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40 Jahre Boney M.: Interview mit Frank Farian


Interview mit Frank Farian zu 40 Jahren Boney M.
"Alle sangen 'Rasputin', nur die Band nicht"

Lars Schmidt

26.03.2015Lesedauer: 5 Min.
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Frank Farian mit den ehemaligen Boney-M.-Sängerinnen Liz Mitchell und Marcia Barret (r.).Vergrößern des Bildes
Frank Farian mit den ehemaligen Boney-M.-Sängerinnen Liz Mitchell und Marcia Barret (r.). (Quelle: dpa)

Im Februar 1975 veröffentlichte Frank Farian mit "Baby Do You Wanna Bump" die erste Boney-M.-Single. Im Jahr darauf schoss der Hit "Daddy Cool" an die Spitze der Hitparaden. Boney M. wurde einer der erfolgreichsten Musikexporte "Made in Germany". 40 Jahre später sagt Hitproduzent Frank Farian, ihm komme die Zeit mit Boney M. vor, als wäre sie vorgestern gewesen. Für den Erfolg seiner Disco-Truppe hat der Mann aus der Nähe von Bad Kreuznach bis zu 16 Stunden täglich gearbeitet und seine Gesundheit riskiert. Zum Lohn gab es nicht nur Millionen Plattenverkäufe, sondern auch unvergessliche Momente, an die sich der 73-Jährige im Interview mit t-online.de erinnert.

Mehr als 150 Millionen verkaufte Tonträger weltweit. Acht Nummer-eins-Singles in Deutschland binnen drei Jahren. Allein zwischen September 1976 und Oktober 1979 belegte das Quartett mit seinen Hits sagenhafte 48 Wochen lang Platz eins der deutschen Hitparade. Welche Erlebnisse bohren sich da ins Gedächtnis des Mannes, der hinter diesem Erfolg steht?

Die erste westliche Band in der Sowjetunion

"Es gibt drei absolute Highlights", erzählt Frank Farian ohne lange nachzudenken. "Der Papstbesuch in Irland 1979. Er landet mit seinem roten Hubschrauber und eine Million Menschen, die dort stehen und auf ihn warten, singen 'Rivers Of Babylon'. Das war Gänsehaut pur." (Der Text des Liedes basiert auf Bibeltexten, Anm. d. Red.)

Highlight Nummer zwei war der Empfang von Boney M. bei Königin Elisabeth II. 1978 in London. "Sie hat uns als erfolgreichste Band des Jahres ausgezeichnet und anschließend holten uns vier russische Militärmaschinen ab und brachten uns nach Moskau." Zehn Konzerte in der Sowjetunion, höchstpersönlich genehmigt von Partei- und Staatschef Leonid Breschnew, sind Highlight Nummer drei.

Boney M. waren damit die erste westliche Gruppe, die in der Sowjetunion auftrat. Es gab aber eine Bedingung. Der Song "Rasputin" musste aus dem Repertoire gestrichen werden. "Das war zu politisch. Also haben wir es weggelassen", so Farian. Gesungen wurde "Rasputin" dennoch. "Die Leute haben es bei den Konzerten a capella gesungen. Auch wenn wir im Hotel eincheckten oder unterwegs waren, sangen die Leute zur Begrüßung 'Rasputin'. Alle sangen den Song. Nur die Band nicht", erinnert sich der 73-Jährige.

"Meine Beine und deine Stimme"

Begonnen hat diese Erfolgsstory in einem kleinen Tonstudio in Offenbach. Dort arbeitete Frank Farian Mitte der 1970er Jahre an einem internationalen Discosound. Zunächst spielte er alle Instrumente und Stimmen selbst ein. Als "Baby Do You Wanna Bump" 1975 in Holland zum Überraschungshit wurde und ihn das Fernsehen einlud, suchte er die passende Band zu seiner Musik. Und er fand die Sängerinnen Liz Mitchell, Marcia Barrett und Maizie Williams sowie den Tänzer Bobby Farrell († 2010).

Dass nur Liz Mitchell und Marcia Barrett über ausreichend gute Stimmen verfügten, um die Songs im Studio einzusingen, und Bobby Farrell nur die Lippen zu Frank Farians Stimme bewegte, war nie ein großes Geheimnis - auch wenn es der Produzent erst 2003 offiziell zugab. Anders als bei Farians Schützlingen Milli Vanilli taugte die Nachricht bei Boney M. aber nicht zum Skandal. "Meine Beine und deine Stimme, das ist unschlagbar", hätte Bobby Farrell immer gesagt, so Farian.

Was bedeutet das "M"?

Den Namen für sein Projekt fand der Hitschreiber bei einer australischen Krimiserie namens "Boney". Das "M" sei ihm dann spontan dazu eingefallen. "Böse Zungen behaupteten später, dass 'M' bedeute alles, nur nichts, was mit Musik zu tun hat. Das stimmt aber nicht", stellt Farian klar.

Weil der umtriebige Produzent sich nicht nur um den Sound von Boney M., sondern auch um die schrillen Bühnenoutfits kümmerte, wurde er vom britischen Musik- und Mode-Magazin "The Face" sogar unter die Top 100 der besten Designer gewählt - auf Platz 87. Heute muss er darüber schmunzeln. "Ich habe die Sachen nur in der Carneby Street in London gekauft oder in Katalogen bestellt und teilweise umarbeiten lassen", gesteht er.

Cognac zum Lockerwerden

Neben den extravanganten Bühnenoutfits sorgte das Quartett auch mit den Hüllen ihrer ersten beiden Alben "Take The Heat Off Me" (1976) und "Love For Sale" (1977) für Aufsehen. Schmiegen sich auf dem Cover des Debütalbums die drei leichtbekleideten und liegenden Sängerinnen unter den Blicken Bobby Farrells eng aneinander, so setzte man beim Nachfolger noch einen drauf. Der nur mit einem Stringtanga bekleidete Tänzer posiert hinter den halbnackten und in Ketten gelegten Damen. Die Motive waren eine Idee des bekannten Fotografen Didi Zill. Die Shootings Schwerstarbeit, erinnert sich Farian.

"Wir mussten alle Überredungskünste anwenden und eine Flasche Cognac spendieren, damit die Damen locker wurden", erzählt der Boney-M.-Macher. "Liz war ja eine Pfarrerstochter und ist jeden Tag mit der Bibel in der Hand rumgelaufen." Allein für das erste Cover schoss der Fotograf rund 4000 Fotos. "Aber nur eins gab die gewünschte Stimmung wieder."

Verdacht auf Herzinfarkt

Vier Alben und zwölf Singles veröffentlichten Boney M. zwischen 1976 und 1979. Daneben produzierte Frank Farian ab 1977 noch die Band Eruption, die mit "I Can’t Stand the Rain" und "One Way Ticket" zwei Top-Ten-Hits landen konnte. 16 Stunden Arbeit am Tag waren normal, weiß der Produzent. Das sollte sich rächen. "1979 ging es mir sehr schlecht", verrät er. Mit Schmerzen in der Brust und im linken Arm fuhr er ins Krankenhaus: Verdacht auf Herzinfarkt mit 38! "Es stellte sich dann aber zum Glück heraus, dass ich nur überarbeitet war. Heute würde man wohl Burnout sagen." Der Arzt riet ihm zu einer Auszeit. "Die habe ich mir dann auch genommen", sagt Farian.

Nach dem vierten Boney-M.-Album "Oceans Of Fantasy" 1979 - dem dritten Nummer-eins-Album der Band in Folge, begann der Stern der Disco-Truppe langsam zu sinken. Tänzer Farrell wurde 1981 wegen Unzuverlässigkeit gefeuert und durch Reggie Tsiboe ersetzt. "Er hat sich ja öfters mal rar gemacht und ist nicht erschienen", so Frank Farian und gibt eine passende Anekdote zum Besten: "In einer spanischen TV-Show weigerte Bobby sich, auf die Bühne zu gehen. Das hat den verantwortlichen Mann vom Fernsehsender dermaßen wütend gemacht, dass der eine Pistole zückte und vor Bobbys Garderobe schrie, wenn er jetzt nicht rauskomme, würde er durch die Tür schießen. Da kam Bobby raus und legte einen sensationelle Auftritt hin."

Versöhnung und Trennung

Später haben sich der Produzent und sein Tänzer wieder versöhnt und beim letzten TV-Auftritt vor dem Aus Boney Ms im Jahr 1986 stand Farrell zusammen mit seinem Nachfolger auf der Bühne.

Nach der Trennung der Band erlaubte Frank Farian der Sängern Liz Mitchell unter dem Namen "Boney M. feat. Liz Mitchell" aufzutreten. Weil aber auch die anderen ehemaligen Mitglieder als Boney M. auftraten, kam es zu Rechtsstreitigkeiten. 2010 entschied dann ein Gericht, dass jedes Original-Mitglied der Gruppe mit dem Namenszusatz "Boney M." auftreten darf.

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Neue Pläne mit Boney M.

Auch 40 Jahre nach der Bandgründung ist das Kapitel Boney M. für Frank Farian noch immer nicht beednet. Für das Jubiläumsjahr 2015 kündigt er ein neues Album an. Sängerin Liz Mitchell wird mit dabei sein. "Ich will in der Zukunft unter dem Namen Boney M. Freunde einladen - Boney M. & Friends. Ich spinne jetzt mal, aber das könnte Usher sein oder Lil Wayne oder Pitbull."

Außerdem werde es bald eine Gruppe namens Boney M. Mania geben. Junge Menschen, die diese Musik lieben und damit auftreten werden. Darüber hinaus kümmere er sich gerade um neue Remixe zu Milli Vanilli und eine junge Pop-Rock-Band aus Miami. An Ruhestand ist bei dem 73-Jährige also nicht zu denken: "Frank Farian ist noch Jahre beschäftigt."

Pünktlich zum Boney-M.-Jubiläum erscheint am 27. März das Dreier-CD-Set "Diamonds" mit sämtlichen Hits in chronologischer Reihenfolge.

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