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Lehrlingsproblem: Wenn alle nur noch Influencer werden wollen


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Wie sich der Lehrlingsmangel in Deutschland lösen lässt

  • Florian Schmidt
Von Florian Schmidt

Aktualisiert am 17.08.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ein junger Mann in der Reifenproduktion von Continental: Die Suche nach Lehrlingen wird immer schwieriger.Vergrößern des Bildes
Ein junger Mann in der Reifenproduktion von Continental: Die Suche nach Lehrlingen wird immer schwieriger. (Quelle: Continental AG)

Der Wirtschaft gehen die Lehrlinge aus. Ein Grund: falsche Vorstellungen vom späteren Job. Der Dax-Konzern Continental diskutiert Wege aus der Misere.

Vor 20 Jahren wollten sie noch "Superstar" werden, der gleichnamigen Castingshow sei Dank. Heute, in Zeiten von Instagram und Tiktok träumen viele Jugendliche dagegen von anderen Berufen:

Influencer zum Beispiel, Personen also, die im Netz Millionen erreichen und mit Produktwerbung ihr Geld verdienen. "Andere wünschen sich, im E-Sports-Geschäft durchzustarten. Die wollen ihren Lebensunterhalt mit Computerspielen verdienen", sagt Hanno Gieseke. "Manch einer lebt da echt in einer digitalen Blase."

Natürlich wirken derlei Sätze sehr pauschal, womöglich übertrieben. Und doch sind Anekdoten wie diese nicht aus der Luft gegriffen. Hanno Gieseke nämlich ist Leiter der Ausbildung beim Dax-Konzern Continental, bekannt für seine Reifen und Zulieferteile für die Autoindustrie.

Fehlende Wertschätzung für Facharbeiter

Die Suche nach geeigneten Lehrlingen wird für ihn und seine Kollegen immer schwieriger – und Geschichten wie die vom Traumberuf Videospieler hat er nicht zum ersten Mal gehört. "Jobs in der Industrie sind für viele sehr weit weg", sagt er. "Die Corona-Krise hat da nicht geholfen: Es kamen viel weniger Praktika zustande, weniger junge Leute kamen mit uns und anderen großen Unternehmen in Berührung."

Das jedoch dürfte nur eine Ursache sein. Ein anderer Grund liegt womöglich im Ansehen mancher Berufe, wie Continental jetzt in einer repräsentativen Meinungsumfrage des Forschungsinstituts Yougov herausgefunden hat.

Demnach ist eine Mehrheit in Deutschland der Ansicht, dass Facharbeiter und ihre Berufe zu wenig Wertschätzung erhalten. 59 Prozent der Befragten bezeichneten die Wertschätzung als nicht angemessen oder eher nicht angemessen.

Noch 100 Stellen bei Continental offen

Eine klare Mehrheit der Befragten im Alter von 16 bis 22 Jahren gab zudem an, ein Studium anzustreben (42 Prozent). Eine Berufsausbildung zogen hingegen deutlich weniger (27 Prozent) der jungen Menschen in Betracht.

Doch der Fachkräftemangel drängt – als wirksamstes Mittel dagegen sehen die Teilnehmer der Umfrage eine bessere Bezahlung (37 Prozent), flexiblere Arbeitsbedingungen (23 Prozent) sowie mehr gesellschaftliche Anerkennung (22 Prozent).

Bei Continental sind derzeit erst rund 450 von etwa 550 Ausbildungsplätzen besetzt. Und das, obwohl das Ausbildungsjahr in Kürze beginnt. Besonders groß sei die Not in technisch-gewerblichen Berufen: "Da haben wir wirklich sehr, sehr viele offene Stellen", so Gieseke.

"Es muss nicht jeder Abitur haben"

Conti-Personalchefin Ariane Reinhart räumte ein, die deutsche Großindustrie trage eine Mitverantwortung an dieser Lage, weil die Ansprüche der Arbeitgeber lange zu hoch waren. "Wir haben immer von der eierlegenden Wollmilchsau geträumt", sagte sie auf Nachfrage t-online. "Das geht heute nicht mehr."

Ihre Lösung: flexibler werden, sowohl beim Alter als auch beim Aufbau der Ausbildung. "Es müssen nicht alle Lehrlinge zwischen 16 und 20 Jahre alt sein", sagte sie. "Bei uns ist der älteste gerade 64. Auch das geht."

Auch zeigte sie sich offen dafür, die Ausbildung in verschiedene Lehrmodule einzuteilen, für die es dann auch einzelne Zertifikate geben könnte. Nicht zuletzt die Berufsschulen müssten durch eine bessere Ausstattung und höhere Lehrqualität an das Niveau der Universitäten und Fachhochschulen herankommen.

Zudem müsse die grundsätzliche Wertschätzung für Ausbildungsberufe steigen. Dafür brauche es vor allem entsprechende Diskussionen in den Familien, so Reinhart: "Es muss nicht jeder Abitur haben. Die Ausbildung, der Meistertitel sorgen später zum Teil für deutlich bessere Jobaussichten – und oft für gleich viel oder sogar mehr Gehalt."

Verwendete Quellen
  • Continental-Pressegespräch
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