Mit zwei taktlosen Rechnungen an ihre verstorbenen Kinder hat die Gebühreneinzugszentrale GEZ ein Ehepaar aus dem kleinen Ort Schnürpflingen in der Nähe von Ulm geschockt. Sohn und Tochter von Rosalinde und Gerhard Lietze waren jeweils früh verstorben. Weil die Kinder nun beide volljährig wären, verlangt die GEZ nun von ihnen Gebühren für Fernsehgeräte oder Autoradios. GEZ-Geschäftsführer Hans Buchholz will sich nun schriftlich bei dem Paar entschuldigen - die Daten stammten jedoch von einem Adresshändler, der Vorgang sei Routine.
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"Sie verdienen bereits eigenes Geld und halten im Haushalt Ihrer Eltern Rundfunkgeräte zum Empfang bereit?" So beginnt das Schreiben, das Rosalinde und Gerhard Lietze in ihrem Briefkasten fanden, adressiert an ihre Tochter. "Dann müssen Sie die Rundfunkgeräte in Ihrem Zimmer oder in dem auf Sie zugelassenen Kraftfahrzeug extra anmelden." Die Tochter, die nun Rundfunkgebühren zahlen soll, ist jedoch bereits 1990 im Alter von zwei Jahren verstorben. Wenig später folgte ein ähnlicher Brief im grünen Umschlag der GEZ, diesmal an den Sohn der Lietzes. Den machte das Ehepaar gar nicht mehr auf. Auch der Sohn war 1992 im Säuglingsalter gestorben.
GEZ-Brief reißt alte Wunden auf
"Sie können sich vorstellen, was das für ein Schock war", sagt Rosalinde Lietze im Gespräch mit der Regionalzeitung "Südwest Presse". "Es ist alles wieder hochgekommen", sagt auch Gerhard Lietze. "Wir waren total fix und fertig." Inzwischen soll der zuständige Abteilungsleiter der GEZ auf eine Beschwerde des Paares reagiert und sich telefonisch entschuldigt haben. Die Daten stammten von einem Adresshändler. Um welchen es sich handelt, wollte die GEZ bisher nicht preisgeben. Geschäftsführer Hans Buchholz wolle sich jedoch auch noch einmal schriftlich bei der Familie entschuldigen und den Namen des beauftragten Unternehmens nennen. Dann könnten die Lietzes die Adressen dort sperren lassen – und mehr über die Herkunft der Daten erfahren.
Routinemäßig versandte Rechnungen
Woher die Daten stammen ist für Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale jedoch bereits klar. Solche Unternehmen suchten Adressdaten aus standesamtlichen Mitteilungen zusammen, die in amtlichen Mittelungsblättern oder im Internet veröffentlicht werden. Mit diesen Daten lässt sich gutes Geld verdienen. Nicht nur die GEZ hat Interesse an frischen Adressen, sondern zum Beispiel auch die Versender von Werbung und Probepackungen an junge Mütter. Bei der GEZ wandern diese Daten in ein Archiv. Sind die Kinder dann rechnerisch volljährig, erhalten sie automatisch Post mit einer Zahlungsaufforderung.
Die Lietzes jedenfalls sollen nun keine Briefe von der GEZ erhalten. Man habe die Adresse in eine interne Sperrliste aufgenommen, so die Behörde.