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Jersey: Steuer-Paradies vor der EU-Haustür


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Kanalinsel Jersey: Steuer-Paradies vor der EU-Haustür

Von dpa-afx
Aktualisiert am 24.04.2013Lesedauer: 3 Min.
Schlupfloch für die Reichen: die Kanalinsel JerseyVergrößern des BildesSchlupfloch für die Reichen: die Kanalinsel Jersey (Quelle: imago-images-bilder)
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Breite Sandstrände, eine malerische Küstenlandschaft und viel Sonne - die Insel Jersey ist ein Kleinod im Ärmelkanal. Touristen kommen aus ganz Europa auf die Inselgruppe kurz vor Frankreich, um die Mischung aus "Very British" und französischem "Savoir Vivre" kennenzulernen - nur 20 Kilometer vom Festland Frankreichs entfernt.

Die Insel mit erstaunlich hoher Porsche-Dichte und den großen Banken in der Fußgängerzone werben um die Superreichen aus aller Welt - und deren Geld. Jersey ist eines der größten Offshore-Finanzzentren Europas - und steht deswegen massiv in der internationalen Kritik. Am Mittwoch stimmen die Einwohner per Referendum ab, ob die Insel ein wenig mehr Demokratie erhalten soll.

"Auf Jersey gibt es nur eine Partei"

"Auf Jersey gibt es nur eine Partei", sagt Nick Le Cornu. "Und die heißt Geld." Der inzwischen arbeitslose Finanzanwalt gehört zur Opposition, die unbedingt die Verhältnisse ändern will. Mit der "Option A" sollen die Wähler am Mittwoch den Zuschnitt der Stimmbezirke deutlich ändern, wünscht sich der 54-Jährige. Bisher wählen im reichen Norden, wo die wohlhabenden Finanzmanager wohnen, etwa 1500 Wähler je einen der derzeit 51 Abgeordneten für das Parlament, die "States". In den Arbeitervierteln der Hauptstadt St. Helier stimmen bis zu 19.000 Menschen für nur einen Parlamentarier.

Auch wenn sich der Optimismus für einen Sieg beim Referendum in Grenzen hält: Das Demokratiedefizit halten Le Cornu und seine Mitstreiter für das Übel der Insel. Nur so sei es möglich, dass alle Macht in der Hand weniger Einzelner bleibe. Und die hätten nichts anderes im Sinn, als den Status Quo als Steuerparadies zu erhalten.

Insel gehört nicht zur EU

Die Politik der vier Kanalinseln Jersey, Guernsey, Alderney und Sark erinnert in der Tat an die Zeiten der Feudalherrschaft. So wird Jersey noch immer von einem Landvogt regiert. Die Kanalinseln gehören nicht zu Großbritannien und schon gar nicht zur EU, sind aber wie auch die Isle of Man britischer Kronbesitz - der Kronrat in London hat deshalb bei allen Entscheidungen das letzte Wort. Der Privy Council, der etwa auch über die Fragen der Thronfolge entscheidet, muss alle Gesetze auf Jersey abnicken.

Seit 2009 ist Jersey von der grauen OECD-Liste der Steueroasen gestrichen. Die Inselregierung hat einige Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, darunter mit EU-Ländern wie Luxemburg und Deutschland. Kritiker halten das für einen Witz. "Klar ist Jersey eine Steuer-Oase", sagt etwa Richard Murphy, ein britischer Ökonom und Buchautor, der die Website Tax Research UK betreibt. "Jersey erfüllt die wichtigsten Kriterien: Geheimhaltung, die Tatsache, dass dort kaum Wertschöpfung passiert und niedrige Steuern."

Ausländer zahlen kaum Steuern

Auf Jersey werden 49 Prozent der Wirtschaftsleistung nach offizieller Statistik von Banken, Treuhandgesellschaften, Hedge Fonds, Privatstiftungen und Finanzanwälten erbracht. Das Steuersystem bevorzugt Ausländer. Die Insulaner tragen zu 80 Prozent die Steuerlast. Die Ausländer, die Unmengen Geld vor allem über die auf Jersey beliebten Trusts schleusen, zahlen kaum etwas.

Das Finanzgebaren treibt erstaunliche Blüten. Vor ein paar Jahren entdeckten international tätige Händler ein Schlupfloch im britischen Mehrwertsteuer-Recht. Seitdem ließen sie Bücher und CD's von Gastarbeitern aus Polen und Portugal auf Jersey verpacken und lieferten steuerfrei nach England. London schloss die Lücke. Seitdem gibt es auf Jersey ein bis dahin ungekanntes Phänomen: Arbeitslosigkeit. Derzeit sind etwa 2000 Inselbewohner ohne Job.

Kopfschmerzen dürfte den Finanz-Jongleuren auf Jersey die neue EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung bereiten. Die besagt, dass auch Trusts künftig Informationen über die Guthaben von EU-Bürgern an die Behörden geben müssen. Damit ist aus Sicht von Experten das Geschäftsmodell von Jersey, das 2011 in den Top 10 der geheimsten Finanzplätze rangierte, infrage gestellt. "Es wird einen ziemlich schnellen Wandel geben", prophezeit der Steuerfachmann Richard Murphy.

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