Kritik an neuen Kreditrichtlinien Ein Klick zum Kredit – mehr Schutz oder mehr Risiko?

Weniger Papier, mehr Risiko? Ein EU-Gesetz soll Kredite verbraucherfreundlicher machen – doch Experten warnen vor einer gefährlichen Nebenwirkung.
Die Bundesregierung hat die neue Verbraucherkreditrichtlinie beschlossen, um die EU-Vorgaben (EU 2023/2225) umzusetzen. Ziel ist es, Kredite für Verbraucher transparenter, sicherer und einfacher zu machen.
Digitale Vertragsabschlüsse sollen leichter werden und neue Regeln sollen vor Überschuldung schützen. Vieles soll das Leben von Kreditnehmern erleichtern, doch es gibt auch Kritik – vor allem daran, wie schnell Menschen künftig einen Kredit abschließen können.
Mehr Schutz und Komfort für Kreditnehmer
Die neue Verbraucherkreditrichtlinie bringt zunächst eine ganze Reihe von Verbesserungen für alle, die einen Kredit aufnehmen möchten.
- Strengere Kreditwürdigkeitsprüfung: Banken und andere Kreditgeber müssen künftig noch genauer prüfen, ob Kunden den Kredit realistisch zurückzahlen können. Das soll verhindern, dass Menschen sich übernehmen und in die Schuldenfalle geraten.
- Erweiterter Anwendungsbereich: Bislang galten viele Schutzvorschriften nicht für Kleinstkredite oder flexible Angebote wie das sogenannte Buy Now, Pay Later. Künftig fallen auch Kredite unter 200 Euro, zinsfreie Darlehen und kurzfristige Kredite unter die Regeln der Richtlinie. Damit greift der Verbraucherschutz auch bei neuen, oft digital abgeschlossenen Finanzprodukten.
- Zinsobergrenzen und Transparenz: Zum ersten Mal wird eine gesetzliche Grenze für überhöhte Kreditzinsen festgelegt. Außerdem müssen Kreditgeber schon vor Vertragsabschluss umfassendere Informationen liefern – verständlich und rechtzeitig, damit Verbraucher ihre Entscheidung gut abwägen können. Werbung für Kredite muss künftig einen klaren Hinweis enthalten, dass eine Kreditaufnahme Geld kostet.
- Leichtere Kündigung und Rückzahlung: Wer einen Kredit vorzeitig zurückzahlen oder kündigen will, bekommt mehr Rechte. Auch das Widerrufsrecht wird klar geregelt: Bei fehlerhaften Informationen gilt es maximal zwölf Monate und 14 Tage, statt wie bisher unbegrenzt (Ewiger Widerspruch).
- Digitale Vertragsabschlüsse: Ein wichtiger Punkt ist die neue Textform. Für gewöhnliche Verbraucherkredite genügt es künftig, den Vertrag online abzuschließen – eine handschriftliche Unterschrift ist nicht mehr notwendig. Das spart Zeit und vereinfacht den Prozess.
- Schuldnerberatung verpflichtend: Um Menschen in finanziellen Schwierigkeiten besser zu helfen, müssen Kreditgeber künftig auf Schuldnerberatungsdienste hinweisen. So sollen Überschuldete schneller Unterstützung erhalten.
Diese Maßnahmen sollen Kreditnehmer entlasten, mehr Klarheit schaffen und verhindern, dass sich Verbraucher durch unüberlegte Finanzentscheidungen in langfristige Probleme verstricken.
Kritik am Wegfall der Unterschrift
Trotz der vielen Verbesserungen warnt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vor einem entscheidenden Risiko der neuen Regelung. Ramona Pop, Vorständin des vzbv, kritisiert besonders den Wegfall der handschriftlichen Unterschrift beim Kreditabschluss. Künftig genügt es, online ein Kästchen anzuklicken, um den Vertrag rechtsgültig abzuschließen.
Pop sieht darin die Gefahr übereilter Entscheidungen. Sie betont: "Die Unterschrift gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern die Gelegenheit, ihre Entscheidung zu überdenken." Wenn dieser Moment der Reflexion entfällt, könnten Menschen schneller Kredite aufnehmen, ohne die finanziellen Folgen ausreichend zu bedenken.
Der Verband fordert deshalb, dass der Bundestag nachbessert und eine Hürde beibehält, die Kreditnehmer zu einem bewussten Ja zwingt. Aus Sicht der Verbraucherschützer droht sonst, dass die an sich verbraucherfreundliche Richtlinie zu vorschnellen und riskanten Kreditabschlüssen verleitet. Die neue Verbraucherkreditrichtlinie muss bis spätestens 20. November 2025 in deutsches Recht umgesetzt werden.
Der Beschluss des Bundeskabinetts vom 3. September 2025 war lediglich der erste Schritt. Bundestag und Bundesrat müssen der neuen Richtlinie erst noch zustimmen, damit sie in Deutschland gültig wird.
- Pressemitteilung Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
- bundesregierung.de: "Besserer Verbraucherschutz bei Kreditverträgen"
