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Eishockey brutal: Krieg on Ice


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Krieg on Ice

Von t-online
03.05.2012Lesedauer: 4 Min.
Eishockey brutal: Augsburgs Michael Radja kassiert 2010 eine krachende Rechte.Vergrößern des BildesEishockey brutal: Augsburgs Michael Radja kassiert 2010 eine krachende Rechte. (Quelle: imago-images-bilder)
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Eine Kolumne von Marc L. Merten

Schweden freut sich. Finnland auch. In den beiden Eishockey-begeisterten Ländern beginnt am 04. Mai die Eishockey-WM. Zehntausende Fans haben Stockholm und Helsinki bereits in Beschlag genommen. Sie freuen sich auf das Spektakel auf dem Eis, auf Tore, Checks und ein paar Prügeleien. Zeitgleich in den USA bittet die NHL, die weltweit beste Eishockey-Liga, zum heißen Playoff-Tanz um den begehrten Stanley-Cup. Auch hier hoffen die Fans auf Tore, Checks und ein paar Prügeleien. Dass die Spieler dabei ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, spielt eine untergeordnete Rolle. (Foto-Show: So brutal ist Eishockey)

17. April 2012, Schauplatz Phoenix, Arizona: Die heimischen Coyotes treffen in der ersten Runde der NHL-Playoffs auf die Chicago Blackhawks. Es läuft das erste Drittel. Chicagos Starstürmer und Topscorer Marian Hossa erarbeitet sich den Puck in der neutralen Zone und leitet ihn weiter. Doch der nun folgende Angriff wird ohne ihn stattfinden. Im Gegensatz zu dem Angriff, den sein Gegenspieler Raffi Torres gegen ihn persönlich fährt. Einen Wimpernschlag nach seinem Pass wird Hossa umgehauen. Aus vollem Lauf springt Torres ab, dreht in der Luft seinen Körper und rammt dem Tschechen seine linke Schulter ins Gesicht. Der 33-Jährige kippt hinten über, knallt mit dem Kopf aufs Eis und bleibt liegen. Minuten später wird er auf einer Trage aus der Arena und ins Krankenhaus gebracht. Schwere Verletzungen erleidet Hossa ersten Untersuchungen zufolge nicht. Doch die Saison ist für ihn vorbei, genauso wie für seine Falken. Denn ohne ihren Besten ist Chicago in der Serie am Ende chancenlos und scheidet aus. Phoenix ist weiter. Auch dank Torres.

Bandenkrieg mit dem Schläger als Waffe

Die Sperre, die Torres einige Tage später von der NHL auferlegt wird, ist gewaltig: 25 Spiele. Nur vier Spieler wurden in der über 90-jährigen Geschichte der Liga länger gesperrt. Die Strafe soll ein Zeichen sein: an die Spieler, an die Vereine, an die Fans, an die Öffentlichkeit. Das Signal: Die Liga geht konsequent gegen "übertriebene Härte" vor. Das ist der Terminus, der in den internationalen Regeln verankert ist. Anderswo, auf der Straße beispielsweise, würde man von Brutalität sprechen. Oder von vorsätzlicher Körperverletzung, von einer Straftat also, die mit Freiheitsentzug geahndet wird.

Doch insgeheim braucht die NHL – aber auch die Deutsche Eishockey-Liga DEL – Profis wie Torres, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und das nicht unbedingt wegen ihrer filigranen Technik. Denn NHL, DEL und anderen Ligen laufen seit Jahren die Fans und damit auch die Sponsoren weg. Kein Zuspruch, kein Geld. Da kommen krachende Bandenchecks, hitzige Faustkämpfe oder versteckte Stockfouls gerade recht: Fast alles, was das Geschehen in dem 60 x 30 Meter breiten Feld mit den Plexiglas-Banden aufregender macht, erfüllt unter dem Strich den Zweck. Und der heiligt die (finanziellen) Mittel.

Superstar erleidet die Volkskrankheit des Eishockeys

Überraschend ist, wie bereitwillig die Spieler in diesem Gesamtgefüge mitwirken. Selbst gestandene Nationalspieler verlieren mitunter jede Contenance, selbst den erfahrensten Hasen brennen die Sicherungen durch. Doch in der Szene hat eine Sensibilisierung eingesetzt. Auslöser waren die Sorgen um den "Eis-Heiligen" Sidney Crosby. Der unumstrittene Superstar des Kufen-Sports fiel mit einer Gehirnerschütterung fast das komplette Jahr 2011 aus. Sein Comeback wurde immer wieder verschoben, bis er im November zurückkehrte. Doch nach sieben Spielen kam der Rückfall, die neuerliche Pause dauerte bis März 2012. Seither steht er wieder auf dem Eis. Bis zur nächsten Gehirnerschütterung.

Seitdem ist diese Verletzung zum Synonym für die Brutalität des Sports geworden. Untersuchungen haben gezeigt, dass in der NHL gleichzeitig bis zu 30 Spieler deswegen ausfallen. Und das sind nur die offiziellen Zahlen, die Grauzone ist viel größer. Denn um die Diagnose "concussion" machen amerikanische Ärzte mittlerweile einen großen Bogen.

Der Gedächtnisverlust des Eric Lindros

Ein anderer Superstar, der seine Karriere mittlerweile beendet hat, ist Eric Lindros. Einer der besten kanadischen Eishockeyspieler aller Zeiten gab im Zuge der Diskussionen um Crosby ein viel beachtetes Interview, in dem er die "Geschichte mit der Dusche" erzählte: Wie er nach einem Spiel seiner Philadelphia Flyers in den Katakomben unter der Dusche stand und fast eine Panikattacke erlitt, weil er die Duschen im eigenen Stadion nicht wiedererkannte. Er war sich sicher, gerade ein Heimspiel bestritten zu haben. Bis ihn jemand aufklärte: Er hatte gerade in Pittsburgh gespielt.

Deutsches Team stellt sich auf die WM ein

Ganz so schlimm hat es Marcel Goc noch nicht erwischt. Der deutsche Nationalspieler, gerade erst in Stockholm mit dem DEB-Team gelandet, fiel Ende 2011 mehrere Wochen aus. Offiziell litt der Angreifer in Diensten der Florida Panther unter einer "upper body injury", einer Oberkörperverletzung. Erst später wurde die Diagnose korrigiert, er hatte eine Gehirnerschütterung. Wochenlang durfte Goc nichts mehr machen, nicht mal joggen. Er wurde geschont, weil über das Problem geredet wurde. Wegen Crosby und Lindros.

Mittlerweile ist Goc wieder gesund. Deswegen kann er auch der deutschen Mannschaft bei der WM helfen. Das Ziel lautet Viertelfinale. Das wird schwer, denn viele Mannschaften sind gerade technisch den Deutschen weit überlegen. Entsprechend hat Deutschlands Nationaltrainer Jakob Kölliker seine Mannschaft in den vergangenen Wochen eingestellt und trainiert. Die Vorgabe im Spiel ist einfach. Sie lautet: "einfach und hart". Auch für Goc. (Foto-Show: So brutal ist Eishockey)



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