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CL heute: Bei Atlético Madrid kämpft Diego Simeone um sein Erbe


Atlético Madrid im Umbruch
König Simeone kämpft um sein Erbe

Von t-online
Aktualisiert am 21.02.2017Lesedauer: 5 Min.
Sucht Atlético Madrid den Weg zurück zur Souveränität: Diego Simeone.Vergrößern des BildesSucht Atlético Madrid den Weg zurück zur Souveränität: Diego Simeone. (Quelle: Agencia EFE/imago-images-bilder)
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Von Florian Haupt

Auf den ersten Blick hat sich nichts geändert bei Atlético Madrid. Beim Champions League-Gegner von Bayer Leverkusen geht Diego Simeone nach wie vor zur Seitenlinie, wo der Trainer mit ganzer Leidenschaft dirigiert. Er fiebert mit, er peitscht ein und er feiert Siege mit derselben Inbrunst wie immer.

Gerade die letzten Spiele mussten den Emotionsjunkie in ihm besonders befriedigen. Vor einer Woche wurde in den letzten fünf Minuten ein 1:2 gegen Celta Vigo noch zum 3:2 umgebogen.

Am Samstag nun folgte auf eine schwierige Partie bei Abstiegskandidat Sporting Gijón und langem Gleichstand noch ein 4:1 durch drei Tore zwischen der 80. und 85. Minute, allesamt erzielt von Kevin Gameiro. Es war der schnellste Hattrick in der spanischen Liga seit 1995, und weil er den Franzosen wie auch weitere Impulsgeber eingewechselt hatte, fiel natürlich auch für den Trainer ein Stück des Ruhms ab.

Souveränitätsverlust bei den Defensivspezialisten

Der Stratege Simeone hingegen hätte sich diese Spiele wohl auch ganz anders vorstellen können. Oft, zu oft müssen die Madrilenen in letzter Zeit erst gekitzelt werden, mit dem Rücken zur Wand stehen – was natürlich unterhaltsam ist, aber nicht über einen gewissen Souveränitätsverlust hinwegtäuschen kann. Nur in einem seiner letzten acht Pflichtspiele lag Atlético vor der Schlussphase in Führung, nur drei hat es gewonnen, nur zweimal blieb es ohne Gegentor. Dabei war es bei den gefürchteten Defensivspezialisten sonst ja immer umgekehrt: Hinten brannte nichts an, vorn ging meistens irgendwann einer rein, und sonst endete es halt 0:0. In der gesamten letzten Ligasaison kassierte Atlético 18 Gegentore. In dieser Saison sind es nach gut der Halbzeit schon 19.

Atlético liegt damit auf Platz vier, außerhalb der direkten Champions-League-Ränge – mit Simeones schlechtester Punktausbeute seiner fünf Saisons beim Klub. Im Pokal ist man unglücklich an Barcelona gescheitert. Bleibt die Champions League. Sehnsucht eines Vereins, der in den letzten drei Jahren zweimal so knapp, ja tragisch das Endspiel verlor. Obsession auch seines Trainers: das einzige, was ihm noch fehlt zur perfekten Bilanz.

Permanent am Limit

Messias ist Simeone für Atlético sowieso, er hat dem lange unsteten Verein wieder eine Richtung gegeben, verschüttete Ambitionen ebenso neu belebt wie die Identität als Klub der einfachen Leute mit großem Herz. Auch die Trophäensammlung liest sich eindrucksvoll: Europa League 2012, spanischer Pokal 2013, Meisterschaft 2014. Gegen alle Wahrscheinlichkeit hat Simeone hat Atlético in die europäische Spitze geführt und hält es dort Jahr für Jahr.

Dafür muss es freilich permanent am Limit spielen. Das schlaucht Spieler wie Trainer, und wenn dann noch so eine Enttäuschung wie die von Mailand hinzukommt, dann verlässt selbst einen geborenen Antreiber wie Simeone mal der Optimismus. "Zwei Finals zu verlieren, heißt scheitern", sagte er vor neun Monaten in einer stickigen Mailänder Frühsommernacht, gerade hatte sein Team das Elfmeterschießen im Champions-League-Endspiel verloren, eine düstere Wolke schien über ihm zu hängen: "Ich muss nachdenken."

Mailand hinterlässt bleibende Wunden

Seit jener Nacht, das kann man so sagen, ist nichts mehr beim Alten bei Atlético. Seitdem ist die Zukunft ohne Simeone aus einer unbestimmten Ferne in eine sehr greifbare Nähe gerückt. Der Verein musste ihn zum Weitermachen überreden. Wenige Wochen nach Saisonbeginn wurde dann auf seinen Wunsch der Vertrag um zwei Jahre auf eine Laufzeit bis 2018 verkürzt. Ein einmaliger Vorgang im Spitzenfußball und ein klares Signal: es wird wohl nicht mehr ewig gehen. Stand jetzt macht Identifikationsfigur Simeone immerhin noch den anstehenden Umzug und das erste Jahr im neuen Stadion mit. Das war dem Klub wichtig.

Niemand garantiert das Zusammengehörigkeitsgefühl bei Atlético wie Simeone, niemand bürgt so für den Verbleib von Stars wie Antoine Griezmann. Und an der ewigen Dankbarkeit des Vereins kann ein leichter Touch von "lahmer Ente" sowieso nichts ändern. Offen ist allerdings die Frage, ob die bislang schwächere Saison etwas mit der Aufkündigung des scheinbar ewigen Bundes zu tun hat. Oder ob diese Saison vielleicht doch noch Großes bereithält.

Brachial-Absturz blieb aus

Dass ein Klub wie Atlético mit seinem halb so großen Etat nicht jede Saison mit Real Madrid und Barcelona um die Meisterschaft konkurrieren kann, dass man alle paar Jahre auch mal, so wie derzeit, einen dritten Verein wie Sevilla passieren lassen muss – das liegt ja eigentlich im Rahmen des Erwartbaren. Immerhin hat Simeone einen Absturz verhindert wie er anderen Mannschaften mit vergleichbarer Aufstiegsgeschichte irgendwann unterlief, Borussia Dortmund etwa in der letzten Saison von Jürgen Klopp. Und die Champions League geht mit dem Auftritt in Leverkusen am Dienstag (ab 20.30 Uhr im Live-Ticker bei t-online.de) ja erst in entscheidende Phase.

Die beiden Finals verlor Simeone bei allem Pech – 2014 glich Real erst in der 93. Minute aus – auch wegen seiner konservativen Taktik: weil er nicht auf die Entscheidung ging, als seine Elf am Drücker war. Auch darüber, nicht nur über seine Zukunft, hat er im Sommer nachgedacht. Der Argentinier Simeone wurde vor allem vom italienischen Fußball geprägt. Sein Instinkt diktierte ihm stets den Rückzug. Aber diese Saison überwindet er sich, die Spieler auch mal von der Leine zu lassen. Zumindest an guten Abenden wird der Verlust defensiver Solidität von gestiegener Angriffskunst kompensiert.

Einbruch im Spätherbst

Ursprünglich war das sogar als Plan A gedacht. Doch nach verheißungsvollem Start mit der Tabellenführung nach acht Spieltagen erlebte Atlético im Spätherbst einen Einbruch mit deutlichen Niederlagen gegen andere Spitzenteams der Liga. In der Mannschaft rumorte es, Veteranen wie Kapitän Gabi Fernández beklagten einen zu sorglosen Spielstil. Erstmals in seiner Amtszeit machten Gerüchte über Probleme zwischen Simeone und manchen Spielern die Runde.

In dieser Situation zog er sich erst mal auf alte defensive Gewissheiten zurück und konnte die Ergebnisse so wieder stabilisieren. Und dabei wäre es womöglich auch geblieben, hätten die Pokalduelle gegen Barcelona nicht einen neuerlichen Anlauf zu mehr Wagemut verlangt. Nach der Halbzeit des Hinspiels lag Atlético daheim 0:2 zurück, es hatte wie eh und je die Abwehr massiert, war aber trotzdem nicht sicher gestanden.

Danach ließ Simeone attackieren und hätte das Schicksal damit fast noch gewendet. In Barcelonas Camp Nou trauten die Zuschauer bisweilen ihren Augen nicht: die Mannschaft, die wie ein Handballteam am Strafraum kombinierte und den Gegner kaum aus dessen Hälfte ließ, war nicht ihre eigene, sondern das vermeintlich reaktionäre Atlético.

Trotz Ausscheidens euphorisch

Simeone zeigte sich trotz Ausscheidens geradezu euphorisch. Er erinnerte daran, wie er in der Vorsaison nach einer knappen Niederlage mit zwei Platzverweisen an selber Stelle seine Zuversicht ausgedrückt hatte. "Damals spürte ich, dass etwas Gutes kommen würde. Jetzt fühle ich exakt das Gleiche." Und spätestens in diesem Moment war klar: Er glaubt wieder. Das Feuer brennt auf hoher Flamme.

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