EU-Abgasnorm Euro 7: Auto-Bundesländer fordern Nachverhandlungen

Von ella, dpa02.02.2023, 16:20

Die Bundesregierung darf aus Sicht der Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen die Pläne von der EU-Kommission zur Abgasnorm Euro 7 nicht hinnehmen. Im Fall einer Umsetzung fürchten die drei Länder erhebliche Nachteile für die deutsche Autoindustrie. Ob eine weitere Normenverschärfung aufgrund anderer diffuser Immissionsquellen überhaupt zu einer weiteren wesentlichen Verbesserung der Luftqualität führe, scheine ihnen eher fraglich, schreiben die drei Ministerpräsidenten in einem Brief an den Kanzler Olaf Scholz (SPD). Gesellschaftlicher Nutzen und volkswirtschaftliche Kosten müssen ihnen zufolge in einem angemessenen Verhältnis stehen.

t-online aktuell 02.02.2023

Im dreiseitigen Schreiben von Markus Söder (CSU), Winfried Kretschmann (Grüne) und Stephan Weil (SPD) heißt es, eine neue Abgasnorm und die dazugehörigen Testbedingungen müssten darüber hinaus technisch und wirtschaftlich erreichbar sein. Außerdem bedürfe es angemessener Umsetzungsfristen, die auch die Entwicklungszyklen der Automobilhersteller berücksichtigen.

Im November hatte die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine verschärfte Abgasnorm präsentiert. Die Kommission sieht in Städten den Straßenverkehr als größte Quelle für Luftverschmutzung. Die Feinstaub- und Stickoxid-Verschmutzung infolge des Straßenverkehrs in den EU-Staaten und Großbritannien verursachte 2018 Schätzungen zufolge rund 70 000 vorzeitige Todesfälle. Bis 2035 sollen durch Euro 7 etwa die Stickoxidemissionen durch Autos um schätzungsweise 35 Prozent sinken, bei Bussen und Lastwagen um über 50 Prozent.

EU-Staaten und Europaparlament müssen den Plänen noch zustimmen. Die Verhandlungen dauern derzeit an. Bevor die Regeln in Kraft treten können, müssen sich EU-Länder und Parlament in einem nächsten Schritt einigen. An diesem Vorschlag der Kommission könnte sich theoretisch also noch einiges ändern.

Dem Brief zufolge haben sich die Autohersteller – nebst ihrer Zulieferer – bereits „auf den unumkehrbaren Weg in Richtung emissionsfreie Antriebe gemacht“. Daher seien Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen der Auffassung, dass die neue Abgasnorm nicht dazu führen dürfe, dass für die Optimierung einer Technologie, die innerhalb der EU voraussichtlich ab 2035 nicht mehr zugelassen werde, über Gebühr Mittel aufgewendet werden müssten. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Klimaschutz müssen demzufolge die Finanzmittel der Industrie viel dringender in die neuen, klimaschonenden Antriebe fließen.

Die Länder bekommen Rückendeckung von der FDP-Bundestagsfraktion: Die von der EU-Kommission vorgegebenen Grenzwerte und Messverfahren orientierten sich an Metropolen und seien nicht geeignet, die Mobilität in Flächenländern und ländlichen Regionen zu gewährleisten. Zudem wäre demnach das Verbrennerverbot durch die Hintertür das vorzeitige Aus für Tausende von Arbeitsplätzen in Deutschland. Die Umweltanforderungen an Autos seien schon jetzt sehr hoch, und die Luft in den Städten werde immer sauberer.

In ihrem Schreiben bemängelten die Ministerpräsidenten insbesondere die genannten Umsetzungsfristen der neuen Norm: Juli 2025 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, Juli 2027 für schwere Nutzfahrzeuge. Sie seien „technologisch zu ambitioniert“. Dazu komme die Gefahr, dass eine rechtssichere Zulassung der Fahrzeuge nicht möglich sei, es komme zu einem Stau bei den Zulassungsbehörden.

Die Bundesregierung muss die negativen Folgen für Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und Wertschöpfung aus Sicht der Autoländer bei den Verhandlungen auf EU-Ebene verhindern. Für die drei Auto-Bundesländer, in denen weit über eine Millionen Menschen vom Automobil lebten, stehe viel auf dem Spiel.

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