Ist aus Peking bereits abgereist: Ahmet Coskun (Foto: imago)
Nach dem Dopingfall in der Basketball-Nationalmannschaft konnten auch zwei Weltrekorde und fünf Medaillen die Stimmung im deutschen Paralympics-Team in Peking nicht mehr retten. Der Rollstuhlbasketballer Ahmet Coskun wurde beim Vorbereitungslehrgang am 23. August von der Nationalen Anti-Doping Agentur NADA positiv auf den Wirkstoff Finasterid getestet, der in einem Haarwuchsmittel enthalten ist.
"Ich bin ziemlich bestürzt und stinksauer, weil wir seit Jahren Aufklärungsarbeit leisten", sagte Chef de Mission Karl Quade nach einem Gespräch mit dem kurdischstämmigen 33 Jahre alten Athleten, der sofort die Heimreise antreten musste.
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Letzter Dopingfall 2002 in Salt Lake City
"Ich habe an meine Haare gedacht und hatte keine Ahnung, dass das Haarwuchsmittel eine verbotene Substanz enthält. Ich bin völlig bestürzt, Doping ist mir nie in den Sinn gekommen", erklärte Coskun in einer Pressemitteilung des Behindertensportverbandes. Der ausgebildete Jurist war in Peking in der Vorrunde zum Einsatz gekommen. Den letzten bekannten Dopingfall hatte es bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City gegeben, als Biathlet und Langläufer Thomas Oelsner auf ein anaboles Steroid positiv getestet und für zwei Jahre gesperrt worden war.
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Mehr Haarwuchs nur bei langfristiger Einnahme
"Wir fordern unsere Athleten auf, jede Kopfschmerztablette anzugeben, so etwas darf nicht passieren", sagte Quade nach Bekanntwerden des Dopingfalles. "Wir nehmen das Thema Anti-Doping überaus ernst und sind sehr konsequent." Der Wirkstoff Finasterid steht auf der Liste der verbotenen Substanzen. Er bewirkt keine Leistungssteigerung, kann allerdings leistungssteigernde Dopingmittel verschleiern. "Der Sportler nimmt das Mittel schon mehr als ein Jahr", erklärte der deutsche Teamarzt Jürgen Kosel. Nur bei langfristiger Einnahme soll es zu mehr Haarwuchs führen. Die Öffnung der B-Probe und eine Sperre gegen Coskun sollen in Deutschland erfolgen.
Erstes Edelmetall im Tischtennis
Sportlich sorgten Bahnradfahrerin Natalie Simanowski, Schwimmerin Kirsten Bruhn und die Diskuswerferin Frances Herrmann (mit Weltrekord 21,19 Metern) mit ihren Silbermedaillen am vierten Wettkampftag für Aufsehen. Für das erste Edelmetall im Tischtennis sorgte Andrea Zimmerer, danach holte Britta Näpel in der Dressurkür ebenfalls Bronze.
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Simanowski verärgert über das System
Simanowski stellte in der Qualifikation in der Einzel-Verfolgung über 3000 Meter einen Weltrekord von 4:16,176 Minuten auf. Im Finale war sie mit 4:19,396 zwar 14 Sekunden schneller als die US-Amerikanerin Barbara Buchan, wegen der Einstufung als leichter Behinderte wurde die in den Beinen Gelähmte aber Zweite. "Ich muss jetzt jedem erklären, warum ich als fünffache Weltmeisterin trotz Weltrekords und schnellerer Zeit nur Zweite wurde", ärgerte sich Simanowski über das System. Das liege daran, dass bei den Paralympics andere Maßstäbe als bei Weltmeisterschaften gelten. "Bei der WM fahre ich auch mit Buchan zusammen und gewinne. Diesmal bekam sie einen ganz anderen Zeitfaktor." Das erste Silber hatte Simanowski, die bei einem Messerattentat schwer verletzt worden war, im 500 Meter Zeitfahren gewonnen.
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"Am Ende hatte ich keine Kraft mehr"
Bruhn musste über 100 Meter Rücken nur Katrina Porter aus Australien den Vortritt lassen. "Am Ende hatte ich keine Kraft mehr", gab die nervöse Bruhn zu, deren 1:25,97 nicht an den Weltrekord von 1:24,30 von Porter heranreichten.