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Das heruntergesegelte F von Theresa May


Kolumne "Held der Woche"
Das heruntergesegelte F von Theresa May

Meinungt-online, Anja Rützel

05.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Theresa May bei ihrer Rede in Manchester.Vergrößern des BildesTheresa May bei ihrer Rede in Manchester. (Quelle: imago-images-bilder)
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Ob der Kleber zu schlecht war oder nicht – es war ein symbolträchtiger Anblick, als Theresa May hinter sich ein F verlor. Der "Held der Woche" ist diesmal kein Mensch, steht aber doch für so viel.

Klar, das muss man direkt und mit erhobenen Händen zugeben: Wer einen Buchstaben zum Helden der Woche ernennt, steht unter erhöhtem Schrulligkeitsverdacht. Und heiratet wahrscheinlich als nächstes eine Lokomotive, in aller Stille, nur in Anwesenheit des Toasters und des Staubsaugers. Aber nur kurz mal alle aufgeklärten Geistesskrupel beiseite geschoben: Was wäre, wenn es mit der Menschheit nun tatsächlich so schlimm gekommen ist, dass sich die Dinge um uns herum zahnradknirschend aus ihrer selbst gewählten Starre lösen um uns vor weitergehenden Schlingereien in den Abgrund zu warnen?

Logisch, man kann immer sagen: Der Kleber war zu schlecht, der Buchstabenfestpapppraktikant hat geschludert. Aber es war einfach ein so herrlich symbolträchtiger Anblick: Theresa May, die britische Premierministerin, steht in Manchester am Redepult, das Thema ihrer Ansprache, "Building a country that works for everyone", steht hinter ihr in silbernen Lettern auf blauem Grund - und gerade als sie erklärt, das Vereinigte Königreich sei für alle Eventualitäten, die sich aus dem Brexit ergeben könnten, gewappnet, segelt hinter ihr das F von "for" von der Wand.

Nun gibt es außer "fail" noch viele andere Wörter, die mit F beginnen, und man muss wirklich nur einmal kurz in einen beliebigen Poltergeistfilm hineingelinst oder als fruchtsekttrunkener Teenager mit einem Quija-Brett hantiert haben, um in diesem Buchstabenpurzler eine Nachricht aus der unbelebten Welt zu sehen. Ein öffentlichkeitswirksamer Versuch der Kontaktaufnahme, eine ernsthafte Warnung. Was passiert als nächstes, wenn wir diese Botschaft nicht erkennen? Fangen dann bei der nächsten Parlamentssitzung, bei besonders hanebüchenen Schwadronagen die Pulte und Stühle an zu lachen, wie es das Waldhüttenmobilar in "Tanz der Teufel 2" tat? Beginnt das Kantinengemüse zu singen wie in der "Muppet Show"? US-Komiker Stephen Colbert wurde in einer Folge seines "Colbert Reports" ja bereits von einem Tisch und einer Schreibtischlampe in eine Gesundheitswesenreformdebatte verwickelt. Von Knight Riders hilfreichem, sprechenden Schnauferl will ich erst gar nicht anfangen.

Außerdem haben sprechende, warnende Gegenstände in Britannien durchaus Tradition. Am Rande des Dartmoors, im ehemaligen Kloster Buckland Abbey, wird eine Trommel aufbewahrt, die der seefahrende Freibeuter Sir Francis Drake gerne mit an Bord nahm, um die Besatzung der Spanischen Armada mit ihrem Getrommele schon von Weitem in Angst und Schrecken zu versetzen. Angeblich soll das Instrument immer dann, wenn sich das Königreich in Gefahr befindet, von alleine anfangen zu trommeln, um damit den alten Haudegen aus dem Grab zurückzurufen. Angeblich habe man sie schon bei verschiedenen Gelegenheiten bumpern hören, zum Beispiel beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs, und eine triumphierende Siegesklöppelei soll an Bord eines britischen Schlachtschiffes erklungen sein, als sich die Kaiserliche Marine 1918 ergab – natürlich ohne dass man bei der Durchsuchung des gesamten Schiffes eine Trommel gefunden hätte. Vielleicht ist das trudelnde F also nur der Anfang. Vielleicht wird sich bald Trumps Smartphoneakku in einem Akt spontaner Selbstentflammung opfern oder Martin Schulzens unterbeschäftigter Rasierapparat einen täglichen Erbauungsspruch raushauen. Hören wir auf die Dinge! Viel schlechter können ihre Ratschläge das Schlamassel auch nicht mehr machen.

Die Autorin Anja Rützel kürt in ihrer Kolumne den "Held der Woche" und erklärt, warum er mit seinem Verhalten für ein gesellschaftliches Phänomen steht.

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