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SD Eibar: Beim kleinsten Klub der großen Ligen steigt ein Spitzenspiel


Eibar – die wunderbare Delikatesse
Beim kleinsten Klub der großen Ligen steigt ein Spitzenspiel

Von t-online
18.09.2015Lesedauer: 4 Min.
Das Stadion von Eibar fasst nur 6267 Zuschauer - damit ist es die kleinste Spielstätte der spanischen Liga.Vergrößern des BildesDas Stadion von Eibar fasst nur 6267 Zuschauer - damit ist es die kleinste Spielstätte der spanischen Liga. (Quelle: Aflosport/imago-images-bilder)
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Von Florian Haupt

Das Spitzenspiel der spanischen Liga steigt am Wochenende nicht in Barcelonas Camp Nou oder im Madrider Estadio Santiago Bernabéu, sondern in den Hügeln des Baskenlandes. Eine Stunde mit dem Zug von Bilbao, ein Nest von 27.000 Einwohnern, ein Stadion für 6267 Zuschauer – plus derjenigen, die von den Balkonen der zwei angrenzenden Wohntürme zugucken. Das Spitzenspiel steigt in Eibar.

Dort trifft die lokale SD, Sociedad Deportiva, auf Atlético Madrid. Fünfter gegen Sechster. Die Ambitionen der Hauptstädter, mit einem aufgemotzen Kader wieder in den üblichen Zweikampf um die Meisterschaft einzugreifen, erfuhren voriges Wochenende mit der Heimniederlage gegen Barca einen ersten Rückschlag. Die Ambitionen der SD Eibar wurden bisher weit übertroffen. Drei Spiele, zwei Siege, ein Remis. Sogar Tabellenführer war man schon, als 38. Mannschaft der Ligageschichte.

Kleinster Klub aller Zeiten

Auch wenn erst drei Spieltage absolviert sind: die Blockade der Vorsaison scheint überwunden. Sie kam erst in der Rückrunde. Nach der Hinserie lag der kleinste Erstligaklub aller Zeiten aus der kleinsten Erstligastadt aller Zeiten mit dem kleinsten Erstligastadion aller Zeiten unter 20 Mannschaften auf Platz acht. Doch dann kam es ganz dick. Die Niederlagen häuften sich, der Zauber verflog. Dass Außenseiter ihre Probleme bekommen, wenn die Euphorie nachlässt, ist bekannt. Aber nur zwei Siege und zwei Remis bei 15 Niederlagen? Das bedeutete trotz des enormen Polsters von 27 Punkten aus der Hinrunde dann doch noch den Abstieg.

Oder auch nicht. Als der Trainer schon zurückgetreten war und die Trauer halbwegs verarbeitet, stuften die Fußballbehörden den Konkurrenten Elche wegen Steuer- und Gehaltsschulden in die Zweite Liga zurück. Eibars kleiner Schlussspurt – die Hälfte der acht Rückrundenpunkte wurden an den letzten beiden Spieltagen erobert – hatte sich doch noch gelohnt. Als Tabellen-18. blieb man in der Primera Division. Eine glückliche Fügung im Jahr des 75. Bestehens, zu dessen Ehren kürzlich Celtic Glasgow ins Estadio Ipurua kam. 500 schottische Fans hatten einen Riesenspaß.

"Ein anderer Fußball ist möglich"

Dass Eibar nicht auf sportlichem, sondern auf ökonomischem Feld die Klasse hielt, war außerdem eine treffende Pointe. Seriös zu wirtschaften und sich mit keinem Cent zu verschulden ist unter dem jungen Vereinspräsidenten Álex Aranzábal eine unverhandelbare Maxime. Lange war er mit dieser Position ein Außenseiter im spanischen Fußball. Aber in letzter Zeit wurden die Schrauben angedreht: den Vereinen werden an ihren jeweiligen Wirtschaftszahlen bemessene Obergrenzen für Transferausgaben und Gehaltszahlungen auferlegt. Sie mussten mit den Finanzämtern die Modalitäten zur Begleichung der Steuerschulden vereinbaren und dürfen bei ihren Profis nicht mehr mit dem Lohn im Rückstand sein. "Es scheint, als ob die Dinge sich ändern", sagt Aranzábal. Plötzlich darf er sich als Pionier fühlen.

"Das Modell Eibar: ein anderer Fußball ist möglich", heißt ein Buch, das Aranzábal verfasst hat. Im Vorwort nennt der Fußball-Weise Jorge Valdano den Klub eine "wunderbare Delikatesse": ein lokales Produkt in einer globalisierten Welt, in liebevoller Kleinarbeit einer widerspenstigen Natur abgerungen. Denn im engen Tal von Éibar geht es nur bergauf oder bergab; die gerade Fläche für das Stadion basiert auf Schutt.

Teuerster Vereinseinkauf kam von der Eintracht

67 Jahre nach dem Bau von Ipurua begegnete der Verein im vorigen Sommer seiner vielleicht wichtigsten Herausforderung der modernen Zeit. Für die Zulassung zur Primera Division musste das Stammkapital von gut 400.000 Euro auf über 2,1 Millionen Euro erweitert werden. Und um im kulinarischen Bild zu bleiben: wie bei einer Fair-Trade-Kampagne wurde das lokale Produkt auch dank globaler Unterstützung gerettet. Aus über 50 Ländern kommen die Kleinaktionäre, die Anteile am Klub erwarben; die Stückelung verhindert, dass der Verein in die Hände einer Einzelperson oder Investorengruppe fallen kann. Auch das gehört unverhandelbar zum Modell Eibar.

Diese Saison bekommen die rund 10.000 Miteigentümer nun einen neuen Zyklus mit einer völlig veränderten Elf geboten. Die jährliche Generealüberholung war schon früher in der Zweiten Liga an der Tagesordnung in Eibar, wo sie viel mit Leihspielern operieren und zumeist nur das Mindestgehalt zahlen können: wer sich empfiehlt, bekommt bald bessere Angebote und ist weg. 14 Neue sind da keine unübliche Größe. Mit Takashi Inui, zuvor Eintracht Frankfurt, befindet sich erstmals ein Japaner darunter. Er kostete 300.000 Euro und ist damit der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte.

"Spektakulär in Form"

Neuer Trainer ist José Luis Mendilibar, der zu Beginn seiner Karriere schon mal in Eibar coachte und 2005 eine Mannschaft mit dem heutigen Manchester-City-Star David Silva beinahe zum Aufstieg in die erste Liga geführt hätte. Dadurch verdiente sich der Baske eine Anstellung beim regionalen Heiligtum Athletic Bilbao, wo er allerdings nur neun Spieltage im Amt überlebte. Nach erfolgreichen Stationen in Valladolid und Osasuna wurde er vorige Saison bei Levante nach schwachem Start früh entlassen.

Nun gelang am zweiten Spieltag gegen Bilbao ein umjubelter Heimsieg. Die Mannschaft wirkt gefestigt, eingespielt und überzeugt mit den klassischen Eibar-Tugenden wie Einsatz und Geschlossenheit. Trotz fußballerisch durchwachsener Darbietung hätte sie selbst beim 0:0 zuletzt in Málaga gewonnen, wäre ihr in der Schlussphase nicht ein Elfmeter vorenthalten worden. "Eibar ist spektakulär in Form", lobt Saúl, Mittelfeldspieler von Spitzenspielgegner Atletico. Der Respekt vor Eibar ist auch auf dem Platz wieder da. Daneben könnte er sowieso nicht größer sein.

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