Viele Firmen stehen in der Coronavirus-Krise mit dem Rücken zur Wand. Verbände kritisieren, dass bei vielen Unternehmen die Hilfe nicht ankommt. Der Wirtschaftsminister versucht zu beschwichtigen.
Handwerk, Reisebranche und Familienunternehmen beklagen in der Corona-Krise mangelnde Unterstützung und eine Förderlücke. "In dieser Extremlage brauchen neben den kleinen Betrieben auch solche mit mehr als zehn Mitarbeitern Soforthilfen", sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer in Berlin. Weite Teile des Mittelstandes fielen durch das Raster von direkten Zuschüssen.
Ähnlich äußerte sich auch der Deutsche Reiseverband (DRV). "Die Bundesregierung muss dringend Maßnahmen für mittelständische Unternehmen bewilligen", forderte DRV-Präsident Norbert Fiebig. Ein Großteil der Unternehmen in der Reisewirtschaft falle unter die Größenordnung zwischen zehn und 250 Mitarbeitern – für diese Gruppe aber wird aus Sicht des Reiseverbands zu wenig gemacht.
Altmaier mit Brief an Wirtschaftsverbände
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versuchte die Kritik zu entschärfen. "Wir helfen mit umfassenden Maßnahmen der gesamten Wirtschaft von klein bis groß und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit dieser Extremsituation umzugehen", heißt es in einem Brief Altmaiers an Wirtschaftsverbände.
Die bisher vereinbarten Maßnahmen bildeten das wohl umfassendste Hilfs- und Schutzprogramm in der deutschen Nachkriegsgeschichte, so Altmaier. "Ich weiß, die Hilfen der Bundesregierung können unseren Unternehmen dabei nicht ersetzen, was die Pandemie für Umsätze und Gewinne bedeutet. Aber wir tun alles, damit wir Sie als Partner durch die Krise hindurchbegleiten."
Zwei Tage nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat einstimmig den gewaltigen Hilfspaketen zu. Damit können nun große Firmen unter einen 600 Milliarden Euro umfassenden Schutzschirm schlüpfen und notfalls ganz oder zum Teil verstaatlicht werden. Für kleine Firmen und Selbstständige gibt es direkte Zuschüsse von insgesamt 50 Milliarden Euro. Die ersten Gelder sollen noch vor dem 1. April bei den Betroffenen ankommen.
Die Hilfen für Unternehmen unterscheiden sich stark nach Unternehmensstandort.
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Regierung beschloss Hilfen in Rekordhöhe
Bundesregierung und Parlament hatten verschiedene Hilfsprogramme beschlossen. Ein unbegrenztes Kreditprogramm der staatlichen Förderbank KfW soll Liquidität sichern. Daneben geht es um Steuerstundungen, ein erweitertes Kurzarbeitergeld, einen Stabilisierungsfonds für große Unternehmen sowie ein milliardenschweres Paket mit direkten Zuschüssen für kleine Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten – die häufig keine Kredite bekommen oder über keine Sicherheiten verfügen.
Wie die "Bild"-Zeitung berichtete, sind bei den zuständigen Stellen binnen weniger Tage mindestens 360.000 Anträge auf Soforthilfe von Selbstständigen und Kleinunternehmern eingegangen. Die Bundesländer hätten bislang 138,5 Millionen Euro zur Zahlung angewiesen.
Firmen stehen mit dem Rücken zur Wand
Einer Umfrage des DRV zufolge haben 90 Prozent der befragten Unternehmen von den Kredithilfen über das KfW-Programm noch kein Geld gesehen. "Und das in dem Wissen, dass sie ohne schnelle und unbürokratische Liquiditätshilfen bald am Ende sind", sagte Verbandspräsident Fiebig.
Von den fast 700 teilnehmenden Unternehmen gaben mehr als 540 an, welches Problem sie mit den Hilfen haben. Die meisten davon teilten mit, dass ihnen das Verfahren zu lange dauere. Beim KfW-Kreditprogramm spielen die Hausbanken der Firmen bei Prüfungen eine Schlüsselrolle. Banken und Sparkassen werden überrannt von Anfragen.
Der Verband der Familienunternehmen forderte, dass die Hilfen schneller und besser verfügbar sein sollten. Die Banken kämen um eine Bonitätsprüfung bei der Vergabe nicht umhin, sagte Verbandspräsident Reinhold von Eben-Worlée.
Unternehmen kritisieren Dauer der Prüfung
"Für Unternehmen, denen die Absatzmärkte weggebrochen oder Lieferketten gerissen sind, dauert die bisherige Prüfung bei ihrer existenziellen Notlage aber viel zu lange." Er forderte deshalb, die Geschäftsbanken "für einen kurzen, genau fixierten Zeitraum komplett aus der Haftung herauszunehmen, indem die Förderbanken für das gesamte vergebene Kreditvolumen bürgen".
Bei Betriebsmittelkrediten und Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen trägt die KfW 90 Prozent des Kreditrisikos. Bei größeren Firmen sind es 80 Prozent. Für Kredite bis drei Millionen Euro pro Unternehmen verzichtet die KfW auf eine eigene Risikoprüfung.
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Bei Summen bis zehn Millionen Euro gibt es eine vereinfachte Prüfung. Die Zinsen liegen je nach Größe des Unternehmens zwischen einem und 2,12 Prozent bei Krediten mit fünf Jahren Laufzeit.
- Nachrichtenagentur dpa