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Wetter: "Der nächste F4-Tornado ist nur eine Frage der Zeit"


Wissenschaftler warnt
"Der nächste F4-Tornado ist nur eine Frage der Zeit"

wetter-info, Martina Borusewitsch und Mira Beierlein

19.11.2014Lesedauer: 3 Min.
Tornado der Stärke F2 im Süden von Hamburg am 27.3.2006Vergrößern des BildesTornado der Stärke F2 im Süden von Hamburg am 27.3.2006 (Quelle: dpa)
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Wer bei Tornados nur an den mittleren Westen der USA denkt, liegt ziemlich daneben - auch in Deutschland gibt es die berüchtigten Wirbelstürme. Und sie sind genau so gefährlich, wie Thomas Sävert von der MeteoGroup-Unwetterzentrale im Interview mit wetter.info betont. In Hamburg kostete ein Tornado im März 2006 zwei Menschenleben. Die Windhose hatte "nur" die Stärke F2 - das sind 181 bis 253 km/h. "Der nächste F4-Tornado ist nur eine Frage der Zeit", warnte Sävert vor einem noch stärkeren Wirbelsturm (F4 entspricht 333 bis 418 km/h).

Auf der jüngsten Tagung der Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland standen 49 bereits bestätigte Tornados und 220 Verdachtsfälle in 2014 im Mittelpunkt. Immer mehr Menschen melden die Windhosen und schießen Fotos - mit dem Smartphone ist die Kamera ständig dabei. Auf der Tornadoliste sammelt Sävert alle Meldungen. Markant seien in diesem Jahr drei Tornados vom 6. Juli im Bereich Rheinland-Pfalz und Saarland gewesen, die auf engstem Raum auftraten und nur schwer auseinandergehalten werden konnten.

Windhose schleudert Mähdrescher durch die Luft

Da Tornados ohne große Vorwarnung bei Gewittern und Schauern auftreten können, ist ihre Geschwindigkeit schwer zu messen. Einen ungewöhnlich gut beschriebenen Fall eines F4-Tornados schildert Sävert aus Brandenburg: "Am 24. Mai 1979 ist ein Tornado zwei Stunden lang über Brandenburg gezogen. Er war so stark, dass er fünf Mähdrescher durch die Luft gewirbelt hat." Ein Forscher des Max-Planck-Instituts konnte anhand des Winkels und der Masse der Maschinen die Flugbahn und die Tornado-Geschwindigkeit errechnen. Danach musste dieser Sturm 350 bis 400 km/h schnell gewesen sein (Stärke F4 der Fujita-Skala).

Hauptsaison für Tornados in Deutschland ist von Mai bis September. "Es gibt einen groben Trend, dass Tornados eher in der Nordosthälfte Deutschlands auftreten", so Sävert. Aber genaueres werde erst eine Auswertung der 4500 Fälle in der Tornadoliste ergeben. Die Tornado-Forschung steht in Deutschland erst am Anfang und ist zudem auf ehrenamtliche Forscher angewiesen.

Verwüstung

In den USA entstehen rund 1200 Tornados pro Jahr mit teils verheerenden Folgen. Im Vergleich dazu klingen 30 bis 60 Tornados in Deutschland sehr wenig. Ein Vergleich hinkt jedoch, allein wegen der Größe des Landes. Da lohnt ein Blick auf Europa - bislang wurden in diesem Jahr 800 Tornados gezählt. In den USA richten die Wirbelstürme nur vermeintlich mehr Zerstörung an, da die Bauweise der Häuser häufig leichter und somit anfälliger ist.

Entstehung und Vorhersagbarkeit

Tornados entstehen häufig in sogenannten Superzellen (Meso-Zyklonen), in starken Gewittern. Sie lassen sich vorhersagen, weil die Gewitterzelle auf dem Radar sichtbar ist. Allerdings entwickeln sich nur aus 10 bis 15 Prozent dieser Superzellen auch wirklich Tornados, erklärt Sävert. Viele Tornados tauchen allerdings plötzlich auf, sie bilden sich in kleinen Gewittern oder Schauern. Sie sind unvorhersehbar.

Damit ein Tornado entstehen kann, müssen Temperaturunterschiede zwischen der oberen und unteren Luft herrschen. Die untere Luft muss feucht und wärmer sein, damit sie nach oben steigt und aus der kondensierten Feuchtigkeit Wolken entstehen. Wenn dann noch ein Windunterschied zwischen der oberen und unteren Luft ("Scherung") besteht, kann sich durch die Rotation ein Tornado entwickeln.

Schutzmaßnahmen

Tornado-Experte Sävert erklärt, was man tun kann, um sich vor einem Tornado zu schützen: "Halten Sie sich während eines Tornados in der Natur auf, dann suchen sie unbedingt Schutz in einer Mulde oder einem Graben. Treffen Sie die gleichen Schutzmaßnahmen, wie bei einem Gewitter und halten Sie sich nicht unter Bäumen auf. Befinden Sie sich in einem festen Gebäude, dann müssen Sie sich vom Fenster entfernen, denn bei Tornados besteht immer die Gefahr, dass Trümmerteile herumgeschleudert werden."

Bei aller Vorsicht will Sävert die Gefahr durch Tornados nicht überdramatisieren. "Die Gefahr, in einen Tornado zu geraten, ist gering", schätzt der Meteorologe - "auch in den USA".

Einen Tornado melden

Unter www.tornadoliste.de sind alle gemeldeten und bewiesenen Tornados aufgelistet, auch aus historischen Quellen. Eigene Bilder oder Berichte zu Tornados in Deutschland können an Thomas Sävert unter meldung@tornadoliste.de gemailt werden. Die Angabe von Ort und Datum hilft, den Tornado genauer zu erforschen und seine Stärke besser einzuschätzen.

Fujita-Skala

Tetsuya Theodore Fujita entwickelte 1971 die Fujita-Skala, um Tornados anhand der Schäden einstufen zu können. Die Skala umfasst zwölf Stufen. Beobachtet wurden bisher aber nur Stürme bis zur Stufe F5.

Stufe Windgeschwindigkeit Schäden (Quelle: Wikipedia)
F0 64–116 km/h Es zeigen sich leichte Schäden an Schornsteinen, abgebrochene Äste und Baumkronen, Entwurzelung flach wurzelnder Bäume und umgeworfene Plakatwände.F0 wurde eingeführt, um Tornados unterhalb der Windstärke Beaufort 12 zu klassifizieren.
F1 117–180 km/h Wellblech oder Dachziegel werden abgehoben und Wohnmobile umgeworfen, fahrende PKW werden verschoben.
F2 181–253 km/h Dächer werden als Ganzes abgedeckt, Wohnmobile werden vollständig zerstört, große Bäume werden entwurzelt, leichte Gegenstände werden zu gefährlichen Projektilen.
F3 254–332 km/h Dächer und leichte Wände werden abgetragen, Züge entgleisen, Wald wird großteils entwurzelt, Lkw werden umgeworfen oder verschoben.
F4 333–418 km/h Holzhäuser mit schwacher Verankerung werden verschoben, PKW werden umgeworfen, schwere Gegenstände werden zu gefährlichen Projektilen.
F5 419–512 km/h Holzhäuser werden von ihren Fundamenten gerissen, weit verschoben und zerlegt. Sogar asphaltierte Straßen können vom Boden „gesaugt“ werden.
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