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Nachruf auf Bud Spencer: Er prügelte mir die Langeweile erträglich


Zum Tod von Bud Spencer
Er prügelte mir die Langeweile erträglich

t-online, Ein Nachruf von Denis Mohr

Aktualisiert am 28.06.2016Lesedauer: 3 Min.
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Bud Spencer ist tot. Die Sprüche, die Schellen, der Bart - einfach alles wird fehlen. Der gelangweilte Dreikäsehoch in mir ist heute ziemlich traurig. Ein Nachruf aus dem Wohnzimmer irgendeiner alten Tante.

Als Kind war der Ostersonntag mein Hass-Feiertag, weil da stinklangweilige Verwandtenbesuche anstanden. Die Eltern luden einen ins Auto und kutschierten zu Tante XY, wo man dann am Tisch sitzen und Kuchen essen musste. Allerdings war es geduldet, dass sich der Knabe nach dem Anstandshappen ins Wohnzimmer davonstahl und sich vor den Fernseher lümmelte. In dem dudelten, meistens auf Kabel eins, den ganzen Tag Bud-Spencer-und-Terence-Hill-Filme. Hallelujah!

Musste ich dann leider irgendwann an den Kaffeetisch zurückkehren, unterhielt ich die Umsitzenden mit soeben aufgeschnappten Bud-Spencer-Bonmonts: "Wenn ich Hunger in der Jacke habe, dann kenne ich mich nicht vor Wut!", "Sowas wie dich habe ich früher zum Abendbrot in der Pfeife geraucht!", "Von meiner Blutprobe könnten die Bullen ein Betriebsfest machen!", oder, na klar: "Hat dir eigentlich schon mal einer mit einem Vorschlaghammer einen Scheitel gezogen?"

Das löste bei den Omas und älteren Tanten Missfallen, bei den Eltern amüsiertes Schmunzeln aus, hatten sie die beiden Prügel-Barden doch in den 1970er Jahren noch persönlich im Kino bestaunt. Diese Mischung aus pikiertem Unverständnis und verhohlener Anerkennung gefiel dem Vorpubertären sehr und machte die Herumsitzerei bei Tisch leidlich erträglich. Natürlich fand ich auch die Fressszenen nachahmenswert, in denen das Duo schmatzend, rülpsend und bar aller Tischmanieren Bohnen mit Speck oder ganze Truthähne in sich reinstopfte. Da hörte dann aber auch bei den Eltern der Spaß auf.

Ein automatischer Wohlfühl-Reflex

Bud Spencer und Terence Hill waren also meine verlässlichen Retter aus verordneter Trantütigkeit und lösen daher bis heute stärker als alle anderen Filmhelden meiner Kindheit einen automatischen Wohlfühl-Reflex aus. Davon legt meine überaus bescheidene DVD-Sammlung beredtes Zeugnis ab. Ihr zentraler, fast ausschließlicher Bestandteil ist die große Bud-Spencer/Terence-Hill-Sammelbox, in der alle 17 Filme der beiden jederzeit greifbar sind.

Ob ich seinerzeit den drahtigen Schönling oder den dauergrummelnden Bärtigen cooler fand, war immer schwer zu entscheiden und variierte von Film zu Film - in Sachen Sprüche und Gedresche gaben sie sich ja wenig. Unterm Strich ging die Favoriten-Tendenz aber ziemlich deutlich zu Bud Spencer.

Wann immer auf dem Schulhof oder bei Kindergeburtstagen Szenen nachgestellt werden mussten, wählte ich die Rolle des dicken Grantlers, weil mir seine minimalistische Coolness mehr zusagte als Hills plapprige Hyperaktivität. Denn wie Carlo Pedersoli (so Bud Spencers bürgerlicher Name) war ich ein Schauspieler mit stark limitierten Fähigkeiten. Ja, Pedersoli war im Grunde überhaupt kein Schauspieler.

Die Macho-Neuauflage von Laurel und Hardy

In seiner Jugend war der gebürtige Neapolitaner Profischwimmer, nahm zweimal an den Olympischen Spielen teil, arbeitete als Straßenbauer und Automechaniker. Später studierte er Jura und machte sogar seinen Doktor.

Zum Film kam er eher durch Zufall, weil der Regisseur Giuseppe Colizzi 1967 für den noch ziemlich ernsten Italowestern "Gott vergibt… Django nie!" einen korpulenten Sidekick für Terence Hill suchte. Hier begann die über 40 Jahre währende Zusammenarbeit mit seinem kongenialen Partner. Als eine derb-zotige Macho-Neuauflage von Laurel und Hardy wurden die beiden Italiener in den 1970er Jahren zu international gefeierten Kassenmagneten.

Jenseits seiner fruchtbaren Zusammenarbeit mit Hill, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, drehte Pedersoli zahlreiche eigene Filme, die ebenfalls durch klamaukige Prügeleien und abgefeimte Sprüche bestachen. Zu den sehenswertesten gehören "Banana Joe" und die meisten Teile der "Plattfuß"-Reihe.

Dabei darf nicht verschwiegen werden, dass sich Bud Spencer, alleine oder im Duo, in Deutschland deutlich größerer Beliebtheit erfreute als in anderen Ländern. Hierfür zeichneten zum einen die spritzigen, mit Wortwitz gespickten Dialogdrehbücher von Rainer Brandt verantwortlich, zum andern der Synchronsprecher Wolfgang Hess, der dem Dicken in den meisten Filmen seine rumpelig dröhnende Bassstimme verpasste.

Danke

Das alles wusste ich als Knabe nicht, damals, als mir der raubeinige Haudrauf die drögen Ostersonntage mit Doppelbackpfeifen und auf Scheitel krachenden "Dampfhämmern" erträglich prügelte. Heute weiß ich es, es tut meiner nach wie vor kindlichen Begeisterung aber keinen Abbruch.

Am 27. Juni ist Carlo Pedersoli mit 86 Jahren im Kreise seiner Familie gestorben. Laut seinem Sohn Giuseppe Pedersoli war sein letztes Wort "Danke". Nein, ich danke.

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