Credit Suisse-Rettung durch UBS lässt keine Signalwirkung für den Markt aufkommen

Von ella, dpa20.03.2023, 13:09

Die „Notfallrettung“ für die deutlich angeschlagene Credit Suisse durch die UBS hat selbst am Montag keine Beruhigung im Bankensektor bewirkt. Befürchtungen eines Flächenbrandes bleiben bestehen. Vor allem der sich abzeichnende Totalausfall von bestimmten milliardenschweren Anleihen der Schweizer Großbank stellte teils eine große Belastung für die Kurse von Banken und Versicherern dar. Deshalb hatten zuvor bereits viele Branchenwerte in Asien unter Druck gestanden. Der europäische Finanzsektor sei widerstandsfähig, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) derweil mit.

t-online aktuell 20.03.2023

Der Stoxx Europe 600 Banks, der Index der europäischen Bankenbranche, sank zuletzt noch um 2,4 Prozent. Dies geschah, nachdem er zuvor mit zeitweise über 5 Prozent minus auf ein Tief seit Mitte November eingebrochen war. In der vorangegangenen Woche war das Branchenbarometer infolge der Krise der US-Regionalbanken und der Verunsicherung hinsichtlich der Zukunft der Credit Suisse um 11,5 Prozent gesunken.

In der Zinswende hatte der Index noch Ende Februar den höchsten Stand seit 2018 erreicht. Das Minus wächst seit dem Zwischenhoch inzwischen auf knapp ein Fünftel an. Die Aktienkurse der Credit Suisse gingen weiterhin zurück und sanken erneut um zwei Drittel auf ein weiteres Rekordtief. Inzwischen besitzt ein Papier nicht mal mehr einen Wert in Höhe eines Frankens. Nach minus 16 Prozent verloren UBS-Anteile zuletzt noch 5 Prozentpunkte.

Somit schaffte es die in einem langen Verhandlungsmarathon am Wochenende ausgehandelte Rettung der Schweizer Bank nicht, ein Signal für die Finanzmärkte zu senden, das für Beruhigung sorgen sollte.

Konstantin Oldenburger von Broker CMC sieht es als völlig logisch an, dass die Anleger angesichts der Turbulenzen im einst als sicher geglaubten Schweizer Bankenmarkts in Aufruhr seien. „Vor dem Wochenende taten sämtliche offizielle Stellen noch voller Überzeugung so, als sei alles unter Kontrolle“, teilte er schriftlich mit. Doch nun überschlügen sich mit der Übernahme der Credit Suisse durch die neuen geldpolitischen Stützungsmaßnahmen der US-Notenbank Fed und die UBS die Geschehnisse, „die den Investoren genau das Gegenteil suggerieren“.

Für einen Preis von drei Milliarden Franken (gut 3 Mrd. Euro) übernimmt die UBS die kleinere Lokalrivalin. Zudem steht sie in der Pflicht, Verluste bis zu fünf Milliarden Franken auszugleichen. Darüber hinaus erhält sie eine staatliche Verlustgarantie in Höhe von 9 Milliarden Franken und Liquiditätszusagen in Höhe von bis zu 200 Milliarden Franken. Zudem erhöhten sechs große Notenbanken ihre Schlagzahl zur Versorgung des Finanzsystems mit Dollar-Liquidität – darunter die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed.

Michael Hewson, Oldenburgers CMC-Kollege, machte darauf aufmerksam, dass einige Anleihegläubiger der Credit Suisse nun erhebliche Verluste akzeptieren müssen. Zu einem Zahlungsausfall kommt es bei nachrangigen Anleihen – sogenannten AT1-Bonds. Die Deutsche Bank gab an, dass man „nahezu null“ Investition in diese Papiere getätigt habe. Ein Kurssturz von zeitweise beinahe elf Prozent ließ sich auch hier nicht abwenden. Als letztes stand hier noch ein Minus von mehr als drei Prozent zu Buche. Commerzbank-Aktien büßten ähnlich stark ein; jedoch hat die Bank keine Investments in AT1-Bonds vorgenommen. Allianz-Anteile wurden um ein Prozent billiger.

Mit Blick auf die offenbar auch von Politik und Aufsichtsbehörden kraftvoll durchgesetzte Übernahme äußerte sich die RBC-Expertin Anke Reingen, zwar sei es „unwahrscheinlich, dass die UBS diesen Weg bevorzugt, aber es scheint ein notwendiger Schritt gewesen zu sein, nicht nur für die Schweizer Banken, sondern für den gesamten globalen Bankensektor.“

Was dies für die UBS-Aktie heißt, ist unter Analysten jedoch vorerst umstritten: Reingen zum Beispiel betrachtet den Zukauf auf lange Sicht als attraktiv. Alastair Ryan, Bofa-Analyst, stufte die UBS gleich hoch und sieht erhebliches Synergiepotenzial. Daher empfiehlt er nun den Kauf der Papiere.

Dagegen strich die französische Societe Generale ihre Kaufempfehlung. Auch die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods stuften das UBS-Papier von „Market Perform“ auf „Underperfrom“ ab. Die konzertierte Aktion nehme dem Markt vorerst zwar die Sorge vor Ansteckungseffekten. Außerdem könne wegen des niedrigen Kaufpreises ein vielversprechender Deal daraus werden, argumentierte Branchenkenner Thomas Hallett. Die Transaktion bringe jedoch fürs Erste eine Menge Unsicherheit.

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