t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon


HomeWirtschaft & FinanzenAktuelles

Sozialstaat-Reformen: Kosten gemessen am BIP seit 2015 nicht gestiegen


"Herbst der Reformen"
Neue Daten: Sozialstaat ist seit 2015 nicht teurer geworden

Von dpa, wal

Aktualisiert am 04.09.2025Lesedauer: 3 Min.
imago images 0832424657Vergrößern des Bildes
Die Regierungskoalition nach dem Koalitionsausschuss: Der Sozialstaat soll reformiert werden. (Quelle: IMAGO/Emmanuele Contini/imago)
News folgen

Die Bundesregierung streitet über die Reformen, die im Sozialen notwendig sind. Dabei sind die Kosten gemessen am BIP nicht gestiegen, sondern eher gesunken.

Die Zahlen können einen erschlagen: Im Jahr 2026 plant die Bundesregierung 197,4 Milliarden Euro für den Sozialstaat auszugeben. Das sind fast 38 Prozent des gesamten Budgets, das dem Land im kommenden Jahr zur Verfügung steht. Das meiste geht an die Deutsche Rentenversicherung, die 140,2 Milliarden Euro schluckt. Diese Zahl wird in den kommenden 15 Jahren nur noch mehr steigen. Erst diese Woche gab das Statistische Bundesamt (Destatis) bekannt, dass bis 2039 weitere 13 Millionen Menschen in Rente gehen werden.

Darum ist auf bundespolitischer Ebene jetzt ein Streit entbrannt, wie man die Kosten für das System in den Griff bekommt. Es wird ein "Herbst der Reformen" angekündigt. Ob das aber wirklich so dringend nötig ist, darüber sind sich nicht alle einig. Die Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) sagte kürzlich auch erst, dass es "Bullshit" sei, dass das Land sich das Sozialsystem nicht mehr leisten könne.

Sozialausgaben gemessen am BIP gleichbleibend

Einen Punkt hat sie auch: Gemessen an der deutschen Wirtschaftskraft liegen die Sozialausgaben des Bundes nach offiziellen Angaben heute nicht höher als vor zehn Jahren. Laut Destatis brachte der Bund 2024 einen Anteil von 5,53 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für soziale Sicherung auf – im Vergleich zu 5,64 Prozent im Jahr 2015. Im Jahr 2000 waren es 5,63 Prozent. In Krisenjahren dazwischen gab es einige Ausreißer nach oben.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Die Zahlen hat der Linken-Abgeordnete Dietmar Bartsch beim Statistischen Bundesamt abgefragt. Bartsch sieht die aktuelle Debatte sehr kritisch und warnt vor Kürzungen.

Die offizielle Statistik zeigt, dass die staatlichen Ausgaben für soziale Sicherung zwar in absoluten Zahlen stark zugelegt haben – aber auch das Bruttoinlandsprodukt. Das BIP wuchs von 2,13 Billionen Euro im Jahr 2000 auf 4,33 Billionen Euro im vergangenen Jahr.

Kritik an der Merz-Regierung

Wie bei der sozialen Sicherung liegen auch die staatlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen nach dieser Messgröße in etwa auf dem Niveau des Jahres 2000: Damals war der Anteil für diesen Posten 0,21 Prozent des BIP, 2024 waren es 0,20 Prozent. Allerdings lagen die Werte 2010 (0,19 Prozent) und 2015 (0,19 Prozent) zeitweise niedriger.

Kontinuierlich gestiegen ist laut dieser Statistik der Anteil am BIP, den der Staat für Bildung ausgibt: von 0,25 Prozent im Jahr 2000 auf 0,52 Prozent 2024.

Linken-Politiker Bartsch übte scharfe Kritik an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der gesagt hatte: "Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar." Das sei "de facto eine Lügenkampagne gegen den Sozialstaat“, meinte Bartsch. "Seine Behauptung, wir könnten ihn uns nicht mehr leisten, ist falsch."

Nicht der Sozialstaat sprenge den Haushalt, sondern die Aufrüstungspolitik, sagte der frühere Linken-Fraktionschef. "Unsere Botschaft an die Bundesregierung ist unmissverständlich: Hände weg vom Sozialstaat."

Demografischer Wandel macht Reformen nötig

Zu beachten ist in der Debatte, dass mit "Sozialstaat" häufig nicht nur die vom Staat mit Steuermitteln bezahlten Leistungen wie etwa das Bürgergeld gemeint sind. Es geht meist auch um die Sozialversicherungen für Rente, Gesundheit oder Pflege. Diese bekommen zwar teils staatliche Zuschüsse, finanzieren sich aber zum Großteil aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Rechnet man öffentliche, vom Staat vorgeschriebene und freiwillige Ausgaben für Soziales zusammen, erreicht die Summe gut 30 Prozent des BIP, wie die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung 2024 vorrechnete.

Auch das ist im Vergleich mit anderen Industrieländern nicht üppig. Nach Zahlen des OECD liegt Deutschland im Mittelfeld.

Durch den demografischen Wandel ist es aber sehr wahrscheinlich, dass die Ausgaben auch gemessen am BIP in den kommenden Jahren anziehen werden. Denn wenn 30 Prozent der Erwerbstätigen bis 2039 in den Ruhestand gehen, muss die Rentenversicherung mehr Ausgaben stemmen bei gleichzeitig eher sinkenden Steuereinnahmen. Es sei denn, Deutschland schafft auch mit weniger Arbeits- und Fachkräften einen Wirtschaftsboom. Das ist nicht unmöglich – durch den Einsatz von KI und Digitalisierung können schon heute viele Stellen eingespart werden –, aber dennoch sehr herausfordernd.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...


Bleiben Sie dran!
App StorePlay Store
Auf Facebook folgenAuf X folgenAuf Instagram folgenAuf YouTube folgenAuf Spotify folgen


Telekom