Im Streit um den Bratwurstverkauf an der Autobahn 9 hat das Verwaltungsgericht Gera ein Urteil gesprochen - und die Imbissbetreiberin eine Niederlage erlitten. Der Verkauf an Deutschlands erster Raststätte über einen Zaun hinweg sei rechtswidrig, entschied das Gericht.
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Urteil noch nicht rechtskräftig
Es sei eine Konzession oder Sondernutzungsgenehmigung nötig - beides fehle. Weil der Zaun den regulären Autobahnparkplatz von dem historischen Rasthaus Rodaborn trennt, hatten die Betreiber seit Jahren Würste und Getränke auf Zuruf darüber hinweg verkauft.
Dies hatte das Landesamt für Bau und Verkehr untersagt und ein Zwangsgeld angedroht. Vorerst kann der Wurstverkauf aber weitergehen - das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.Ein Hinweisschild am Parkplatz weist Bratwurst-Hungrige darauf hin, "über den Zaun" zu kaufen. (Quelle: dpa)
Ehemalige Autobahn-Raststätte darf nur noch Waldgaststätte sein
Amtspräsident Markus Brämer hatte zuvor das Vorgehen seiner Behörde verteidigt. Die Konzession der Raststätte sei 2004 erloschen, und es gebe eine Weisung des Bundes, den Imbissverkauf in Rodaborn zu unterbinden. "Die Familie Wagner kann das Haus als Waldgaststätte für Ausflügler betreiben, aber ein Verkauf an Nutzer des Autobahnparkplatzes ist nicht gestattet", erläutert Brämer. "Das ist kein böser Wille von uns, sondern Recht und Gesetz."
Die Wagners könnten zwar eine Sondernutzung beantragen, diese würde aber nicht genehmigt, stellt er klar. Denn die Strecke sei ausreichend mit Rasthöfen versorgt. Schon 2014 scheiterten sie vor Gericht.
"Wir wurden bewusst reingelegt"
Wagner fühlt sich von den Behörden betrogen. Immerhin hat ihr der Bund die Immobilie verkauft. Mit Mann und Kindern war sie aus Karlsruhe nach Thüringen gekommen, um sich mit der Raststätte eine neue Zukunft aufzubauen. "Wir wurden bewusst reingelegt, um das Haus zu verkaufen", sagt sie. "Wir haben es sicher nicht gekauft, weil wir an der Autobahn wohnen wollten."
2010 hatte Wagner ihren "Kiosk" geöffnet - seither gibt es Streit mit dem Landesamt für Bau und Verkehr. Der gipfelte darin, dass ihr unter Androhung eines Zwangsgeldes der Verkauf von Speisen und Getränken über und durch den Zaun untersagt wurde. Demnach kann sie zwar ihren Grillstand in Sichtweite des Parkplatzes betreiben, hungrigen Autofahrern am Zaun dürfte sie aber wohl nur noch winken.
Nach 10 Metern Fußweg verkauft Christina Wagner ihre frisch gegrillten Würste über den Zaun an die hungrigen Autofahrer. (Quelle: dpa)
Zu DDR-Zeiten nur für Transit-Reisende
Wagner selbst zieht in Zweifel, dass es rechtens war, dem historischen Rasthof überhaupt die Konzession zu entziehen. Das Gebäude hatte zunächst als Kurhaus gedient und war dann mit dem Autobahnbau 1936 zu einer Raststätte umfunktioniert worden - die erste in Deutschland überhaupt und wohl auch in Europa. Zu DDR-Zeiten stand sie zeitweise nur Transit-Reisenden aus dem Westen offen. "Es ist schon bezeichnend, dass heute wieder Zäune aufgebaut werden", sagt die aus dem Westen Zugezogene.
Ans Aufgeben verliert Wagner trotz des Streits derzeit keinen Gedanken. "Dann sollen die mich, Mutter von drei Kindern, doch hier direkt am Zaun verhaften."