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Gunter Gabriel: "Nach dem Tod wartet nur die Mülltonne"


Interview mit Gunter Gabriel
"Nach dem Tod wartet nur die Mülltonne"

dapd, dapd

Aktualisiert am 05.06.2012Lesedauer: 5 Min.
Gunter GabrielVergrößern des BildesGunter Gabriel (Quelle: dpa)
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Herr Gabriel, Sie werden 70 - haben Sie früher je geglaubt, so alt zu werden?

Eine Wahrsagerin hat mir prophezeit, ich sterbe mit 40. Ich bin froh, dass sie unrecht hatte. Denn heute stehe ich hoch oben auf einem Berg und schaue runter auf mein Leben. Ich habe den besseren Überblick und kann beurteilen, was in meinem Leben tragisch, komisch, lächerlich und schön war.

Sie waren hoch verschuldet, hatten Alkoholprobleme und sollen Ihre Frauen geschlagen haben. Wie beurteilen Sie das heute mit diesem Überblick?

Es gibt Momente, wo ein Mensch an eine Grenze kommt, an der er sich vollkommen vergisst. An dieser Grenze war ich, wenn ich zuschlug. Ich weiß heute, dass ich mich davor hüten muss, dort je wieder hinzukommen und es wird nie wieder passieren.

Und wie sieht es heute mit Alkohol und Drogen aus?

Ich trinke nicht mehr, mein Arzt erlaubt mir höchstens mal ein Glas Rotwein. Und die einzigen Drogen, die ich nehme, sind meine ärztlich verschriebenen Medikamente.

In den 70ern waren Sie sehr erfolgreich mit einer neuen Art von deutschem Country und Schlager, in den 80ern folgten die Pleite und der Absturz. Wie kam das?

Ich hatte keinen Respekt vor Geld. Das lag an meinem Vater, für den Geld alles war. Als Kind hat er mir immer gesagt, ich sei die Eigenheim-Hälfte, die er wegen mir nicht haben könne. Meine Schwester war ein Eckhaus. Und dann hatte ich plötzlich Erfolg, bekam 300.000 D-Mark im Monat mit Ende 20. Was macht man als junger Mensch mit so viel Geld? Da empfahl mir jemand staatlich geförderte Immobilienfonds. Nach dem Motto: Du baust schöne Häuser und kassierst dann die Miete. Das ging leider schief. Am Ende hatte ich zehn Millionen Mark in den Sand gesetzt und zwei Millionen Mark Schulden. Die 500.000 Euro Steuerschulden aus dem Geschäft habe ich übrigens erst kürzlich abbezahlt.

Was für ein Gefühl haben Sie heute für Ihren Vater?

Er tut mir mehr leid, als ich mir selbst leidtue. Er konnte nicht lieben. Mein Vater hat mich und meine Schwester regelmäßig verprügelt. Damals habe ich das natürlich nicht verstanden. Heute weiß ich, dass es die Gewaltspirale des Krieges war. Mein Vater war in Stalingrad, ihm wurde dort das Kinn weggeschossen. Einmal musste ich ihn als Teenager vom Strick schneiden. Er wollte sich erhängen, weil ihn seine zweite Frau verlassen hatte. Er lebte noch und wir haben beide geweint. Mit 17 Jahren habe ich mich gewehrt, als er mich wieder verprügeln wollte, und ihn halb tot geschlagen. Dann bin ich abgehauen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.

Haben diese Erlebnisse Ihre Musik beeinflusst?

Ich glaube, meine Jugend hat mir ein Verständnis für die Unterprivilegierten, die im Leben zu kurz Gekommenen gegeben. Für die hat man Herz oder nicht, das kann man nicht lernen. Wenn ich in Jugendstrafanstalten spiele, dann hatten viele meiner Zuhörer eine ähnliche Kindheit. Ich bringe zu solchen Konzerten immer ein paar Gitarren mit, die ich verschenke. Ich sage zu denen: Passt auf, Jungs, wenn ihr Gitarre spielt, habt ihr eine Möglichkeit hier rauszukommen. Mit meinem Song "Er ist ein Kerl (Er fährt 'nen 30-Tonner Diesel)" gab ich Fernfahrern neues Selbstwertgefühl. Auf der Straße hupen die immer, wenn sie mich sehen. Das ist doch super!

Auch Ihr Vorbild Johnny Cash hat vor Häftlingen gespielt. Wie hat er Ihre Karriere beeinflusst?

Das Musical, in dem ich Johnny Cash spiele, ist der Höhepunkt meines Lebens. Jede Vorstellung ist ausverkauft. Er hat mich gerettet. Es ist ein unglaubliches Glück, dass ich ihn sogar persönlich getroffen habe. Auch Cash hatte ein Herz für die Unterprivilegierten, das haben wir gemeinsam. Musikalisch hat er mich natürlich unglaublich beeinflusst, so was gab es in Deutschland gar nicht. Dort gab es nur schnulzige Schlager, die nach dem Krieg das Bedürfnis nach einer heilen Welt befriedigten.

Cash hat in June Carter die Liebe seines Lebens gefunden. Sie sind nach vier Ehen vier Mal geschieden und haben vier Kinder von vier verschiedenen Frauen. Haben Sie etwas zu bereuen?

Ich bereue, dass es nicht mit meiner zweiten Frau Kirsten geklappt hat. Wir haben uns sofort ineinander verliebt und innerhalb von drei Wochen geheiratet. Sie kam aus gutem Hause, ihr Vater hat uns eine Villa geschenkt, die ich aus Stolz natürlich ablehnte. Dann merkte ich, dass sie Alkoholikerin ist. Sie kam aus einem kalten Elternhaus, da half auch das ganze Geld nichts. Ich wurde dadurch depressiv. Wir mussten uns dann trennen, nach nicht mal einem Jahr.

Sie sind berühmt, reich und haben den Ruf eines Machos. Sind Sie glücklich?

Ich bin kein Macho, sondern ein Getriebener. Am Ende einer Beziehung war ich immer der Verlierer. Mein Problem ist, dass ich immer das bürgerliche Glück suchte, eine Familie. Das habe ich nie gefunden und das ist meine eigene Schuld. Ich kann auf Dauer keinen anderen Menschen um mich herum ertragen. Und Sex wird überbewertet. Entscheidend ist das tägliche Leben und nicht die paar Stunden, wenn das Licht ausgeht.

Mit wie viel Frauen haben Sie geschlafen?

(überlegt) Ich denke, es waren über 150.

Sie leben seit Jahren auf einem Hausboot in Hamburg. Warum?

Der Platz hier in Hamburg-Harburg auf meinem Boot ist für mich der schönste Platz der Welt. Ich habe früher mal in einer Zehnzimmer-Wohnung gelebt, für 50.000 Euro Monatsmiete. Das war ganz furchtbar, ich habe mich verloren gefühlt. Ich bin eben ein Wanderer. Das Boot bedeutet Freiheit, ich könnte jederzeit mit meinem Haus wegfahren, wenn ich wollte. Hinter Lüneburg ist es zum Beispiel auch schön, dort sieht es aus wie in Louisiana.

In Ihren Songs stehen Zeilen wie "Ohne Moos nichts los" oder "Hey Boss, ich brauch' mehr Geld". Welche Rolle spielt Geld heute für Sie?

Auch als ich pleite war, war ich nicht unglücklich. Ich hatte nur nicht so viel Knete. Ich singe ja nicht, weil ich geldgierig bin, sondern weil mich die Zustimmung des Publikums beflügelt. Auch heute bin ich nicht völlig schuldenfrei, aber es kommt genug Geld rein. Ich investiere in meine Kinder und habe sechs Autos. Ich habe leider kein Händchen für Geld, aber das macht auch nichts. Entscheidend ist, dass die Leute jubeln, wenn ich komme.

Glauben Sie, dass es nach dem Leben weitergeht?

Ich bin kein gottgläubiger Mensch, nach dem Tod wartet nur die Mülltonne. Und falls es doch ein Leben danach gibt: Dann herzlich willkommen!

Was werden die Leute später über Gunter Gabriel sagen?

Der Kerl war ganz okay.


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