Wer aus Sensationsgier hilflose Unfallopfer fotografiert oder Rettungskräfte behindert, soll künftig die Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Einige Bundesländer fordern, das Gaffen unter Strafe zu stellen. Zum Schutz der Opfer – auch über den Tod hinaus.
Der Bundesrat brachte aber schon 2016 auf Initiative Niedersachsens einen Entwurf zur Änderung des STGB auf den Weg. Das Ziel: "(Die) effektive Bekämpfung von sogenannten Gaffern sowie (die) Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen."
Unfallgaffer: Diese Strafen drohen. (Quelle: t-online)
Bundesrat stimmte zu, Bundestag beriet immer noch nicht
Der Initiative schlossen sich damals die Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen an. Der Bundesrat stimmte dem Entwurf zu. Er liegt dem Bundestag vor, wurde dort aber noch nicht beraten. Kern des Entwurfes ist, dass es eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe für diejenigen geben soll, die bei "Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not" die Feuerwehr, den Katastrophenschutz oder den Rettungsdienst behindern.
Bislang nur eingeschränkt Sanktionen möglich
Schon heute kann derjenige, der im Weg steht und Rettungskräfte behindert, wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden. Die Polizei kann auch einen Platzverweis erteilen. Wer im Vorbeifahren mit dem Handy Aufnahmen von einem Unfall macht, kann wegen eines Verstoßes gegen das Handyverbot verfolgt werden.
Fotografieren statt helfen: Katastrophen-Touristen
Gaffer bei Unfällen sollen einem Gesetzentwurf zufolge künftig strafrechtlich verfolgt werden können. Wer Feuerwehr, Katastrophenschutz oder Rettungsdienst nach Unglücken behindert, dem sollen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe drohen. Eine entsprechende Initiative brachten die Länder Niedersachsen und Berlin am Freitag in den Bundesrat ein. Der Gesetzentwurf wird nun weiter beraten.
Zunehmend sei festzustellen, dass Schaulustige und "Katastrophen-Touristen" bei schweren Unfällen die verunglückten Personen mit Mobiltelefonen fotografierten, statt zu helfen, argumentierten die Initiatoren. Bild- und Videoaufnahmen würden in sozialen Netzwerken im Internet verbreitet oder an Medien weitergegeben.
"Verhalten ist widerlich"
"Ein solches Verhalten ist schlicht und ergreifend widerlich", sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) im Bundesrat. Die Neuregelung sei unbedingt nötig. Der bisherige strafrechtliche Schutz gegen solches Verhalten sei lückenhaft, da dieser nur lebende Personen schütze. Diese Lücke solle geschlossen werden. Künftig solle auch das Herstellen und Verbreiten von bloßstellenden Bildern verstorbener Personen unter Strafe stehen.
Das geltende Recht sanktioniere Behinderungen von Rettungsarbeiten nur dann, wenn diese durch Gewalt oder angedrohte Gewalt erfolgten. Eine Behinderung, bei der keine Gewalt und kein tätlicher Angriff vorlägen, sei dagegen bisher nicht explizit unter Strafe gestellt.
Polizei und Feuerwehr begrüßen den Vorstoß
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (GdP) begrüßte die Initiative aus Niedersachsen am Freitag. Der Staat mache so deutlich, dass er derartiges Verhalten von "unbelehrbaren Schaulustigen" nicht dulde, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow in Berlin. Beamte müssten bei Einsätzen immer wieder gegen sensationsgierige Menschen vorgehen.
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Auch der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) sprach sich für die Gesetzesänderungen aus, warnte aber vor überhöhten Erwartungen. "Wir brauchen eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung für das Leid von Unfallopfern – da besteht Nachhilfebedarf", erklärte DFV-Präsident Hartmut Ziebs. "Gesetzesänderungen sind als flankierende Maßnahmen sinnvoll, reichen aber allein nicht aus." Sein Verband werde daher zu einem Runden Tisch einladen.