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Kaufmann: „Deutsche Gruppe bei Handball-EM ist gefährlich“


Weltmeister Lars Kaufmann
"Die deutsche Gruppe ist richtig gefährlich"


11.01.2018Lesedauer: 6 Min.
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Weltmeister Lars Kaufmann: 132 Mal stand er für Deutschland auf dem Feld. Bei t-online.de schätzt er die Chancen des DHB-Teams in Kroatien ein.Vergrößern des Bildes
Weltmeister Lars Kaufmann: 132 Mal stand er für Deutschland auf dem Feld. Bei t-online.de schätzt er die Chancen des DHB-Teams in Kroatien ein. (Quelle: Pressefoto Baumann/imago-images-bilder)

Am Samstag beginnt die Mission Titelverteidigung bei der Handball-EM. Weltmeister Lars Kaufmann spricht bei t-online.de über die deutschen Chancen und die Nominierungen des Bundestrainers.

Fast elf Jahre ist das Handball-Märchen bei der Heim-WM 2007 her. Deutschland holte nach einem Finalsieg gegen Polen erstmals nach 29 Jahren wieder den WM-Titel. Einer der Helden: Lars Kaufmann. Der 1,99 Meter große Rückraumspieler (132 Länderspiele) war vor allem für seine harten Würfe bekannt.

Im vergangenen Jahr beendete Kaufmann seine aktive Karriere bei Frisch Auf Göppingen. Im Interview spricht der Weltmeister über die Chancen des DHB-Teams bei der EM (12. bis 28. Januar) in Kroatien, die Nicht-Nominierung von Abwehrchef Finn Lemke und "Typen" in der Nationalmannschaft.

Ein Interview von Philip Seiler.

t-online.de: Herr Kaufmann, am Freitag beginnt die Handball-EM in Kroatien. Deutschland spielt in der Gruppe C zunächst gegen Montenegro (Samstag, 17.15 Uhr), Slowenien und Mazedonien. Nur Formsache oder eine gefährliche Gruppe?

Lars Kaufmann (35): Die deutsche Gruppe ist richtig gefährlich. Denn es sind allesamt Nationen, die unweit vom Gastgeberland Kroatien entfernt sind und sehr fanatische Fans haben. Ich habe es selbst schon erlebt, was da für eine hitzige Stimmung in der Halle entstehen kann. Das werden drei harte Auswärtsspiele für die deutsche Mannschaft. Darum muss sie in allen drei Spielen aufpassen. Von der Qualität her ist Deutschland allen drei Teams überlegen und es sollte alles machbar sein. Aber durch den Hexenkessel, der entstehen kann, wird es immer wieder Momente geben, die man überstehen muss.

Welchen Gegner schätzen Sie am stärksten ein?

Slowenien ist für mich der stärkste Gegner. Sie haben wie die Deutschen eine junge Mannschaft und spielen nach einem Umbruch konstant auf hohem Niveau. Das hat die slowenische Mannschaft bereits bei den vergangenen Turnieren bewiesen.

Bundestrainer Christian Prokop hat vor der Erwartungshaltung gewarnt und gesagt, eine Titelverteidigung dürfe nicht als selbstverständlich gesehen werden. Wie sehen Sie das?

Die deutsche Mannschaft tritt als Europameister nun eben mit dieser Erwartungshaltung von außen an. Der EM-Titel 2016 war ein Überraschungscoup. Darum sind die Erwartungen natürlich höher als vor zwei Jahren. Intern sollte die Titelverteidigung das Ziel sein. Aber von außen darf man den Titel in diesem Jahr nicht erwarten. Denn die Mannschaft ist im Moment zu jung, zu unerfahren und auch nicht konstant genug, um der Rolle als absoluter Favorit gerecht zu werden und in jedem Jahr ganz oben mitzuspielen.

Das heißt, eine Titelverteidigung ist unrealistisch?

Die Chance ist auf jeden Fall da. Die Qualität und die Breite im Kader sind vorhanden. Es gibt viele, junge talentierte Spieler. Aber es gibt eben auch viele andere starke Mannschaften. Darum wird viel davon abhängen, wie das deutsche Team ins Turnier startet. Wenn so ein Flow wie 2016 entsteht, ist alles möglich.

Welche Mannschaften sind für Sie die Topfavoriten?

Die üblichen Verdächtigen: Für mich gehören Gastgeber Kroatien, Weltmeister Frankreich und Dänemark neben Deutschland zum Kreis der Favoriten. Aber auch Norwegen traue ich wieder einiges zu.

Bundestrainer Prokop hat am Sonntag mit seiner Kadernominierung überrascht. Die drei EM-Helden von 2016 Finn Lemke, Rune Dahmke und Fabien Wiede gehören nicht zum Aufgebot. Was denken Sie über diese Entscheidung?

Mich hat vor allem die Nicht-Nominierung von Finn Lemke sehr überrascht. Im Kopf der Deutschen ist er das Abwehrbollwerk und hat in den vergangenen Jahren einen Super-Job in der Nationalmannschaft gemacht. Er war aber auch sehr präsent, was Motivation und Teamgeist angeht und hat die Mannschaft 2016 zum Titel gepusht. Dass er nun nicht dabei ist, daran muss man sich erst mal gewöhnen. Die Nicht-Nominierungen von Dahmke und Wiede sind für mich nachvollziehbar. Uwe Gensheimer ist als Linksaußen so konstant. Da braucht man mit Dahmke nicht unbedingt einen zweiten Spieler auf der Position.

Haben Sie eine Erklärung für die Nicht-Nominierung von Lemke?

Der Bundestrainer hat betont, dass er mit einer anderen Abwehrtaktik spielen lassen will. Finn Lemke ist eher der passive 6-0-Abwehrspieler. Prokop möchte aber mit einer aggressiven Abwehr spielen. Das heißt, selbst bei einer 6-0-Formation soll der Mittelblock neun, zehn Meter rausgehen und das Spiel zerstören. Dafür ist Lemke wahrscheinlich nicht schnell genug und es ist auch nicht sein Spiel. Das verkörpert anscheinend der für Lemke nominierte Bastian Roscheck. Er ist eher ein aggressiver Abwehrspieler mit guter Beinarbeit, der das Spiel des Gegners zerstören kann. Wir werden sehen, wie Roscheck dann zum Einsatz kommt und wie er es macht. Ich habe ihn bisher nur in Leipzig gesehen.

Weite Teile des Teams sollen wegen der Ausbootung Lemkes fassungslos gewesen sein. Hat das nun Konsequenzen für das Klima innerhalb der Mannschaft und das Verhältnis zwischen Trainer und Spielern?

Schwer zu sagen. Ich denke, die Spieler waren wie viele andere überrascht, wollen aber jetzt gemeinsam erfolgreich sein. Sobald die Nationalhymne ertönt und das erste Spiel angepfiffen ist, werden diese Gedanken weit weg sein. Und im Zweifel besteht die Möglichkeit, die jeweiligen Spieler nachzunominieren.

Neben Roscheck nominierte der Bundestrainer mit Maximilian Janke einen weiteren Nobody aus Leipzig. Ein Risiko?

Janke macht das in der Bundesliga sehr gut. Er ist ein klassischer Mittelmann, der das Spiel beruhigen kann. Da muss man nun sehen, wie er das international macht. Fakt ist: Es sind zwei Leute, die fast ohne internationale Erfahrung zur EM (je zwei Länderspiele, Anm. d. Red.) fahren. Das ist sportlich und ein Risiko. Sie können aber auch frischen Wind reinbringen.

Ein vielversprechender Newcomer, Marian Michalczik, ist dagegen ebenfalls nicht dabei. Ein Fehler?

Nein. Er hat noch genug Zeit. Michalczik hat in Minden in den vergangenen eineinhalb Jahren sehr stark gespielt. Aber international ist es noch zu früh für ihn. Er wird seinen Weg auf jeden Fall noch machen.

Wessen Stern könnte im deutschen Team stattdessen bei der EM aufgehen?

Kai Häfners Stern ist ja schon bei der EM 2016 ein bisschen aufgegangen. Aber ich denke, er kann bei diesem Turnier noch mal richtig durchstarten.

Ihr damaliger Teamkollege Stefan Kretzschmar hat in einem „Spiegel“-Interview gesagt, es fehlen die Typen in der Mannschaft. Sehen Sie das ähnlich?

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Ich denke, es gibt schon noch Typen. Die Torhüter Silvio Heinevetter und Andreas Wolff verkörpern solche Typen, Uwe Gensheimer überzeugt mit seinen Weltklasse-Leistungen und seinem unglaublichen Handgelenk. Aber ich gebe Stefan Kretzschmar in einem Punkt recht: es gibt keinen Spieler, der extrem polarisiert. Solche Typen kann man nicht künstlich erschaffen. Auch wenn so ein paar Aushängeschilder dem deutschen Handball sicher guttun würden. Es ist aber auch der Zeit geschuldet. Der Sport ist professioneller geworden. Man muss heutzutage mit Leistung überzeugen, nicht mit anderen Dingen.

Wie intensiv und wo werden Sie das Turnier verfolgen?

Ich werde nicht nach Kroatien reisen, aber zu Hause auf der Couch vor dem Fernseher mitfiebern.

Sie wurden 2007 mit dem DHB-Team Weltmeister und absolvierten 132 Länderspiele für Deutschland. Juckt es manchmal noch, wenn ein großes Turnier ansteht, sodass Sie denken: Da wäre ich gerne noch mal dabei.

Eigentlich nicht. Ich habe mich damit abgefunden, dass die Handball-Zeit vorbei ist. Ich habe zum richtigen Zeitpunkt aufgehört und einen schönen Abschluss gehabt. Aber ich freue mich natürlich, wenn die deutsche Mannschaft erfolgreich ist.

Sie sprechen Ihr Karriereende in Göppingen im vergangenen Jahr an. Wie sieht Ihr Alltag seitdem aus?

Ich beende gerade mein BWL-Studium und möchte mich auf meinen Abschluss konzentrieren. Nebenbei schnuppere ich als Praktikant in verschiedene Unternehmen hinein.

Welche Unternehmen sind das zum Beispiel?

Ich mache gerade ein Praktikum bei einem Immobilienentwickler und könnte mir sehr gut vorstellen, in diesem Bereich später tätig zu werden.

Das heißt, eine Zukunft im Handball kommt für Sie nicht infrage?

Nach 20 Jahren im Handball suche ich eine neue Herausforderung. Das heißt nicht, dass ich ganz aus dem Thema raus möchte. Schön wäre es, den Handball in einer gewissen Form mit einzubauen. Welche Idee dahintersteckt, ist aber noch im Entstehen.

Quelle und weiterführende Information:
- "Spiegel"-Interview mit Stefan Kretzschmar (Abo nötig)

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