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Eine Liebeserklärung an den Mythos Maracana


Der Umbau-Diskussion zum Trotz
Eine Liebeserklärung an das Maracana

t-online, Thomas Tamberg

04.07.2014Lesedauer: 3 Min.
Das Maracana-Stadion ist am 13.07.2014 auch Spielstätte des WM-Finals.Vergrößern des BildesDas Maracana-Stadion ist am 13.07.2014 auch Spielstätte des WM-Finals. (Quelle: Ulmer/Teamfoto)
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Aus Rio de Janeiro (Brasilien) berichtet Thomas Tamberg

Es gibt tolle Fußballstadien oder Arenen wie es neudeutsch heißt. Es gibt Fußball-Tempel, es gibt Pilger- oder Traditionsstätten, von Kampfbahnen ganz zu schweigen. Den Hexenkessel dürfen wir nicht vergessen, auch nicht die ganzen Kultstätten und schon gar nicht die altehrwürdigen XYZ-Stadien. Doch über allem thront das Maracana-Stadion. Maracana in Rio de Janeiro.

Das hat zwei ganz einfache Gründe: Einmal sollen hier über 200.000 Zuschauer ein Spiel verfolgt haben. Das ist Weltrekord. Und bei Fußballfans ist das eine ganz einfache Einheit. Der Ort, an dem die meisten Besucher gezählt wurden, ist von Haus aus ein Mythos. Da spielt es auch erst einmal keine Rolle, ob das Stadion ästhetisch ist oder nicht. Das ist wie ein 1:0-Sieg im Derby. Der Gewinner hat immer Recht.

Der andere Grund ist die Lage. Maracana liegt in Rio de Janeiro, Südamerika. Hier kommt zwar der Profi-Groundhopper vorbei, aber der Wald- und Wiesen-Stadionbesucher tut sich da schon etwas schwerer. Maracana ist für den Europäer Exotik pur. Für den Südamerikaner und den Brasilianer im Speziellen schlägt hier das Fußball-Herz des Kontinents.

Fußball ist der gesellschaftliche Kitt

Um die Bedeutung dieses Ortes zu verdeutlichen sei gesagt: In Südamerika kommt zuerst die Familie. Doch danach schon der Fußball. Noch vor der Politik. Es mag plump und übertrieben klingen, es ist aber so: Fußball ist der Kitt, der einen wichtigen Teil dazu beiträgt, gesellschaftliche Schichten zusammenzuhalten.

Umso mehr erstaunt die Brasilianer, wie das neue Maracana in Deutschland wahrgenommen wird. Irgendwo war mal zu lesen, dass bei der Renovierung dem Stadion die Seele genommen wurde. Seitdem wird dies mantrahaft wiederholt. Doch fragt man die Fans von Flamengo und Fluminense, die beide ihre Heimspiele im Maracana austragen, hört sich das ganz anders an. Die Menschen sind stolz darauf, dass ihr Stadion endlich modernisiert wurde und in neuem Glanz erstrahlt.

Stehplätze gibt es nicht mehr

Die Fassade steht ohnehin unter Denkmalschutz, das neue Dach - übrigens von Stuttgarter Architekten entwickelt - hat sich am alten stark orientiert. Was sich allerdings sehr geändert hat, ist der Innenraum. Dort sind die gewaltigen Stehplatzränge weggefallen. Seitdem finden im Stadion nur noch rund 78.000 Zuschauer Platz. Wo früher überall Dreck herumlag und es stark nach Urin gerochen hat, sind nun Sitzplätze entstanden.

Die günstigen Stehplätze gibt es nicht mehr. Doch was die nach urinriechenden Plätze mit der Seele des Stadions zu tun haben sollen, erstaunt die Cariocas doch sehr. Diese Wahrnehmung mag wohl eher der Sentimentalität europäischer Fußballromantiker geschuldet sein, als der Wirklichkeit.

Was für ein Koloss!

Denn wer das neue Maracana sieht, der wird genauso in dessen Bann gezogen wie die Besucher vor der Renovierung. Was für ein Koloss! Es erinnert von außen ein bisschen an das Bernabeu-Stadion in Madrid. Das Maracana liegt mitten in der Stadt. Direkt am Stadion sind kleine Kneipen und Wohnhäuser. Aber es ist längst nicht so steil und daher viel größer als das Stadion von Real.

Seine architektonische Besonderheit besteht darin, dass es im Prinzip nur einen einzigen Rang gibt. Zwar unterteilt ein kleines Mäuerchen Ober- und Unterrang, aber wirklich sichtbar ist es nicht. Daher ist das Maracana eher weitläufig und nicht so kompakt. Doch der Stimmung tut das keinen Abbruch.

Eine Band, 195.000 Zuschauer

Bringen wir es hinter uns: Ja, Udo Jürgens ist hier auch aufgetreten. Zahllose Musikgruppen gastierten im Maracana, das offiziell Estadio Jornalista Mario Filho heißt. 1991 lockte die Popband Aha stolze 195.000 Fans ins Stadion. Papst Johannes Paul II. hielt im Maracana die größte Messe Lateinamerikas.

Dennoch ist das Maracana vor allem eines: die Kathedrale des Fußballs. Besonders ein Spiel ist dabei ins kollektive Gedächtnis der Brasilianer gebrannt. Das WM-Finale 1950. Die favorisierten Gastgeber verpassten gegen Uruguay durch eine 1:2-Niederlage den sicher geglaubten WM-Triumph. "Nur drei Menschen haben mit einer einzigen Bewegung das Maracana zum Schweigen gebracht: Frank Sinatra, Papst Johannes Paul II. und ich", sagte Uruguays Sieg-Torschütze Alcides Ghiggia später.

Die Niederlage gegen Uruguay ging unter dem Namen Maracanaço in die Geschichte ein - und schmerzt die Brasilianer noch immer. Für die Selecao bietet sich aktuell eine einmalige Chance, das nationale Fußball-Trauma zu beenden und den Mythos Maracana um ein weiteres Kapitel zu erweitern. Am 13.Juli findet im Maracana das WM-Finale statt.

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