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Real Madrid steht vor "infernalischem Monat"


Real in Sorge: Nach dem Rekord kommt die Angst

Von t-online
Aktualisiert am 25.01.2017Lesedauer: 5 Min.
Bild mit Symbolcharakter: Cristiano Ronaldo hadert nach einer vergebenen Chance mit sich selbst.Vergrößern des BildesBild mit Symbolcharakter: Cristiano Ronaldo hadert nach einer vergebenen Chance mit sich selbst. (Quelle: ZUMA Press/imago-images-bilder)
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Aus Spanien berichtet Florian Haupt

Etwas so Furchterregendes wie die Titelseite der Hauszeitung "Marca" dürften die Fans von Real Madrid schon lange nicht mehr gesehen haben.

Zu Wochenbeginn war dort links das medizinische Bulletin abgebildet: Marcelo, Modric, Carvajal, Pepe und Bale - fünf Stammspieler, alle verletzt. Rechts der Blick auf das anstehende Programm, einen "infernalischen Monat", wie nicht nur die Schlagzeilenmacher finden: In der Liga etwa stehen vier schwere Auswärtspartien bei nur zwei Heimspielen an.

Bevor auch noch die Champions League mit dem formstarken SSC Neapel dazwischen kommt, geht es am Mittwoch erst mal mit dem nationalen Pokal weiter. Wobei viel dafür spricht, dass es für Real dann auch schon vorbei sein wird.

"Das hat uns wehgetan"

Im Viertelfinale bei Celta Vigo gilt es, ein 1:2 aus dem Hinspiel aufzuholen - was selbst in voller Mannschaftsstärke ein schweres Unterfangen wäre gegen den Europa-League-Teilnehmer aus Galizien, der so taktisch innovativ wie furchtlos vor großen Namen daherkommt. "Wir waren über 90 Minuten besser", erklärte etwa Sturmheros Iago Aspas nach dem Hinspiel vorige Woche ohne falsche Bescheidenheit.

Da mochte es auch andere Meinungen geben, doch in einem waren sich alle Beobachter schnell einig: Die Heimpleite gegen Celta hat Real einen ordentlichen Schauer über den Rücken gejagt.

Bereits vier Tage zuvor war beim 1:2 in Sevilla - trotz 1:0-Führung bis zur 84. Minute - die Rekordserie von 40 unbesiegten Spielen gebrochen, und wo zunächst alle von einem unglücklichen Betriebsunfall ausgingen, gestand Abräumer Casemiro nach dem Celta-Spiel: "Das hat uns wehgetan". Die klubnahe "As" präzisierte die Folgen anhand eines Vergleichs mit einem Boxchampion, der seinen ersten Kampf abgibt: "Ab diesem Moment tun die Schläge mehr weh, die Beine werden weicher und er fällt mit relativer Leichtigkeit. Weil er zu verlieren gelernt hat."

Erinnerungen an den Einbruch vor zwei Jahren

Die Aura der Unbesiegbarkeit ist weg - an ihre Stelle ist die Angst getreten. Nach den zwei Niederlagen in vier Tagen (so viele wie im gesamten Kalenderjahr 2016) schwebt eine dunkle Vorahnung über dem Estadio Santiago Bernabéu, dass es wieder so laufen könnte wie vor zwei Jahren.

Auch damals kam Real als Tabellenführer und mit Rekordserie ins neue Jahr (22 Siege am Stück), auch damals hatte es vor Weihnachten den mühsamen Trip zur Klub-WM erfolgreich bestanden - doch dann kamen Müdigkeit, Verletzungen, schwerere Gegner und alles verdichtete sich zu einer Negativdynamik. Nicht alles war plötzlich schlecht, doch am Saisonende stand man ohne Titel da.

Fans wenden sich ab

Nun rettete ein schmeichelhaftes 2:1 am Samstag gegen Málaga zwar vorerst die Tabellenführung, aber beruhigen konnte es niemanden. Auf dem Platz bemühte sich die Mannschaft vergebens um Spielkontrolle, auf den Rängen wandten sich Teile des Publikums gegen Spieler wie Karim Benzema und sogar Cristiano Ronaldo.

Der Weltfußballer blieb in den letzten Partien wirkungslos und benötigt diese Saison mehr Chancen als früher, aber das? So kurz nach einer gefeierten Rekordserie? Selbst Zinédine Zidane zeigte sich irritiert. Die Launen der Real-Kundschaft kennt er schon seit seiner Spielerzeit im Verein, und als Trainer hat er bisher noch jede Kritik buddhaesk wegzulächeln verstanden. Aber dass etliche Zuschauer schon beim ersten Gegenwind von Bord zu gehen scheinen, soll ihn einigermaßen verstört haben.

Zidane: "Ich bin gearscht"

Seine prägnanteste Bemerkung nach dem Málaga-Spiel ("Ich bin gearscht.") bezog sich allerdings auf die Verletzungen von Marcelo und Modric - die nächsten Namen in einer unendlichen Geschichte aus Malheurs und Ausfällen. 19 Spieler haben diese Saison mit 33 Blessuren bereits 954 Fehltage akkumuliert, informiert "As".

Verletzungen und Physis gelten seit Jahren als Achillesferse Reals. Nicht zuletzt der Vorwurf falschen Trainings kostete Carlo Ancelotti vor anderthalb Jahren den Job. Nach-Nachfolger Zidane engagierte den ihm aus seiner Zeit bei Juventus Turin bekannten "Schleifer" Antonio Pintus als Konditionstrainer, ließ im Sommer betont harte Grundlagenarbeit durchführen und berief seine Mannschaft trotz der Mehrbelastung durch die Klub-WM als erstes Team nach den spanischen Mini-Weihnachtsferien wieder zum Dienst. Tatsächlich wirkt Real unter ihm körperlich stärker und kann einen intensiveren Rhythmus gehen. Das Verletzungsrisiko wird durch die zusätzliche Belastung im Training aber natürlich eher noch größer.

Alternativen im Mittelfeld fehlen

Zidane wollte ihm eigentlich vorbauen, indem er einen Fehler seines Ex-Chefs Ancelotti korrigierte: anders als einst der Italiener lässt er kräftig rotieren. Doch nur in Innenverteidigung und Offensive verfügt er dabei über üppige Optionen. Im zentralen Mittelfeld etwa muss Toni Kroos seit Wochen durchspielen und gilt wie auch Modric als unersetzbar. Den Kroaten hat es mit wohl nur gut einer Woche Pause nicht so schwer erwischt, das war die gute Nachricht nach den jüngsten Untersuchungen.

Die schlechte: Linksverteidiger Marcelo wird voraussichtlich einen Monat fehlen. Auf der rechten Seite wird Carvajal nicht viel früher zurückkehren. Das Problem, das sich daraus ergibt, kann gar nicht übertrieben werden. Insbesondere Marcelos Vorstöße sorgen bei Real oft für mehr Gefahr als mancher Stürmer. Alternativen? Der Portugiese Fábio Coentrão gilt als hoffnungsloser Fall.

Der Brasilianer Danilo wiederum wurde am Samstag sogar als Ersatzmann beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung ausgepfiffen. Zidane wechselte den Rechtsverteidiger daraufhin lieber gar nicht erst ein. Danilo, 2015 überteuert vom FC Porto eingekauft (31,5 Millionen Euro), ist den Fans so schon Sündenbock genug.

Torwart Navas in der Kritik

Die Presse schießt sich unterdessen auf einen ein, der Real noch vorige Saison Partie um Partie rettete: Torwart Keylor Navas. Der Costa-Ricaner hätte Sevillas 2:1-Siegtor von Stevan Jovetic halten müssen, so die Kritiker. Dass nur ein absurdes Eigentor von Sergio Ramos die Andalusier zum Ausgleich und damit zurück ins Spiel brachte, wurde weniger thematisiert - der Kapitän von Klub und Nationalmannschaft ist in der Madrider Presse sakrosankt.

Stattdessen streut man lieber, dass selbst in der Kabine schon über Navas' angebliche Formschwäche gerätselt werde. Und dass im Sommer - für das aktuelle Transferfenster ist der Verein wegen seines Regelverstoßes bei Minderjährigentransfers gesperrt - unbedingt ein neuer Torwart gekauft werden müsse.

Intrigen am Königshof - Zidane unter Beobachtung

Die üblichen Intrigen am Königshof also, fast vergessen während der Idylle der Siegesserie. Da mag Zidane noch so zutreffend sagen: "Wir haben 40 Spiele nicht verloren, und Keylor war dabei." Da kann er noch so arglos fragen: "Darf Benzema nicht mal einen Ball im Mittelfeld verlieren?", wie vor dem Jovetic-Tor.

Auch der Trainer steht jetzt wieder unter verschärfter Beobachtung, zumal ja nicht wegzudiskutieren ist, dass Reals Spiel auch an den guten Tagen oft zu wünschen übrig ließ. "Fangen wir jetzt nicht an, guten Fußball einzufordern, wo es ihn die ganze Saison noch nicht gegeben hat", formuliert sarkastisch ein "Marca"-Kolumnist.

Triple-Hoffnungen adiós

Von der Euphorie zum Alarmismus, nirgendwo geht das so schnell wie am Königshof. Nüchtern betrachtet wäre es wohl gar nicht so schlecht, in Vigo auszuscheiden, um die abnehmenden Kräfte auf die Liga zu konzentrieren - die nach nur einer Meisterschaft in den letzten acht Jahren absolute Priorität hat. Doch so nüchtern kann es natürlich niemand betrachten bei einem Verein, der als der Größte der Welt gilt, aber anders als seine Kronprinzen FC Barcelona, Bayern München und Manchester United noch nie das Triple aus Liga, Pokal und Europacup gewonnen hat. Dieses Jahr, so tönte es noch vor wenigen Wochen quer durch die Medien, könnte es endlich so weit sein.

Nicht mal 14 Tage ist es her, da sagte sogar der vorsichtige Zidane: "Das Triple ist, was alle wollen". Dann kam Jovetics Tor, Celta, die Angst. In den nächsten Wochen geht es nun um die Widerstandkräfte dieser Mannschaft. Die großen Champions stehen schließlich auch dann wieder auf, wenn sie die Niederlage kennen.

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