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Toni Mang: "Bradls WM-Titel wird keinen Boom auslösen"


Motorsport
Mang: "Bradls WM-Titel würde keinen Boom auslösen"

Von t-online
02.11.2011Lesedauer: 4 Min.
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Das Interview führte Björn Lücker

Die Motorsport-Welt blickt am Wochenende gespannt nach Valencia, wo das Finale der Motorrad-WM über die Bühne geht. Dramatisch dürfte es in der Moto2 zugehen, wo sich der Titelkampf zwischen Stefan Bradl und dem Spanier Marc Marquez entschiedet.

t-online.de sprach mit dem fünfmaligen Motorrad-Weltmeister Toni Mang über Titelkandidat Bradl, das Abscheiden der deutschen Piloten und die Chancen der Motorrad-WM, wieder mehr Aufmerksamkeit in Deutschland zu bekommen.

Herr Mang: Sie haben einmal in einem Interview gesagt, dass den deutschen Motorrad-Piloten der nötige Biss fehlt, um ganz vorne mitzufahren. Sind Sie eines Besseren belehrt worden?
Nein. Abgesehen vom Stefan Bradl, der ja den WM-Titel im Visier hat, ist nicht viel passiert in diesem Jahr. Sandro Cortese erzielt zwar hin und wieder gute Resultate, ohne allerdings auf einem konstant hohen Niveau zu fahren.

Stefan Bradl Verwirrung um vorzeitigen WM-Titel

Aber Cortese liegt doch in der Gesamtwertung der 125ccm-Klasse auf Platz drei - so gut war er noch nie.
Das stimmt, vor allem bei seinem Sieg in Brünn war er stark. Aber so eine Form brauchst du immer wieder, um am Ende ganz vorne zu sein. Sandro ist schon so lange in der Achtelliterklasse am Start. Da muss der Anspruch irgendwann ein anderer sein.

Mit Jonas Folger hat Deutschland noch ein weiteres großes Talent...
...aber auch bei ihm fehlt mir die Konstanz und der letzte Biss. Vor drei Jahren, als er mit 15 Jahren einige gute Rennen bei den 125ern gezeigt hat, wurde er schon als der kommende Champion gefeiert. Die Entwicklung ist stetig. Ob sich auch die großen Erfolge einstellen, bleibt abzuwarten.

Ist für so einen jungen Kerl vielleicht der Druck zu groß, vor allem, wenn man alles auf die Karte Motorrad setzt?
Der Druck ist schon enorm und wird von Jahr zu Jahr größer. Natürlich ist das auch ein Reifeprozess. Bradl brauchte auch seine Zeit, bis er sich in der Szene etabliert hat. Jonas steht jetzt am Scheideweg: Hält er dem Druck stand oder nicht? Ich hatte erst vor kurzem ein Gespräch mit einem Vater, der seinen kleinen Sohn schon aufs Pocket-Bike setzen wollte. Mach das nicht, habe ich ihm gesagt. Lass den Jungen sich entwickeln. Je früher, desto besser - das funktioniert nur in absoluten Ausnahmefällen.

Bradl scheint seinen Weg zu gehen und war in dieser Saison auf konstant hohem Niveau unterwegs. Holt er sich am Sonntag den Titel?
Das hoffen wir doch alle. Beim vergangenen Rennen in Malaysia hatte ich schon den Champagner in der Hand - und dann wird Stefan noch überholt und das Rennen abgebrochen. Diesmal mache ich die Flasche erst auf, wenn die Zielflagge geschwenkt wird.

Ein 13. Platz reicht ja schon.
Den muss er aber erst einmal holen. Die Moto2 ist vom ersten bis zum letzten Platz hart umkämpft. Einen Moment nicht aufgepasst, und du liegt schon im Kiesbett.

Falls Bradl am Sonntag Weltmeister wird, wäre dies der erste Titel für einen deutschen Fahrer seit 18 Jahren. Könnte der Titel einen Boom auslösen, damit der Motorrad-Sport in Deutschland wieder mehr in den Fokus rückt.
Ein Boom löst sich nicht durch einen Titel aus. Ich wäre ja schon froh, wenn die Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit wieder mehr geweckt würde. Erst wenn die deutschen Fahrer es schaffen, beständig vorne mitzufahren, wird es vielleicht wieder einen Boom geben.

Potenzial ist vorhanden. In diesem Jahr pilgerten wieder 230.000 Menschen zum Grand Prix auf dem Sachsenring. Trotzdem fristet die Motorrad-WM in Deutschland - im Vergleich zur Formel 1 - ein Schattendasein.
Das ist nur in Deutschland so. In Spanien oder Italien sind die Leute verrückt nach Motorrad-Sport. Wir haben den Nachteil, dass wir ein Autoland sind und kein Motorradland. Schon zu meiner Zeit stand der Automobilsport, vor allem die Formel 1, immer im Vordergrund. Ist doch klar, dass wir Zweiradartisten uns schwer tun gegen die übermächtige Konkurrenz.

Das heißt, das Motorrad hat keine Lobby in Deutschland.
So ist es. Das sieht man ja auch schon an den Marken: Außer BMW haben wir nur Fremdfabrikate. Früher war das Motorrad zumindest noch ein Fortbewegungsmittel, aber auch das ich längst nicht mehr der Fall. Das Motorrad ist nur noch ein Sportgerät. Und auch hier ist die Konkurrenz größer geworden. Zu meiner Zeit gab es die sogenannten Funsportarten noch nicht, auf die sich jung und alt stürzen können.

Kommen wir noch einmal zurück zu Stefan Bradl. Trotz einiger Angebote aus der MotoGP hat er sich entschieden, auch im kommenden Jahr in der Moto2 zu fahren. Eine richtige Entscheidung?
Die Frage ist, welche Angebote er gehabt hat. Die MotoGP kostet eine Menge Geld. Da macht es nur Sinn, bei einem finanziell gut gepolsterten Team an den Start zu gehen. Ansonsten ist der Klassenwechsel gleich zum Scheitern verurteilt.

Hätte er sich denn in der Königsklasse durchgebissen?
Ich denke schon. Dass er Motorradfahren kann, hat Stefan in dieser Saison bewiesen. Aber warum wollen denn alle, dass er in der sogenannten Königsklasse fährt? Diesen Begriff haben die Medien geprägt. Dort wo er jetzt fährt, die Moto2, das ist die Königsklasse, da wird gefightet - das ist Racing. In der MotoGP ist durch die wenigen Teams doch nichts los. Das ist wie zu Zeiten von Giacomo Agostini (15-maliger Weltmeister, Anm. d, Red.): Die Leute schauen den Start und gehen dann nach Hause, weil sowieso schon klar ist, wer gewinnt.

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