswo die Position zu halten und den Blick für nötige Eingriffe in der Verteidigung zu bewahren. Als Kroos in San Sebastian und gegen Atletico vor einigen Toren die gegnerischen Mittelfeldspieler laufen ließ, regte sich sofort haufenweise Alonso-Nostalgie.

Kroos übernimmt die Rolle von Alonso

Der Baske hatte nicht umsonst sein letztes Tor für Real vor drei Jahren erzielt. Obwohl er seinerseits über einen ordentlichen Schuss verfügt, brachte er dieses Talent praktisch gar nicht mehr zur Aufführung. Alonso war quasi exklusiv für Gleichgewicht und Raumkontrolle zuständig. Eher kein Zufall also, dass Kroos auf dem Höhepunkt der Krise ob der Sehnsüchte nach dem Vorgänger seinerseits den Rückwärtsgang einlegte. Gegen Basel betrat er kein einziges Mal den gegnerischen Strafraum und schoss, erstmals in der Saison, kein einziges Mal aufs Tor.

Auch in La Coruna war er an keinem der Treffer direkt beteiligt, obwohl es dort ja sogar einen mehr gab als bei jenem Halbfinale in Brasilien (wo er zweimal traf und einmal auflegte). Auch über ihn wurde nach dem Spiel nicht gesprochen. Angesichts des spezifischen Anforderungsprofils an einen Sechser bei Real Madrid muss das nicht das Schlechteste sein: Je weniger er im Mittelpunkt steht, desto weniger Probleme gibt es.

Selbstaufopfernde Rolle

Eine andere Frage ist, ob Kroos angesichts seiner Talente und seiner 24 Jahre schon der Richtige ist für eine so selbstaufopfernde Rolle, wie sie der acht Jahre ältere Alonso zuletzt spielte. Aussuchen wird er es sich selbst nicht können. Am taktischen Gesamtplan der Ancelotti AG hängt es, ob der Deutsche ihres Vertrauens eher ein Beschützer sein wird oder gelegentlich auch mal ein Scharfschütze.

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