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"Affenkönig": Das Interview mit Oliver Korittke


Oliver Korittke im Interview
"Unser Film 'Affenkönig' wird die Nation spalten"

Von t-online
12.10.2016Lesedauer: 7 Min.
Nach der Fahrradtour auf den Mont Ventoux (l-r): Martin (Marc Hosemann), Wolfi (Hans-Jochen Wagner) und Ralph (Oliver Korittke).Vergrößern des BildesNach der Fahrradtour auf den Mont Ventoux (l-r): Martin (Marc Hosemann), Wolfi (Hans-Jochen Wagner) und Ralph (Oliver Korittke). (Quelle: Port au Prince Pictures)
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"Affenkönig" heißt die deutsche Komödie über vier ehemalige Freunde in der Midlife-Crisis, die am 13. Oktober in den deutschen Kinos startet. Wer hier jetzt leichte Kost für die ganze Familie in bester Schweighöfer-Tradition erwartet, wird vermutlich schockiert das Kino verlassen.

"Der Film wird die Nation spalten", ist sich Darsteller Oliver Korittke im Interview mit t-online.de sicher. Denn der Film sei keine normale Komödie und "anders als das, was man aus dem Kino so 'klassisch' kennt: dieses etwas Weichgespülte."

Korittke spielt einen der vier Kumpel, die sich samt Familie in einer Villa in Südfrankreich treffen. Vor zwanzig Jahren hat man sich aus den Augen verloren, und das Wiedersehen auf dem luxuriösen Anwesen von Wolfi (Hans-Jochen Wagner) sorgt zunächst für beste Laune.

Selbstfindungstrip mit der Extraportion Sex, Drugs & Rock'n'Roll

Allerdings brechen nach und nach alte Wunden auf, und es stellt sich heraus, dass keiner der Vier eigentlich das Leben lebt, das er immer führen wollte. Doch unter Wolfis Anleitung wird der Kurzurlaub zu einer Art Selbstfindungstrip, garniert mit einer ordentlichen Portion Sex, Drugs & Rock'n'Roll.

Weichgespült ist das sicher nicht. "Aber er ist einfach wichtig, Filme wie 'Affenkönig' zu machen, denn alles andere wiederholt sich dann eben zum tausendsten Mal, und das hängt mir einfach zum Halse raus", sagt Korittke.

Eine der grandiosesten Sequenzen im Film ist, wenn Ralph, Martin (Marc Hosemann) und Viktor (Samuel Finzi) bei Wolfi eine alte Schuld begleichen, und deshalb in Reizwäsche auf dem Rad den Mont Ventoux, den Schrecken unzähliger Etappen der Tour de France, bezwingen.

t-online.de: Wie war es denn, sich auf dem Rennrad in Reizwäsche den Mont Ventoux hochzuquälen?

Oliver Korittke: Das war eine große Erfahrung, und es war sehr lustig. Bei der Kostümprobe denkst du dir: Geile Klamotten, das sieht witzig aus und passt gut zum Film. Wenn du aber dann auf dem Sattel sitzt und vier Stunden lang den Berg hoch und runter gefahren bist, dann sieht die Sache ganz anders aus.

Aber das Kotzen war gefakt?

Das war gefakt. Das war total eklig, weil ich diese kalte Brühe in den Mund nehmen musste. Und ich bin sowieso ein Mäkel-Esser. Und dann war das so eine ekelhafte Minestrone … Das war nicht schön.

Ihr habt euch ja bei "Affenkönig“ eine ganze Menge getraut. Was war dein erster Eindruck, als du das Drehbuch gelesen hattest?

Dass der Film jedenfalls keine normale Komödie wird und anders als das, was man aus dem Kino so "klassisch“ kennt: dieses etwas Weichgespülte. Das war mir eine große Freude. Und bei diesem Ensemble und diesem Regisseur war es für mich keine Frage, ob ich da mitmache oder nicht. Da ging’s nicht um Geld.

Warum gibt es in Deutschland solche Filme nicht häufiger?

Weil wir in Deutschland einfach nicht mehr das machen, was wir können. Da wird häufig versucht, etwas zu imitieren und irgendwie hip zu sein. Man zeigt eine tolle Stadt, dicke Autos, hübsche Frauen und vernachlässigt die Story, das Leben und die Charaktere. Bei "Affenkönig“ sieht man, wie sehr ein Film fesseln kann, in dem man einfach zehn tolle Schauspieler hat und keine Morde, kein Blut und keine Themen, wie sie immer wieder abgespult werden. Da wird nichts imitiert, sondern da wird das gemacht, was man im Herzen trägt. Und das wird sich manchen Menschen vermitteln. Aber der Film wird die Nation spalten, da bin ich mir sicher. Denn einigen vermittelt es sich eben nicht, die möchten lieber weichgespülte Kost haben, was ja auch in Ordnung ist. Aber es ist einfach wichtig, Filme wie "Affenkönig“ zu machen, denn alles andere wiederholt sich dann eben zum tausendsten Mal, und das hängt mir einfach zum Halse raus.

Warum trauen sich bei uns so selten Filmemacher, mal die gängigen Konventionen zu sprengen?

Ich glaube nicht, dass es an den Filmemachern liegt. Ich glaube, es sind die Produktion, die Redaktion und die Verleiher, die schauen müssen, dass sie überleben, dass ein Film Geld einspielt. Und manchmal ist das Ergebnis blöd, und manchmal kommt dabei auch etwas Gutes heraus. Ich habe mich zum Beispiel beim ersten "Fack Ju, Göhte!“ köstlich amüsiert. Ich finde aber blöd, wenn es dann davon zehn Teile gibt. Aber ich verstehe das. Dahinter steht eine Industrie. Wir haben dagegen einen Independent-Film gemacht, und die muss es immer weiter geben. Wir sind leider etwas davon abgekommen, was die Deutschen mal ausgemacht hat: Eigenständigkeit. Mich haben zumindest nicht Blockbuster zu meinem Beruf gebracht und zu dem Schauspieler gemacht, der ich heute bin. Das waren Filme wie "Uhrwerk Orange“, "Bronson“ oder "Die Bartholomäusnacht“. Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht auch Blockbuster wie "Star Wars“ liebe.

Du wirst ja gerne als der Unangepasste, Junggebliebene besetzt. Ralf, deine Figur in "Affenkönig“, ist da anders. Inwiefern?

Die Jungen, Unaufgeklärten kann ich ja jetzt nicht mehr spielen. Ich bin 48 und habe ein bisschen was gelernt. Für mich war er es erst einmal toll, in so einem Ensemble zu spielen, eine Partnerin wie Jule Böwe zu haben und eine Figur zu spielen, die nicht aus Klischees besteht. Das hat Spaß gemacht, weil dieser Typ natürlich total kaputt ist und sich nach Liebe, seiner Frau und seiner bekloppten Tochter sehnt. Er macht sich erst einmal schön etwas vor, durchläuft dann aber einen Lernprozess. Das war sehr interessant für mich.

Ralf hat sich irgendwann in seinen Zwanzigern entschieden, erwachsen zu sein und dabei seine wahres Ich verloren. Wie kann man sich auch als Erwachsener eine gewisse Authentizität bewahren? Was meinst du?

Ich habe mit 48 immer noch Sneakers an und werde mit 60 immer noch eine Bomberjacke tragen. Man muss einfach so bleiben, wie man ist und sich nicht irgendwie verstellen. Ich habe auch meine Probleme und meine Midlife Crisis gehabt. Aber ich habe Freunde, die sagen: Alter, das ist Jammern auf hohem Niveau. Da gibt es andere, denen geht’s viel schlechter. Und das holt dich dann auf den Boden zurück. Ich kann nur raten, das zu machen, was man liebt.

Midlife Crisis ist ja eines der Themen in "Affenkönig“. Du hast vorhin gesagt, dass du auch nicht von ihr verschont wurdest. Hat es dir da geholfen, dass du seit Kurzem Familienpapa bist?

Die Midlife Crisis kommt alle zehn Jahre. Bei der letzten hatte ich meine Tochter noch nicht. Die ist erst vier Monate alt. Aber ich glaube auch, dass das bei mir nicht die klassische Midlife Crisis war. Man konnte bei mir ja nicht sagen, dass ich mit 40 auf einmal die Turnschuhe angezogen hätte. Die hatte ich schon immer an. Oder jetzt fängt er mit 40 an, Spielzeug zu sammeln. Das habe ich schon immer gesammelt. Und trotzdem bin ich ein erwachsener Mann. Ich finde, Midlife Crisis ist auch irgendwie ein Klischee. Ich würde es eher Lebensmomente nennen, mit denen man umgehen muss.

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Du bist seit über 40 Jahren im Geschäft. Gibt es eigentlich typische Korittke-Rollen, die dich in deiner Karriere begleiten?

Als Schauspieler finde ich es natürlich interessanter etwas zu spielen, was mir nicht so nahe kommt. Also so etwas wie der Ekki bei "Wilsberg“ oder jetzt Ralf in "Affenkönig“. Aber ich habe natürlich auch Spaß daran, so jemanden wie Dretzke in "Die Musterknaben“ oder Keek in "Bang Boom Bang“ zu spielen. Nicht weil es mir leichter fällt, sondern weil mich diese Figuren an mich selbst erinnern und mich dazu bringen, mich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Ansonsten möchte ich sagen, dass ich den Beruf eines Gauklers ausübe. Wenn ich die Leute zum Nachdenken bringe, wenn ich sie emotional angeregt habe, wenn sie gelacht haben, geweint haben, wenn sie anfangen, über sich oder über das Leben nachzudenken, dann habe ich meinen Sinn und Zweck erfüllt, und dann ist es mir egal, ob diese Rolle ähnlich war wie eine andere.

Gibt es so etwas wie eine Lieblingsfigur, die du in deiner Karriere verkörpert hast?

Ich bin auf "Bang Boom Bang“ schon sehr stolz, weil da alles so leicht und so einfach aussah. Aber auch dort musste man den Text lernen, man musste mit Regisseur Peter Thorwarth zusammen die Figur entwickeln, man hatte Glück, dass man von so einem guten Ensemble umgeben war und dass alles zu einer Zeit stattgefunden hat, wo es genau gepasst hat. Dieser Film läuft in Bochum seit 16 Jahren im Kino. Das hat bisher kein Film in Deutschland geschafft. Und er hat sich eingereiht unter den zehn besten deutschen Filmen, die je gemacht wurden – mit "Das Boot“ oder "Die Blechtrommel“. Das ist mir eine ganz große Ehre.

Was ist der größte Anspruch, den dein Job als Schauspieler an dich stellt?

Es gibt immer ein Leben neben dem Film, den ich gerade drehe. Und ich glaube, es ist die größte Kunst eines Schauspielers, sich zehn Minuten nach einer gedrehten Szene hinzustellen, und wieder dort in diesem Leben drin zu sein und das zu verkörpern; zu wissen, dass man abends sein Kind wickeln muss und jetzt so tut, als sei man gerade im Krieg oder als würde man gleich sterben oder als hätte man sich gerade neu verliebt. Ich halte es da mit Marcello Mastroianni und sage, ein Schauspieler ist einer, der heulen kann, wenn der Regisseur sagt "Heul“, und der Liebe verbreiten kann, wenn der Regisseur sagt "Verbreite jetzt Liebe“. Das ist die Kunst. Ich halte von methodischem Arbeiten relativ wenig. Obwohl ich es auch bewundere, wenn man das so macht. Das braucht man aber nicht für jeden Film. Für "Bang Boom Bang“ musste ich ja nicht zehn Bongs am Tag rauchen. Es haben ja alle gedacht, wir hätten ja die ganze Zeit während des Filmens gekifft, was vollkommener Blödsinn ist. Bei der Bong-Szene war mir nach der siebten Bong so schlecht, dass wir nicht weiterdrehen konnten.

Danny Boyle dreht ja gerade nach genau 20 Jahren mit der Original-Besetzung von "Trainspotting“ eine Fortsetzung. "Bang Boom Bang“ kam 1999 in die Kinos. Können wir 2019 mit einem zweiten Teil rechnen?

Ich würde das nicht gut finden. Ich bin der Meinung, dass "Bang Boom Bang“ nicht besser werden kann. Auch wenn ich es cool finde, dass jetzt "Lammbock 2“ gedreht wird. Aber ich meine, man sollte "Bang Boom Bang“ so stehen lassen, wie er ist. Der Film läuft ja sowie erst noch mal zehn Jahre weiter im Kino, da muss man keinen zweiten drehen.

Warum dürfen unsere Leser „Affenkönig“ nicht verpassen?

Weil sie an sich selbst erinnert werden, weil sie viel Spaß haben werden, weil sie danach bestimmt ein bisschen aufgegeilt sind, und weil sie 90 Minuten lang – wie man bei "Bang Boom Bang“ sagt – echte Gefühle sehen werden.

Das Interview führte Marc Thomé.

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