"Schwarzer Montag" - der Börsencrash 1987
Rasante Talfahrt mit fatalen Folgen: Monatelang schnellen die Kurse an der Börse in New York sprunghaft nach oben, dann plötzlich können Anleger ihre Papiere nicht schnell genug losschlagen. Am 19. Oktober 1987 erlebte die Wall Street ihren bislang schwärzesten Tag. Die Kurse in New York stürzten ab, rund um den Globus brachen die Aktienmärkte ein. Der Börsencrash vor 25 Jahren ging als "Schwarzer Montag" in die Finanzgeschichte ein. Lesen Sie, wie das passieren konnte und was Experten aus dem Fiasko gelernt haben.
Waschkörbe voller Verkaufsaufträge
"Die Verkaufsaufträge gingen waschkörbeweise ein", erinnert sich Fidel Helmer von der Privatbank Hauck & Aufhäuser, der seit mehr als 40 Jahren an der Frankfurter Börse aktiv ist. "Viele Makler waren total überfordert, manche Kollegen übernachteten sogar in der Börse, die Pizzadienste hatten Hochkonjunktur."
US-Leitindex stürzte rasant ab
508 Punkte büßte der wichtige Dow Jones-Index damals ein, ein Verlust von 22,6 Prozent an einem einzigen Tag. Damit verpuffte fast ein Viertel des amerikanischen Börsenkapitals. Als ausschlaggebend dafür galten Probleme in den USA: Die Inflation und das hohe Handelsdefizit ließen das Vertrauen in den US-Dollar sinken.
"Es machte klick. Es war, als würden die Zuschauer eines voll besetzten Theaters versuchen, durch einen einzigen Ausgang nach draußen zu gelangen", zitierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" den US-Finanzprofessor Chris Lamoureux zum 20. Jahrestag des "Schwarzen Montags" vor fünf Jahren.
Dow Jones mit größtem Tagesverlust seit Juni
Gewinnmitnahmen haben der Wall Street am Freitag den größten Tagesverlust seit Mitte Juni eingebrockt. Zum 25. Jahrestag des "Schwarzen Montags" wurden enttäuschende Unternehmenszahlen und ein Mangel an neuen Erkenntnissen vom EU-Gipfel für die Abschläge verantwortlich gemacht. Unternehmen wie Microsoft, General Electric oder McDonald's hatten mit ihren Resultaten die Erwartungen verfehlt.
Der Dow Jones-Index baute sein Minus im Laufe des Tages aus und büßte letztlich 1,5 Prozent auf 13.344 Punkte ein. Seine Gewinne zu Wochenbeginn ließ er damit fast vollständig liegen. Die Woche beendete er nur noch hauchdünn mit 0,11 Prozent im Plus. Ein Börsianer sprach angesichts der trüben Unternehmensberichte von einem "Ausverkauf" vor dem Wochenende. Zudem sei beim Gipfeltreffen der EU die Frage weiterhin unbeantwortet geblieben, ob und wann Spanien einen neuen Hilfsantrag beim Rettungsschirm ESM stellen werde.
Für die übrigen Indizes fielen die Verluste sogar noch etwas deutlicher aus: Der breit aufgestellte S&P 500-Index büßte 1,7 Prozent auf 1433 Punkte ein, und an der Nasdaq sackte der Composite-Index um 2,2 Prozent auf 3006 Zähler ab.
Euphorie ohne Grenzen
In den Jahren vor dem Crash kannte die Euphorie der Börsianer hingegen kaum Grenzen. "Seit 1982 trampelten die Bullen durch die Wall Street", bilanzierte der "Spiegel". Auch 1987 kannten Aktienkurse im Grunde nur eine Richtung: aufwärts. Oft waren die Kurssprünge deutlich größer als der Zuwachs der Unternehmensgewinne. Neue elektronische Systeme machten den Handel zudem immer schneller.
"Ich hatte in New York gemerkt, dass die Leute durchdrehen", sagte der als "Crash-Prophet" bekannt gewordene Roland Leuschel 2007 dem "Manager Magazin". "Ich war als Berater bei einer Wall-Street-Firma, die einen neuen Rentenhändler einstellen wollte. Ein junger Bewerber verlangte 150.000 Dollar im Jahr. [...] An diesem Beispiel habe ich gemerkt, dass die Leute ihren Maßstab verloren hatten. Ich kam zurück und dachte, wenn die Profis alle so denken, dann muss es scheppern", ergänzte der Experte.
Crash lässt Börsen weltweit abrutschen
Der erste große Börsencrash seit dem Zweiten Weltkrieg sorgte weltweit für Erschütterungen. Von einem "gewaltigen systemischen Schock" sprach die US-Notenbank Fed später. Der Markt sei "ernsthaft gestört" gewesen. In Tokio gab es in der Folge des Wall-Street-Absturzes den bis dato schwersten Kurssturz in der Geschichte der japanischen Börse, in Sydney büßten Aktien binnen 45 Minuten 20 Prozent ihres Wertes ein, in Hongkong wurde die Börse für den Rest der Woche geschlossen.
Quasi über Nacht wurde Spekulanten wie Millionen Kleinanlegern teils schmerzhaft bewusst, dass Aktienhandel keine risikolose Einbahnstraße ist. In New York warfen Anleger und Händler am "Schwarzen Montag" mehr als 600 Millionen Aktien auf den Markt - fünf Mal so viel wie üblich. Doch Börsianer vergessen anscheinend schnell: "Nach 14 Tagen war alles vergessen", sagt Fidel Helmer über den Herbst 1987.
Experte warnt vor Irrationalität der Märkte
Der Finanzwissenschaftler und Steuerberater Stefan Homburg lässt sich nach eigenem Bekunden nicht "von der Irrationalität der Finanzmärkte" an der Nase herumführen. Er habe den Börsencrash 1987 erfolgreich zu Geld gemacht, sagte er dem "Tagesspiegel". "Ich habe alle Bundeswertpapiere verkauft und den Betrag in Aktien gesteckt. Das hat sich gelohnt, schon bald zogen die Kurse wieder an, und ich habe beim Verkauf der Papiere viel verdient", so Homburg.
Und was hat die Branche aus dem "Schwarzen Montag" gelernt? Die Computerbörse wurde perfektioniert. Allerdings bewahrte auch das nicht vor Pannen: Anfang Mai 2010 sackte der Dow Jones um satte zehn Prozent ab, binnen Minuten wurden gut 800 Milliarden US-Dollar Börsenwert vernichtet.
Pannen sind unvermeidbar
Ein einzelner Händler hatte den Kurssturz ausgelöst - mit einem im Grunde ganz alltäglichen Termingeschäft. Doch weil das Volumen groß und das Computerprogramm schnell war, kam es zu einer Kettenreaktion. Börsenprofi Helmer sieht das Auf und Ab an den Aktienmärkten nüchtern: "Es wird immer wieder Pannen geben."