Im Bemühen um einen gemeinsamen Strommarkt hat die EU nach Angaben des Europäischen Rechnungshofs zuletzt nur geringe Fortschritte gemacht. Wie es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der obersten EU-Rechnungsprüfer heißt, habe es trotz einiger bedeutender Erfolge in den letzten zehn Jahren bei der Integration der Strommärkte nur langsame Fortschritte gegeben.
Durch die von der EU-Kommission gewählten Regulierungsinstrumente sei die Vollendung des gemeinsamen Markts sogar behindert worden, was eine komplexe Rechtsstruktur grenzüberschreitender Handelsregeln und Verzögerungen bei der Umsetzung mit sich gebracht habe. Das Hauptrisiko im EU-Strommarkt wurde letzten Endes auf die Endverbraucher abgewälzt, lautet die Schlussfolgerung des Rechnungshofs.
Seit 1996 dauern die Bemühungen der EU an, die unterschiedlichen Strommärkte der Mitgliedstaaten miteinander zu vernetzen. Dadurch sollen günstige Preise sowie eine sichere Versorgung gewährleistet und der ökologischen Wandel vorangetrieben werden. Dieses Vorhaben sollte ursprünglich im Jahr 2014 abgeschlossen sein. Wie die Rechnungsprüfer schrieben, habe sich stattdessen in der derzeitigen Energiekrise herausgestellt, dass die Großhandelspreise zwischen den EU-Ländern deutlich auseinanderklafften. Überdies hingen die Endkundenpreise noch immer stark von nationalen Steuersätzen und Netzentgelten ab, anstatt durch den Wettbewerb bestimmt zu werden.
Grund für den ausbleibenden Fortschritt in dem untersuchten Zeitraum 2015 bis 2021 ist laut Rechnungshof u. a. eine unzureichende Überwachung der geltenden Vorgaben durch die EU-Energieagentur Acer – vor allem, weil die Agentur nicht über genügend Daten verfügt habe, unter Personalmangel gelitten habe und sich in der Vergangenheit schlecht mit der Europäischen Kommission abgestimmt hätte. Weiterhin habe der von der EU-Kommission gewählte Ansatz zur Regulierung "den Verwaltungsaufwand, den Ressourcenbedarf und die Kosten für die Acer und die nationalen Regulierungsbehörden sowie für die Netz- und Marktbetreiber erheblich und unnötig erhöht".
Im Frühjahr will die EU-Kommission vor dem Hintergrund der Energiekrise eine Reform der Strommärkte anregen. Laut Rechnungshof sei dies eine Gelegenheit, die Schwächen zu beheben. Das Vorhaben gilt jedoch als höchst komplex.
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