Smartphones sind bald keine Telefone mehr
Die Deutschen telefonieren viel weniger als frΓΌher. Besonders krass ist der Trend bei Teenagern: Statt zu telefonieren
Telefonieren ist out - Texten in. Zumindest bei der Gruppe der unter 17-JΓ€hrigen, weiΓ Digital-Experte Gerald Lembke. "Alle Studien zeigen, dass das Telefon kaum noch genutzt wird", sagt der Mannheimer Professor fΓΌr Digitale Medien. "Γber alle Altersgruppen hinweg wird im Schnitt gerade mal acht Minuten tΓ€glich telefoniert - bei der Gruppe der bis zu 17 Jahre alten Nutzer ist die Zeit aber kaum noch erfassbar."
Viele von ihnen kommunizieren heute nur noch per Text- oder Sprachnachricht. Beim Sprechen halten sie das Smartphone oft nicht mehr ans Ohr, sondern vor sich, so dass sie das Display im Auge behalten kΓΆnnen.
Aktuell nutzen laut Branchenverband Bitkom 54 Millionen Deutsche ab 14 Jahren ein internetfΓ€higes Mobiltelefon. Damit hat sich der Nutzeranteil seit 2012 mehr als verdoppelt. Innerhalb eines Jahrzehnts sei das internetfΓ€hige Mobiltelefon vom Nischenprodukt zum unverzichtbaren Begleiter im Alltag fast aller Menschen geworden.
Das Digitale verdrΓ€ngt das Soziale
Professor Lembke sieht die Entwicklung durchaus kritisch: "Das Digitale verdrΓ€ngt das Soziale - und schwΓ€cht die PersΓΆnlichkeit der Jugendlichen", sagt Lembke. Auf der sozialen Ebene sieht er kaum noch Austausch, sondern eine Art EinbahnstraΓen-Kommunikation. "Ich-Botschaften" stΓΌnden anstelle von Inhalt und Dialog im Vordergrund. "Es findet kein Austausch der Argumente mehr statt und ΓΆffnet zudem TΓΌr und Tor fΓΌr MissverstΓ€ndnisse und Missbrauch aller Art."
Christoph Erdmann sieht das Γ€hnlich. Der 43-JΓ€hrige ist GeschΓ€ftsfΓΌhrer einer Firma, die sich mit viel Aufwand auf verschlΓΌsselte Telefonate spezialisiert hat. Doch ausgerechnet im eigenen familiΓ€ren Umfeld hisst der Experte fΓΌr Datensicherheit mitunter die weiΓe Flagge.
GucklΓΆcher in die private Welt
Denn seine Tochter gibt wie viele andere ihrer Generation auch per Smartphone bereitwillig Teile des Privaten preis. "Diese Generation reflektiert die SchutzbedΓΌrftigkeit der PrivatsphΓ€re nicht mehr, weil sie mit der Droge der permanten Vernetzung ΓΌberrannt wird", sagt der VerschlΓΌsselungs-Experte.
Viele Experten Γ€uΓern sich skeptisch zu der angeblichen "Unbedarftheit" von Jugendlichen. Deren Kommunikationsgewohnheiten wΓΌrden "GucklΓΆcher in ihre persΓΆnliche Welt reiΓen", meint Erdmann. So machten sie sich angreifbar fΓΌr alle Arten von Mobbing.
Bewusst abschalten
Wie sollten Eltern mit derlei Risiken umgehen? Experten wie Lembke empfehlen Kommunikation mit dem Nachwuchs, ganz ohne Smartphone. Denn der ist oft auf der Suche nach Aufmerksamkeit, die er in Chat-Gruppen kaum geboten bekommt - eine Chance fΓΌr Eltern, das Bewusstsein der Jugendlichen fΓΌr die Problematik zu schΓ€rfen.
Professor Lembke hat sogar schon AnsΓ€tze einer Gegenbewegung ausgemacht. "Die Jugendlichen fΓΌhlen sich spΓ€testens nach der 3000. WhatsApp-Nachricht irgendwann auch mal gesΓ€ttigt", meint er. "Viele schalten daher ganz bewusst auch einfach mal ihr Smartphone ab."