Louis van Gaal steht nach drei Spieltagen bereits in der Kritik. (Foto: imago)
Jürgen Klinsmann hat wenigstens Kämpferherz bewiesen und stets betont, dass er als Bayern-Trainer immer mit vollem Engagement weitermache. Eben so lange, bis er nicht mehr Bayern-Trainer war. Bei Louis van Gaal hört sich das ganz anders an. "Ich habe keine Angst vor den Konsequenzen", sagte er nach der Mainz-Pleite. Nach dem schlechtesten Saisonstart seit 1966 scheint der so selbstbewusst angetretene General selbst nicht mehr von seinem Schaffen überzeugt zu sein.
Empfindliche Reaktion
Solche Äußerungen dürften dem Tulpengeneral, wie van Gaal wegen seiner Herkunft und seines autoritären Stils scherzhaft genannt wird, nicht schwer fallen, angesichts einer vermeintlichen Millionenabfindung im Falle einer vorzeitigen Entlassung. Dennoch überrascht es sehr, wie empfindlich der neue Trainer auf die aufflammende Kritik reagierte.
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"Selbstbewusst, arrogant, dominant"
Schließlich klang dass bei seiner Vorstellung alles noch ganz anders. Rückblick: "Das bayerische Lebensgefühl passt mir wie ein warmer Mantel“, sagte van Gaal vor nicht allzu langer Zeit und fuhr fort: "Warum? Mia san mia, wir sind wir und ich bin ich. Selbstbewusst, arrogant, dominant, ehrlich, arbeitsam, innovativ, aber auch warm und familiär. Ich erkenne meine Persönlichkeit in diesen Begriffen und deshalb denke ich, dass ich hier her passe und das ist wichtig, um gut zu funktionieren und gut zu kommunizieren. Ich bin ein Kommunikator und die Spieler werden das merken, weil ich ihnen meine Philosophie schnell beibringen werde."
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Altintop deutet Unstimmigkeiten an
Nach nicht einmal zwei Monaten hat die neue heile Bayern-Welt, die nach der Klinsmann-Demission mühsam wieder aufgebaut wurde, bereits wieder ordentliche Dellen davongetragen. Natürlich würde mit einer Siegesserie schnell wieder Ruhe einkehren, doch der Glaube daran ist vielen Beobachtern schlichtweg abhanden gekommen. Das nähren auch Aussagen wie die von Hamit Altintop. "Der Trainer hat eine eigene Philosophie. Ich bin der Meinung, einige haben sich davon überzeugen lassen“, sagte der Mittelfeldspieler im "DSF“. Das könnte im Umkehrschluss aber auch bedeuten, dass einige Bayern-Profis so ihre Probleme mit dem dominanten Trainer haben. Zum Beispiel Superstar Franck Ribery, der partout nicht die 10 hinter den Spitzen im Van-Gaal-System geben will.
Probleme mit den Stars
Der 58-Jährige Niederländer ist kein erklärter Freund von Stars, deshalb hat er auch so seine Probleme mit Neuzugang Anatolij Tymoshchuk, der mit eigenem Frisör und Pressesprecher nach München gekommen war. Van Gaal fordert Diziplin, will mit "Trainer“ oder "Sie“ angesprochen werden und nötigt die Spieler dazu, deutsch zu lernen, wie er es selbst vor der Saison getan hat. Seinen Vorgänger Klinsmann nahmen die Spieler nicht ernst, bei van Gaal haben sie eher Angst, etwas falsch zu machen.
Van Gaal (re.) soll Probleme mit den Stars Tymoshchuk (li.) und Ribéry haben. (Foto: imago)
Rätselraten über Olic
Dabei muss sich "Louis van Qual“ (tz) schon nach kurzer Zeit berechtigte Kritik gefallen lassen. Die auf seinen Wunsch verpflichteten Danijel Pranjic oder Edson Braafheid waren bislang keine Verstärkungen für den Rekordmeister, der Abgang von Weltmeister Lucio zu Inter Mailand selbst nach Meinung von Präsident Franz Beckenbauer ein Fehler. Auf der Ribery-Position hinter den Spitzen hat er bisher ein halbes Dutzend Spieler erfolglos ausprobiert, und niemand versteht, warum van Gaal einen wie Ivica Olic trotz starken Leistungen auf die Bank setzt. "Ich taste noch immer ab, was der richtige Spielstil ist“, gibt van Gaal zu, der den modernen Fußball an die Isar bringen soll. Bleibt abzuwarten ob er die Zeit dafür bekommt.
Kritik von Kahn, Effenberg und Matthäus
Längst melden sich ehemalige Bayern-Größen zu Wort und äußern ihre Bedenken. „Ich habe so das Gefühl, dass die alte Dominanz, das Selbstvertrauen, das Mia-san-Mia-Gefühl abhandengekommen sind“, sagte Oliver Kahn der „Bild“-Zeitung. „Ich muss mich schon fragen, ob jeder Spieler dieses Erfolgsdenken in sich hat.“ Auch Lothar Matthäus sieht schwarz. „Ich mache mir große Sorgen, denn ich bin ein Fan der Bayern, ich hänge an diesem Klub", sagte Fußball-Rekordnationalspieler. Und für Effenberg steht nach dem schlechtesten Saisonstart seit 43 Jahren fest, dass die Münchner kein Titelfavorit mehr sind. „Da ist nicht die Qualität vorhanden, um wirklich ganz oben mitzuspielen“, sagte der Ex-Kapitän in der TV-Sendung "Sky90“.
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Heynckes wundert sich nicht
Dagegen ist Jupp Heynckes von der Krise bei seinem Ex-Klub nicht überrascht. „Damit hätte man rechnen müssen“, sagte der Trainer von Spitzenreiter Bayer Leverkusen im "Express“. Die Bayern müssten derzeit sechs Spieler, "die bei mir fast immer Stammspieler waren, ersetzen. Dazu kommt noch Jörg Butt, der letzte Saison gut gespielt hat. Diese Ausfälle kann keiner kompensieren.“ Heynckes warnte aber davor, den FC Bayern abzuschreiben: "Der kommt wieder.“
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